mago¹
Band VI, Spalte 32
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mago¹ m. n-St., seit dem 8. Jh. in Gl.:
‚Magen, Magengegend, Bauch, Wanst; aquali-
culus, ingluvies, stomachus, ventriculusVar.:
-a. Ob aus dem Einzelbeleg maga (Hilde-
brandt 1974–95: 2, 6, 119) für das Ahd. auf ein
separates Lemma maga f. n-St. geschlossen
werden kann, das Entsprechungen im Ae. und
Saterfries. hätte, muss offen bleiben, da sonst
im SH mehrfach mago bezeugt ist; eine Ver-
schreibung kann somit nicht ausgeschlossen
werden. – Mhd. mage sw.m. ‚Magen‘, frühnhd.
magen, mage m. ‚Magen, Tiegel, Topf‘ (die
Bedeutungsübertragung auf ‚Topf‘ ist wohl
durch Speisen verursacht, bei denen z.B. ein
Schweinemagen mit Hackfleisch gefüllt wur-
de), nhd. Magen m. ‚beutelförmiges inneres Or-
gan, das die zugeführte Nahrung aufnimmt und
(nachdem sie bis zu einem bestimmten Grad
verdaut ist) an den Darm weitergibt, als Speise
dienender Magen bestimmter Schlachttiere‘.

Ahd. Wb. 6, 73 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 582; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 751 f.; Schützeichel⁷ 212; Starck-Wells
394; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 222 f.; See-
bold, ChWdW8 203; ders., ChWdW9 554; Graff 2, 653;
Lexer 1, 2005; Frühnhd. Wb. 9, 1606 ff.; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 554 (stomachus). 611 (ventriculus); Dt. Wb.
12, 1436 ff.; Kluge²¹ 453; Kluge²⁵ s. v. Magen; Pfeifer,
Et. Wb.² 823. – Riecke 2004: 2, 178 f.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. māge f., (seltener) m. ‚Magen‘; früh-
mndl. maghe, mndl. mage, nndl. maag ‚Ma-
gen‘; afries. maga m., nwestfries. mage, sater-
fries. moage f. ‚Magen‘; ae. maga m. (auch ma-
ge f.), me. maue ‚Magen‘, ne. maw ‚Labmagen,
Schlund, Rachen‘; aisl., nisl., fär. magi, adän.
maghæ, ndän. mave, nnorw. (bm.) mage, mave,
(nn.) mage, aschwed. maghi, nschwed. mage
‚Magen‘: < urgerm. *maǥan- m. Wegen des
Mndd., Ae., Saterfries. und vielleicht auch des
Ahd. ist vermutlich daneben urgerm. *maǥōn-
f. anzunehmen, da ein Grund für einen sekun-
dären Übertritt in die Fem. nicht ersichtlich ist.
Aus urgerm. *maǥan- stammen finn. mako,
ingr. maGo, wot. mako, estn. magu, liv. ma’G
‚Magen‘.
Des Weiteren könnte aus finn., karel., lüd.
maha, weps. mah-ud, wot. maha ‚Magen,
Bauch‘ eine Variante urgerm. *maχan-, die den
ehemaligen Wz.akzent fortsetzen würde, er-
schlossen werden; da eine solche jedoch an-
derswo nicht belegt ist, ist wohl auch hier von
der Entlehnungsbasis urgerm. *maǥan- aus-
zugehen, die jedoch aus einer früheren Zeit als
die Entlehnung von finn. mako stammt.

Fick 3 (Germ.)⁴ 304; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 346;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 884 f.; Schil-
ler-Lübben, Mndd. Wb. 3, 5; VMNW s. v. maghe; Ver-
wijs-Verdam, Mndl. wb. 4, 1016; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 405; Suppl. 106; Vries, Ndls. et. wb. 419;
Et. wb. Ndl. Ke-R 280; Boutkan, OFris. et. dict. 248 f.;
Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 315; Richthofen, A.-
fries. Wb. 914; Fryske wb. 13, 82f.; Dijkstra, Friesch
Wb. 2, 140; Fort, Saterfries. Wb. 135; Holthausen, Ae.
et. Wb. 213; Bosworth-Toller, AS Dict. 664 f.; Suppl.
629; Suppl. 2, 46; eMED s. v. maue n.; eOED s. v.
maw n.¹; Vries, Anord. et. Wb.² 375; Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 649; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 2,
618 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 190; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 706; Magnússon, Ísl. Orðsb.
597; Nielsen, Dansk et. ordb. 281; Ordb. o. d. dan-
ske sprog 13, 1115 ff.; Bjorvand, Våre arveord² 709 f.;
Torp, Nynorsk et. ordb. 407; NOB s. vv. (bm.) mage,
mave, (nn.) mage; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1, 618;
Svenska akad. ordb. s. v. mage; Kylstra, Lehnwörter 2,
238. 245.

