mard* st.m., seit dem 12. Jh. in Gl.:
‚Marder; mardarius, martarus, squirus‘ 〈Var.:
-t(h)〉. – Mhd. mart m. ‚Marder‘, frühnhd.
mart m. ‚Marder, Marderfell‘, nhd. dial. thür.,
osächs. mard m./n., schlesw.-holst. maard ‚Mar-
der‘. Die erweiterte Form ahd. mardar ‚Mar-
der‘ (s. d.) ist von der Belegzeit her früher be-
zeugt und hat auch mehr Entsprechungen in den
anderen germ. Sprachen.
Ahd. Wb. 6, 303; Splett, Ahd. Wb. 1, 598; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 762; Schützeichel⁷ 216; Starck-Wells
401; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 275; Lexer 1,
2044 f.; Frühnhd. Wb. 9, 1843 ff.; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 349 (mardarius). 550 (squirus); Dt. Wb. 12, 1621 f.
(s. v. Marder); Kluge²¹ 461 (s. v. Marder); Kluge²⁵ s. v.
Marder; Pfeifer, Et. Wb.² 837 f. (s. v. Marder). – Span-
genberg, Thür. Wb. 4, 493; Frings-Große, Wb. d. ober-
sächs. Mdaa. 3, 156; Mensing, Schleswig-holst. Wb. 3,
561. – Palander 1899: 58 f.; DRW 9, 187.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
nwestfries. murd ‚Iltis‘; ae. mearþ m., me.
-mard (in fl-mard ‚[Europäischer] Iltis‘ [ne-
ben fulimard, ful[e]merd, volymare, folmert,
fulmare, -mere, filmart]), ne. (veralt., selten)
mart ‚Iltis, Marder‘ (rückgebildet aus ne. [ver-
alt.] foumart ‚Iltis‘): < westgerm. *marþa- m.
Daneben steht ein separates Fem., das in
mndd. mārt(e) f. ‚Marder, Marderfell‘: < ur-
germ. *marþō- f. erscheint.
Der a-St. ist wohl eine Neuerung eines ehe-
maligen urgerm. u-St. *marþu-, der im Nord-
germ. vorliegt: aisl. (auch PN) mǫrðr m. (hie-
raus entlehnt in lapp.-schwed. mart[a] ‚Mar-
der‘), nisl. mörður, ndän. maar(d), nnorw.
mord (neben aus dem Dän. entlehntem mår),
aschwed. marþer, nschwed. mård ‚Marder‘.
Daneben erscheint die Form urgerm. *marþra-
(s. mardar). Das Verhältnis zwischen der Form
mit *-r- und der ohne ist erklärungsbedürftig.
Zum einen könnte die Form mit *-r- eine sekun-
däre Erweiterung mit dem Suff. *-ra- (Krahe-
Meid 1969: 3, § 81) sein. Da dieses Suff. jedoch
sonst nicht in sekundären Erweiterungen von
Tiernamen erscheint, ist dies unwahrscheinlich.
Zum anderen kann eine einheitliche Vorform ur-
germ. *marþru- bestanden haben, woraus durch
Verlust des zweiten *-r- *marþu- entstand.
Nicht überzeugend ist die Annahme einer Er-
weiterung mit dem Tiernamen bildenden Suffix
urgerm. *-az- (Krahe-Meid 1969: 3, § 111), al-
so von *marþaz-. Diese Stämme werden sonst
mit dem Suffix *-an- erweitert (vgl. u. a. kata-
ro), so dass *marþazan- anzusetzen wäre; je-
doch ist mardaro (s. d.) sicherlich erst sekundär
zu mardar (s. d.) gebildet.
Fick 3 (Germ.)⁴ 313; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 355 f.;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 919; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 3, 39; Fryske wb. 14, 22 f.; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 217; Bosworth-Toller, AS Dict. 675;
eMED s. v. fl-mard n.; eOED s. vv. foumart n., mart n.⁵;
Vries, Anord. et. Wb.² 401; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 671;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 2, 773; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 205; Magnússon, Ísl. Orðsb. 653;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 687; Nielsen, Dansk et.
ordb. 296; Ordb. o. d. danske sprog 13, 712 f.; Bjorvand,
Våre arveord² 778 f.; NOB s. v. mår; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 1, 677 f.; Svenska akad. ordb. s. v. mård subst.¹. –
Qvigstad 1893: 233; Jordan 1903: 38 ff.; W. Haubrichs,
in Geuenich 1997: 199.
