kreizAWB m. a-St., seit dem 12. Jh. in Gl.:
‚Kreis, Erdkreis; circus, orbis‘ 〈Var.: ch-;
-ß〉. — Mhd. kreiz st.m. ‚Kreislinie, Umkreis,
eingehegter Kampfplatz, Kampfkreis, ge-
richtlicher Kreis, Landeskreis, Gebiet, Be-
zirk‘, nhd. Kreis m. ‚(Geometrie) gleichmä-
ßig runde, in sich geschlossene Linie, deren
Punkte alle den gleichen Abstand vom Mit-
telpunkt haben, von einem Kreis einge-
schlossene Fläche, Kreisfläche‘.
Ahd. Wb. 5, 395 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 483; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 679; Schützeichel⁷ 183; Starck-Wells
346; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 331; Graff 4,
623; Lexer 1, 1718 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 122
(circus); Dt. Wb. 11, 2144 ff.; Kluge²¹ 403; Kluge²⁵
s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 730 f. — DRW 7, 416 ff.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. krēit, krē(i)te (daneben krēis aus dem
Hd.) m. ‚Kreis, Ring von Menschen, Ver-
sammlungskreis, Gerichtsring, Kampfplatz,
Umkreis, Umfang, Umgebung, Bereich‘;
frühnndl. (Kiliaan) kreyt ‚Kreis‘: < urgerm.
*krai̯ta- m. Zu dieser Ablautstufe gehört
auch nndl. kreits (seit dem 17. Jh.), eine
Entlehnung aus ndrhein. kreytz ‚Kreis‘ (ent-
weder mit nicht vollständig durchgeführter
Lautverschiebung oder als Kontaminations-
form aus mhd. kreiz und mndd. kreit; eher
unwahrscheinlich ist die Annahme einer
anderen Stammbildung, nämlich urgerm.
*krai̯ti̯a-). Aus einer ähnlichen Form stam-
men auch nnorw. krets, adän. kresz, kretz,
ält. dän. kre(i)ds, ndän. kreds, aschwed.
kre(e)z, kredz, kreys, kreytz, nschwed. krets
‚Kreis‘.
Ablautend stehen daneben: mndd. krīt,
mndl., nndl. (dial.) krijt ‚Ring, Gebiet,
Kampfplatz‘ < westgerm. *krīta- m., sowie
mhd. krîzen st.v. ‚eine Kreislinie machen‘
und urgerm. *krit- in ahd. krizzôn ‚kratzen‘
(s. d.).
Sicherlich nicht hierher (trotz Grienberger
1900: 156) ist got. -kreitus in marikreitus*
‚Perle‘ (s. merigrioz) zu stellen (vgl. Feist,
Vgl. Wb. d. got. Spr. 346f.; Lehmann, Gothic
Et. Dict. M-30; zu Recht nicht mehr erwähnt
bei Casaretto 2004: 203).
Fick 3 (Germ.)⁴ 53; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 668 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 562. 565;
VMNW s. v. crijt¹; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3,
2101 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 346. 350; Vries,
Ndls. et. wb. 359. 362; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
1, 579; Nielsen, Dansk et. ordb. 237; Ordb. o. d.
danske sprog 11, 337 ff.; NOB s. v. krets; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 509; Svenska akad. ordb. s. v. krets.
— Lexer 1, 1745; 3, Nachtr. 283.
Die germ. Formen führen somit auf eine
ablautende vorurgerm. Wz. *(ĝ)(u̯)rei̯d- :
*(ĝ)(u̯)roi̯d- : *(ĝ)(u̯)rid- zurück, die keine
sonstigen Verwandten in den and. idg. Spra-
chen kennt. Die weitere Etymologie ist da-
her unsicher. Wenn als ursprüngliche Bed.
der Wortgruppe ‚ritzen‘ anzunehmen ist, der
Kreis also urspr. einen in den Boden ge-
ritzten Ring bezeichnet hat, kann diese Wz.
vielleicht in die Nähe der Verbalwz. uridg.
*gred- ‚kratzen‘ (s. krazzôn) gebracht wer-
den. Jedoch ist die Annahme eines sekundä-
ren expressiven Vokalismus (Pokorny 405)
kaum überzeugend, zumal die Wz. einen
regulären Ablaut aufweist.
Der daneben vorgeschlagene Anschluss (vgl.
etwa Zimmer 1876: 131) an got. -skreitan (in
disskreitan ‚zerreißen‘) scheint kaum mög-
lich, da von einer s-mobile-Variante erst
nach der ersten Lautverschiebung auszu-
gehen wäre.
Wenn aber got. -skreitan ebenso wie uridg.
*gred- urspr. eine onomatopoetische Bildung
ist, könnte eine solche auch für vorurgerm.
*(ĝ)(u̯)rei̯d- angenommen werden.
Walde-Pokorny 1, 607; Pokorny 405.