krâm m. a-St., in Gl. seit dem 12. Jh.,
nur der Nom.Sg. ist überliefert: ‚Kaufbude,
Krämerladen, Zelt(decke); apotheca, instita,
papilio, taberna‘ 〈Var.: c(h)-〉. — Mhd. krâm
st.m. ‚ausgespanntes Tuch, Zeltdecke, Krä-
merbude, Handelsgeschäft, Ware, gekauftes
Geschenk‘, nhd. Kram m. ‚nicht näher be-
zeichnete (unnütze, wertlose) Gegenstände,
Sachen, Zeug, nicht näher bezeichnete An-
gelegenheiten, die (zur Erledigung) anste-
hen‘.
Ahd. Wb. 5, 376; Splett, Ahd. Wb. 1, 481; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 677; Schützeichel⁷ 182; Starck-Wells
344; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 317; Graff 4,
608; Lexer 1, 1704 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 571
(taberna); Dt. Wb. 11, 1985 ff.; Kluge²¹ 399 f.; Klu-
ge²⁵ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 725 f. — DRW 7, 1379 ff.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. krām(e) m. ‚Verkaufszelt, Waren,
Kleinhandel, Gardine des Wochenbetts, Wo-
chenbett‘ (aus dem Mhd. entlehnt); früh-
mndl. crame, mndl. crāme, craem, nndl.
kraam ‚Krämerbude, Handelsgeschäft‘ (aus
dem Mhd.); afries. kram m., nwestfries.
kream ‚Wochenbett, Wochenpflege, Kram-
bude (als befriedete Stätte)‘ (aus dem Mndd.
oder Mhd. entlehnt); ne. dial. crame ‚Ver-
kaufszelt, Waren, Kleinhandel‘ (aus dem
Mndl. oder Mndd. entlehnt); aisl., nisl.,
ndän., nnorw., aschwed., nschwed. kram
‚Krämerbude, Handelsgeschäft‘ (aus dem
Mndd. entlehnt). Das Wort hat somit seinen
Ausgangspunkt im Ahd.
Aus dem Germ. wurde das Wort ins Bal-
to-Slaw. entlehnt als nruss. dial., ukrain.
kram, wruss. kráma ‚kleine Ware, Kramla-
den‘, serb., kroat. krȁma ‚Gemischtwaren‘,
poln. kram, atschech., tschech., slowak. krám
‚Laden, Kram‘, osorb. (pl.) klamy, ndsorb.
(pl.) kšamy ‚Kramladen, Laden‘, lit. krõmas
‚Kram, Kaufmannsladen‘.
Die unterschiedlichen Bed. wurden auf eine
Grundbed. ‚Zeltdach‘ zurückgeführt und ei-
ne Verbindung mit der Gruppe um urgerm.
*skermi/a- ‚Schirm‘ (s. skirm) angenommen.
Dieser Anschluss ist jedoch abzulehnen, da
die s-lose Variante *krēma- erst nach der
ersten Lautverschiebung entstanden sein
müsste, was unwahrscheinlich ist.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 658; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 556 f.; VMNW s. v. crame;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 2037 ff.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 342; Suppl. 91; Vries, Ndls. et. wb.
355; Et. wb. Ndl. Ke-R 124; Hofmann-Popkema,
Afries. Wb. 281; Richthofen, Afries. Wb. 878; Fryske
wb. 11, 293 f.; Dijkstra, Friesch Wb. 2, 90; OED² s. v.
crame n.¹; Vries, Anord. et. Wb.² 328; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 1059 f.; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog 2, 340; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
161; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 574; Magnús-
son, Ísl. Orðsb. 500; Nielsen, Dansk et. ordb. 236;
Ordb. o. d. danske sprog 11, 269 ff.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 315; NOB s. v. kram; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 504 f.; Svenska akad. ordb. s. v. kram subst.¹. —
Berneker, Slav. et. Wb. 1, 606; Vasmer, Russ. et. Wb.
1, 655; Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 544;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 301. — Newerkla 2011: 185 f.
Da eine etymologische Anbindung innerhalb
des Germ. fehlt, liegt die Annahme einer
innergerm. Entlehnung aus ahd. krâm nahe.
Für die weitere Herkunft kommt am ehesten
ein Wort aus der Gruppe um aksl. chramъ
‚Haus‘ in Frage, das vielleicht auf dieselbe
Wz. wie ahd. skirm ‚Schirm‘ (s. d.) zurück-
geht (vermutet wurde auch eine Verbindung
mit serb.-ksl. gramъ ‚Herberge‘ bzw. črěmъ
‚Zelt‘).
Obwohl semantisch näherliegend, scheidet
gr. (Hes.) καράμα ‚Wagenzelt‘ (so Brøndal
1917: 153) als Entlehnungsgrundlage wohl
aus, da es zum einen eine Umstellung aus
καμάρα ‚Gewölbe‘ (s. kamara) darstellt, zum
anderen der Verlust des -α- in der ersten
Silbe im Germ. nicht erklärbar ist.
Walde-Pokorny 2, 500.