Urgerm. *marþ(r)u- hat keine allgemein ak-
zeptierte Etymologie. Es stehen sich mehrere
Vorschläge gegenüber, die aber nur Wz.ety-
mologien sind:
1. Das Wort wird an die Wortsippe um ahd.
mord ‚Mord‘ (s. d.) angebunden, wodurch der
Marder als ein ‚mordendes Tier‘ charakterisiert
wäre. Obwohl Marder als Fleischfresser auch
vom Mensch gehaltene Hühner töten, scheint
das Benennungsmotiv nicht überzeugend.
2. Anbindung an die u. a. in ai. márya- m.
‚Jungmann, Jüngling‘ (< uridg. *mer[H]-i̯o-),
lat. marītus ‚verheiratet, Ehemann‘ (< urit.
*mar[H]-ei̯to-/*mar[H]-īto-) vorliegende Wz.
uridg. *mer[H]-. Dabei wird darauf verwiesen,
dass es einige (offenbar) Tabubezeichnungen
für Raubtiere gibt, denen Bez. von Frauen zu-
grunde liegen, wie italien. donnola ‚Wiesel‘,
eine Ableitung zu donna ‚Frau‘. Daher wird ur-
germ. *marþu- mit lit. martì ‚Braut, Schwieger-
tochter‘ (< *mor-t-ih₂-) zusammengestellt (vgl.
O. Schrader, BB 15 [1889], 129 f.). Für die Bez.
des Marders kann jedoch ein solcher Bed.zu-
sammenhang sonst nicht nachgewiesen werden.
3. Das Wort wird mit der Wz. uridg. *mer-
‚flimmern, funkeln‘ verknüpft, die die Basis für
ahd. morgan (s. d.) ist. Man könnte dabei so-
wohl an die Fellfarbe (vgl. dazu bibar ‚Biber‘
und wohl auch bero ‚Bär‘ [s. dd.]) als auch an
die Schnelligkeit des Tieres denken.
4. Anbindung an die Wz. uridg. *merh₂- ‚ge-
waltsam packen, zerdrücken‘ (vgl. ai. mnti
‚raubt, packt‘); das Benennungsmotiv wäre so
das Reißen von Tieren.
Einer der beiden letzten Anschlüsse kommt
wahrscheinlich in Frage.
Aus dem Germ. ist die fem. Variante (urgerm.
*marþō- f. [s. o.]) auch ins Rom. entlehnt: nfrz.
marte, span., port. marta ‚Marder‘, ebenso wie
die m. Variante (urgerm. *marþu- m. [s. o.]),
die in italien. genoves. martiu, sard. (campi-
danes.) martsu (mártsiu, marču, mraču) ‚Mar-
der‘ auftreten und aus einem unbezeugten
got. *marþus entlehnt sind (http://perpendicu-
lum.iobloggo.com/44/un-vocabolo-vandalico-
nel-sardo-campidanese, eingesehen am 28.04.
2014). Die in der Literatur häufig angeführte
Form mlat. martus scheint dagegen nicht zu
existieren; belegt ist offenbar lediglich der Pl.
martures (Palander 1899: 58), der auf einen
Ansatz mlat. martur schließen lässt (Niermey-
er, Med. Lat. lex.² 2, 859).
LIV² 440; Mayrhofer, KEWA 2, 673; ders., EWAia
2, 320; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 40 f.; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 387; de Vaan, Et. dict. of Lat.
365; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 5982; Meyer-Lüb-
ke, Rom. et. Wb.³ Nr. 5384; Trautmann, Balt.-Slav. Wb.
170; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1, 412; Smoczyński, Słow.
et. jęz. lit. 375; ALEW 1, 618 f.
RS