meist(a)ra f. ōn-St., in B, NBo und
NMC: ‚Lehrmeisterin, Könnerin, Vorsteherin;
magistra, praestes, princeps‘, meist(a)ra alle-
ro kûskî ‚Meisterin der Tugendhaftigkeit und
Reinheit; pudicitiae principatum‘, meist(a)ra
allero tugedo ‚dss.; magistra omnium virtutum,
nutrix omnium virtutum‘. Für die Herkunft des
Wortes kommen zwei Möglichkeiten in Be-
tracht. Entweder handelt es sich um eine Ent-
lehnung aus lat. magistra f. ‚Vorgesetzte, Vor-
steherin, Leiterin, Lehrmeisterin‘ oder um eine
f. Motionsbildung mit dem Fortsetzer des indi-
vidualisierenden Suff. urgerm. *-ōn- zu gleich-
falls entlehntem meistar (s. d.). – meist(a)rri
m. ja-St., im Abr (1,207,12 [Kb, Ra]): ‚Vor-
steher, Inhaber eines hohen Amtes; magistra-
tus‘. Doppelt markiertes Nomen agentis mit
dem Fortsetzer des Lehnsuff. urgerm. *-ri̯a-.
S. meistar, -ri. – meist(a)rin(na) f. jō-St.,
NMC und WH: ‚Vorsteherin; praesul‘ (mhd.
meisterinne st./sw.f., meisterin st.f. ‚Lehrerin,
Erzieherin, gelehrte Frau, Ärztin, Künstlerin,
Aufseherin, Vorsteherin [eines Klosters], Prio-
rin‘, frühnhd. meisterin f. ‚Witwe eines Hand-
werksmeisters, herausragende Frau, Mutter
Gottes‘, nhd. Meisterin f. ‚Könnerin auf einem
bestimmten Gebiet, Künstlerin, Siegerin in ei-
ner Meisterschaft, Frau des Meisters [veraltet]‘;
mndd. meysterinne, mesterinne f. ‚Beherrsche-
rin, Frau, die Hervorragendes leistet, Leiterin,
Oberin einer sozialen Einrichtung‘; andfrk.
mēsterinna f. ‚Vorsteherin‘, mndl. meesterinne
f. ‚Meisterin‘). Fem. Motionsbildung mit dem
Fortsetzer des Suffixes urgerm. *-ini̯ō- (vgl.
Krahe-Meid 1969: 3, § 101, 1). S. meistar. –
meistarlîh adj., Gl. 2,396,60 (Hs. 2. Hälfte
des 11. Jh.s). 405,27 (Hs. 11. Jh.). 426,52/53
(Hs. 10. Jh., Zeit der Gl.einträge unbekannt):
‚meisterhaft, kunstfertig, geschickt; faber, fa-
brilis‘ (mhd. meisterlich adj. ‚meisterhaft,
kunstgemäß, künstlich‘, frühnhd. meisterlich
adj. ‚kunstgerecht, meisterhaft, durch göttliche
Hand geschaffen‘, nhd. meisterlich adj. ‚meis-
terhaft‘; mndd. meysterlīk, mesterlīk adj. ‚meis-
terhaft, hervorragend‘, meysterlīk list ‚meister-
liche Kunst‘; mndl. meesterlijc, meisterlijc adj.
‚meisterlich‘; afries. māsterlik adj. ‚meister-
haft, einem Meister entsprechend‘; aisl. meis-
tarligr adj. ‚meisterhaft‘). Desubst. Bildung. S.
meistar, -lîh. – meistarlîchn adv., Gl. 1,416,
58 (12. Jh.). 648,58 (in 2 Hss., 2. Hälfte des 12.
und 1. Hälfte des 13. Jh.s, beide bair.): ‚auf
meisterhafte Weise; fabre‘, meistarlîchn gi-
tân ‚meisterhaft verfertigt; fabrefactum‘ (mhd.
meisterlîchen adv. ‚wie ein Meister, meister-
haft‘; mndd. meysterlīken adv. ‚meisterhaft,
überragend‘). Formal handelt es sich um einen
erstarrten st. Dat.Pl. (vgl. Matzel 1957: 114;
Braune-Reiffenstein 2004: § 269). S. meistar-
lîh. Vgl. meistarlîchûn. – meistarlîcho adv., seit
dem 9. oder 10. Jh. in Gl., in NMC: ‚auf meis-
terhafte, kunstvolle Weise; docte, fabre, varie‘,
meistarlîcho gitân ‚auf kunstvolle Weise gear-
beitet; fabrefactus‘ (mhd. meisterlîche adv. ‚wie
ein Meister, meisterhaft‘, frühnhd. meisterlich
adv. ‚dss.‘, nhd. meisterlich adv. ‚auf meis-
terhafte Weise‘; mndd. meysterlīke adv. ‚dss.‘,
meysterlīke vorsīret ‚vorzüglich geschmückt‘;
frühmndl. meesterlike adv. ‚auf meisterli-
che, sachkundige Weise‘ [a. 1260–1280], mndl.
meesterlike, meisterlike adv. ‚dss.‘; aisl. meis-
tarliga adv. ‚dss.‘). S. meistarlîh. – meistar-
lîchûn adv., nur in Gl. 1,651,13 (3. Viertel des
11. Jh.s, bair.): ‚meisterhaft, kunstvoll; fabre-
factus‘. Erstarrter sw. Akk.Sg.f. (vgl. Braune-
Reiffenstein 2004: § 268). S. meistarlîh. Vgl.
meistarlîchn. – meistarôn sw.v. II, seit dem 10.
