lâzûrstein*AWB m. a-St., in Gl. 3,559,58
(Clm. 615, Hs. 14. Jh., Zeit des Gl.ein-
trags unbekannt). 58/59 (Innsbruck, UB 355,
14. Jh.): ‚Lasurstein, Lapislazuli; lapis la-
zuli‘ 〈Var.: -zz-〉. Das Komp. ist eine Hyb-
ridbildung mit verdeutlichendem HG. Das
VG ist aus mlat. lazur(i)um entlehnt (s. u.);
vgl. mhd. lâzûr, lâsûr st.n. ‚Blaustein, blauer
Farbstoff‘. — Mhd. lâsûrstein, frühnhd. la-
surstein, nhd. Lasurstein ‚Lapislazuli, Blau-
stein‘. Das Simplex Lasur kommt nur noch
in der Bed. ‚durchsichtiger Farbüberzug‘
vor, die sich aus ‚Übermalung mit (ursprüng-
lich) blauer Farbe‘ entwickelt hat. Zum ur-
sprungsgleichen Adj. azur ‚leuchtend blau,
himmelblau‘ s. u.
Ahd. Wb. 5, 694; Splett, Ahd. Wb. 1, 519; Schütz-
eichel⁷ 194; Starck-Wells 362; Schützeichel, Glossen-
wortschatz 5, 487; Bergmann-Stricker, Katalog Nr.
285 (II). 455; Lexer 1, 1839; Frühnhd. Wb. 9, 358
(s. v. lasur); Diefenbach, Gl. lat.-germ. 318 (lapis la-
zuli); Dt. Wb. 12, 267; Kluge²¹ 42 (s. v. Azur); Kluge²⁵
s. v. Lasur; Pfeifer, Et. Wb.² 769 (s. v. Lasur).
Ahd. lâzûrstein* entsprechen: mndd. la-
sūrstēin m. ‚Lapislazuli‘; mndl. lasursteen,
nndl. lazuursteen ‚Lapislazuli‘; nwestfries.
nur Simplex lazuer ‚Lasur‘; me. Simplex la-
zurium, lazurine ‚Lapislazuli‘, ne. azure-
stone ‚Lapislazuli, Lazulith‘; schwed. asur-,
azur- ‚blau‘ in azur-djup ‚blaue Tiefe‘, azur-
himmel ‚azurblauer Himmel‘ usw.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 751; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 4, 179 f. (s. v. lasuur); Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 24 (s. v. azuur); Vries, Ndls. et. wb.
23 (s. v. azuur); Et. wb. Ndl. A-E 190 f. (s. v. azuur);
Fryske wb. 12, 142; ME Dict. s. v. lazurium n.; OED²
s. v. azure; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 38 (s. vv. asur,
azur); Svenska akad. ordb. s. v. azur.
Ahd. lâzûr- usw. hat seinen Ursprung letzt-
endlich in pers. lāǧaward, lāžaward ‚La-
surstein, himmelblau‘. Aus dem Pers. wurde
das Wanderwort ins Arab. übernommen: lā-
zuward, lāzaward m. ‚Lasurstein, Lapislazu-
li‘. Auf literarischem Weg, vor allem durch
die Rezeption arabischer Schriften über Al-
chimie, Medizin und Steinkunde, gelangte
das Wort über mgr. λαζούριον ‚Lapislazuli‘
(6./7. Jh.) als mlat. lazur, lazur(i)um, lazulum
(vgl. das Syntagma lapis lazuli) ins Italische.
Die mlat. Form ist die Entlehnungsbasis für
die mit l- anlautenden westgerm. Wörter.
Daneben wurde das Wort wohl über eine
hispano-arab. Form *lāzūrd in die Romania
übernommen. Übersetzer arabischer Texte
hielten das anl. l- mitunter für einen Bestand-
teil des arab. Artikels und transkribierten
deshalb *azward. Daraus erklären sich afrz.
azur, asur, nfrz. azur, italien. azzurro, span.,
port. azul. Im Italien., Span. und Port. ist das
Wort die allgemeine Bezeichnung für die
Farbe ‚blau‘, während sich im gallo-ro-
manischen Sprachraum das aus dem Germ.
stammende bleu ‚blau‘ hielt. azur bezeich-
net hier lediglich eine Farbnuance, nämlich
‚himmelblau, hellblau‘.
Frz. azur mit deglutiniertem l- kam in der
zweiten Hälfte des 17. Jh.s als Fremdwort
ins Dt.; auch für ne. azure- und schwed.
asur-, azur- bildet es die Basis.
Aruss. lazorь, nruss. lazur’, lazor’ f. ‚Lasur,
Himmelblau‘ ist über poln., atschech. lazur,
aslowak. lazúr ‚Lasur‘ aus dem Mhd. über-
nommen.
Pers. lāǧaward, lāžaward ist nach den Minen von
Lāǧward benannt, wo der leuchtend blaue Stein vor-
wiegend abgebaut wurde.
In der arabischen Medizin wird der Lasurstein bei
psychischen Erkrankungen wie der Melancholie ein-
gesetzt. Diese Indikation findet man auch bei Konrad
von Megenberg, der zudem eine herzstärkende und
fiebersenkende Wirkung des Lasursteins beschreibt
(vgl. HDA 5, 917 f.).
Mlat. Wb. 1, 1298; Du Cange² 5, 49; Körting,
Lat.-rom. Wb.³ Nr. 5495; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³
Nr. 4959; Wartburg, Frz. et. Wb. 19, 107 f.; Vasmer,
Russ. et. Wb. 2, 7; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 2, 450. —
Littmann 1924: 90 f.; Suolahti 1929: 144; Gamill-
scheg 1969: 67; Goltz 1972: 263—265; Vorderstemann
1974: 73f.; Masri 1982: 48; Ibrahim 1991: 108f.;
Kiesler 1994: 25; Tazi 1998: 44. 79. 82. 146—148.
194 f.; Stotz 1996—2004: 1, 634 f.; Newerkla 2011: 53.
58. 281.