In den anderen idg. Sprachen fehlen unmit-
telbare lautlich-semantische Entsprechungen
zu urgerm. *maǥan-.
Bei der Annahme einer semantischen Ent-
wicklung von ‚sackförmiges Organ‘ zu ‚Ma-
gen‘ stellt sich urgerm. *maǥan- aber un-
mittelbar zu lit. mãkas ‚(Geld-)Beutel‘, lett.
maks ‚Beutel‘, apreuß. -max (in dantimax
‚Zahnfleisch‘).
Des Weiteren gehören folgende Ableitungen
hierher: aksl. mošьna ‚Tasche‘, nruss. moš-
‚Beutel, Tasche‘, tschech. mošna ‚Beu-
tel‘, slowak. mošna ‚Tasche‘, serb., kroat. mȍš-
nja ‚Beutel, Tasche‘, slowen. móšnja ‚Beu-
tel, Hodensack‘, osorb. mošeń, ndsorb. mošy-
na ‚Beutel, Geldtasche, Börse‘; lit. makšnà
‚(Geld-)Beutel‘: < urbaltoslaw. *mak-s-in-ā und
mkymr., nkymr. megin f., mbret. meguin, nbret.
megin f., korn. mygen ‚Blasebalg‘: < urkelt.
*mak-īn-ā. Diese Formen weisen auf eine Wz.
uridg. *meh₂k- ‚Beutel, Schlauch‘. Die Basis
aller Bildungen ist die Schwundstufe *mh₂k-
mit analogischer Syllabifizierung anstelle von
*h₂k-. Dieselbe Wz. findet sich auch in ma-
go²
‚Mohn‘ (s. d.). Grundlage ist die Ablautstu-
fe der obliquen Kasus *mh₂k-n-´ (neben akk.sg.
*méh₂k-on-). Die Formen, die auf *mak-s- be-
ruhen, setzen möglicherweise einen ehemali-
gen s-St. voraus.
Der Ansatz einer a-stufigen Wz. erübrigt sich
so ebenso wie die Herleitung der Wortgruppe
aus einer nicht-idg. Substratsprache (so etwa
Boutkan, OFris. et. dict. 249: „the radical *a
points to a common substratum origin rather
than an IE heritage“).
Aus dem Germ. ist das Wort ins Rom. als
aitalien. magone ‚Kropf‘, nitalien. dial. ma-
gon(e), magun, macone ‚Geflügelmagen‘, mfrz.
mague, nfrz. dial. magõ, mohõ ‚Bauch‘, rhrom.
magun ‚Magen‘ entlehnt.
Hiervon zu trennen ist wohl die früher eben-
falls hierher gestellte Wortsippe um mir. mén
‚Mund, Öffnung‘ (vgl. Zair 2012: 63).
Semantisch nicht überzeugend ist die von Bjor-
vand, Våre arveord² 710 vorgeschlagene ety-
mologische Anbindung an die Verbalwz. uridg.
*magh- ‚können, imstande sein‘ und damit der
Ansatz einer Grundbed. ‚Kraft, Stärke‘, da die
Vorstellung, dass man sich die menschliche
Kraft im Bauch bzw. der Magengegend vor-
stellte, weniger wahrscheinlich ist.

Walde-Pokorny 2, 225; Pokorny 698; Körting, Lat.-rom.
Wb.³ Nr. 5803; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 5233;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 166; Trubačëv, Ėt. slov. slav.
jaz. 20, 37 ff.; Derksen, Et. dict. of Slav. 327; Bezlaj, Et.
slov. slov. jez. 2, 196; Snoj, Slov. et. slov.² 416; Vasmer,
Russ. et. Wb. 2, 167; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 2, 667 f.;
Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 955 f.; Fraenkel,
Lit. et. Wb. 1, 399; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb.
2, 554; Karulis, Latv. et. vārd. 1, 561f.; Trautmann,
Apreuß. Spr.denkm. 93. 317. 376; Mažiulis, Apreuß. et.
Wb.² 105 f.; Toporov, Prusskij jazyk A-H 299; Fick
2 (Kelt.)⁴ 197; Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 254;
Dict. of Welsh 3, 2404 f.; Deshayes, Dict. ét. du bret.
499. – Larsson 2010: 44.

RS

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