Jh. in Gl., NBo, Nps und Npw: ‚lehren, leiten,
lenken, Oberhaupt, Vorsteher sein, meisterhaft
verfassen; conscribere, disponere, regere, re-
sedere‘ (mhd. meistern, meinstern sw.v. ‚leh-
ren, erziehen, erziehend strafen, anordnen, lei-
ten, lenken, regieren, beherrschen, bewerk-
stelligen, kunstreich schaffen, einrichten‘, früh-
nhd. meistern sw.v. ‚etw. bauen, fertigen, spitz-
findig herumdiskutieren, beherrschen, leiten‘,
nhd. meistern sw.v. ‚mit etw. fertig werden,
etw. bezwingen, beherrschen‘; mndd. meys-
ter[e]n, mē[i]stern sw.v. ‚lehren, lenken, Vor-
schriften machen, kritisieren, ärztlich behan-
deln [Bed.entlehnung aus dem Mndl.]‘, sprw.
de lēim will den pötter meystern [nach Jesa-
ja 45, 9]; frühmndl. meesteren, meistren sw.v.
‚bezwingen‘ [a. 1268–1280], mndl. meesteren,
meysteren sw.v. ‚Meister [über jmdn.] sein,
unterrichten, lehren, ärztlich behandeln, heilen,
genesen, beherrschen, bezwingen‘; afries. mās-
t[e]ria sw.v. ‚beherrschen, majorisieren, ein-
richten, regeln, ärztlich behandeln, geheilt wer-
den, genesen‘, thā kest māsteria ‚[im Fall eines
fakultativen Eides] die erste Wahl haben‘). De-
subst. Ableitung. S. meistar. – meistarskaft f. i-
St., NBo, NMC und Ns: ‚vorbildliches Können,
Kunstfertigkeit, Gelehrsamkeit, Wissenschaft;
doctrina, peritia, scientia, studium‘ (zu den Be-
legen vgl. B. Meineke 1991: 60) (mhd. meister-
schaf[t], meinsterschaft f. ‚Unterricht, Zucht,
höchste Gelehrsamkeit, Kunstfertigkeit, Über-
legenheit, oberste Leitung, Herrschaft, Vor-
stand, Zunft‘, frühnhd. meisterschaft f. ‚hohes
Wissen und Können, Vorstand, oberste Lei-
tung, Magistrat‘, nhd. Meisterschaft f. ‚meis-
terhaftes Können, überlegene Leistung, jährlich
stattfindender sportlicher Wettkampf zur Er-
mittlung der Besten einer Disziplin‘; mndd.
meysterschop, meysterschap f./n. ‚Gelehrsam-
keit, Weisheit, Arzneikunst, Meisterschaft,
Überlegenheit, führende Stellung, Stand des
Handwerksmeisters, Regiment, Herrschaft‘, de
meystershop upseggen ‚das Amt des Gilde-
vorstands niederlegen‘; frühmndl. meesterscap
n. ‚Meister, Leiter, Vorsteher, geistliche Ver-
waltung‘ [a. 1240], mndl. meesterscap, meister-
scap n./f. ‚Würde eines Meisters, Meisterschaft,
Macht, Herrschaft, die Gelehrten‘; afries. mās-
terskip, mēsterskip n. ‚Belehrung, Obrigkeit,
Vorgesetzter, Autorität, Richtschnur‘). Desubst.
Bildung. S. meistar, -skaf(t). – meistartuom m./
n. a-St., Gl. 2,167,6 (Hs. Anfang des 9. Jh.s,
Zeit des Gl.eintrags unbekannt, bair.). 221,
74 (vor der Mitte des 9. Jh.s, bair.) und im
T, OT, in B, GB, BaGB: ‚Amtswürde, Vor-
rang(stellung), Obrigkeit; dignitas, magisteri-
um, magistratus, prioratus‘ (mhd. meister-
tuom st.m./n. ‚die Stellung, das Amt eines
Meisters‘, frühnhd. meistertum n. ‚hohes Amt
eines Ordens oder einer Stadt‘, ält. nhd. meis-
terthum n. ‚Würde‘ [Dt. Wb. 12, 1982]). Ab-
leitung mit dem Fortsetzer des substantiv-
bildenden Komp.suff. urgerm. *-đōma- (vgl.
Krahe-Meid 1969: 3, § 158). S. meistar, tuom.
– meistîg adj., Gl. 1,287,26 (in 2 Hss., bei-
de Anfang des 9. Jh.s, alem.[-frk.]). 288,58
(Anfang des 9. Jh.s, alem.[-frk.]), bei O, in
NCat und Npw: ‚die meisten‚ beinahe alle; plu-
ra, plus‘, alle meistîge ‚die allermeisten; plu-
ra‘, in adv. Verwendung (als erstarrter Akk.
Sg.n.) ‚meistens, vor allem, in erster Linie, am
meisten; potissimum, praesertim‘ (mhd. meis-
tec, meistîg adj./adv. ‚meist, meistens, am
höchsten, vorzüglich‘; as. mēstig adv. ‚oft-
mals; plerumque‘ in Gl. 2,576,15 = WaD 90, 34
[10. Jh.], mndd. mēistich adv. ‚fast ganz,
größtenteils‘, sō mēistich ‚so weit wie möglich‘;
vgl. nhd. mdartl. schweiz. meistigs adv. ‚zu-
meist, meistens‘ [Schweiz. Id. 4, 511]). De-
adj. Ableitung mit dem Fortsetzer des Suff.
urgerm. *-ǥa-. S. meisto, -îg. Vgl. almeistîg. –
Ahd. Wb. 6, 385 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 608.
609; Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 770; Schützeichel⁷
219; Starck-Wells 406; Schützeichel, Glossen-
wortschatz 6, 318 f.
MK