meizan
Band VI, Spalte 271
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meizan red.v., Gl. 1,282,19 (in 2 Hss.,
beide Anfang des 9. Jh.s, alem.[-frk.]). 487,
1 (Anfang des 9. Jh.s, alem.[-frk.]); 2,742,18
(9. Jh., bair.): ‚einschneiden, zerschneiden, be-
hauen; incidere, scindereVar.: -zz-. – Mhd.
meizen red.v. ‚hauen, schneiden, ab-, einschnei-
den‘, frühnhd. meissen unr.v. ‚(Holz) schla-
gen, (Bäume) fällen, etw. abschlagen‘, nhd.
dial. schweiz. meissen ‚schroten, hauen‘, bair.
maißen, kärnt. meißen ‚Holz schlagen, Astwerk
von Bäumen schlagen, Bäume beschneiden‘.
Etwas weiter verbreitet ist die aus dem Verb ab-
geleitete Rückbildung; vgl. schwäb. meiß ‚Ein-
schlag am Baum, den man fällen will‘, tirol.,
steir. moass u. a. Im Nhd. ist zu diesem Verb
nur die Ableitung Meißel m. gebräuchlich (s.
meizil).

Ahd. Wb. 6, 396; Splett, Ahd. Wb. 1, 610; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 771; Schützeichel⁷ 219; Starck-Wells 406. 852;
Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 321; Bergmann-Stri-
cker, Katalog Nr. 296 (II). 296 (III). 611. 725 (I); See-
bold, ChWdW8 208; ders., ChWdW9 577; Graff 2, 911;
Lexer 1, 2091; 3, Nachtr. 313; Frühhd. Wb. 9, 2132 ff.;
Kluge²¹ 472 (s. v. Meißel¹); Kluge²⁵ s. v. Meißel¹; Pfei-
fer, Et. Wb.² 857 (s. v. Meißel). – DRW 9, 472. – Schweiz.
Id. 4, 465; Stalder, Versuch eines schweiz. Id. 2, 206;
Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1663; Lexer, Kärnt. Wb. 189;
Schöpf, Tirol. Id. 415 (s. v. màiss); Schatz, Wb. d. tirol.
Mdaa. 2, 410; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 458.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
aisl. meita sw.v. ‚schneiden‘, nisl. meita, ndän.
mede ‚mit der Rute oder Schnur fischen‘,
nnorw. meita ‚dss.‘, nschwed. dial. meta; got.
maitan* (nur 3.pl.prät. maimaitun Mk. 11, 8)
‚hauen, schneiden; κόπτω‘: < urgerm. *mate/a-.

Das germ. Wort wurde vielleicht ins Ostseefinn. entlehnt;
vgl. finn. maitella ‚plagen, nagen, ärgern, schmerzen‘.
Als Quelle für das finn. Wort kommt aber auch
Entlehnung aus aisl. meiða ‚verletzen, beschädigen‘ (<
urgerm. *mađie/a-), das mit urgerm. *mate/a- nicht
unmittelbar etym. zusammengehören kann, in Frage.

Fick 3 (Germ.)⁴ 320; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 349;
Seebold, Germ. st. Verben 343 f.; Vries, Anord. et. Wb
382 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 648; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 2, 677; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 194; Magnússon, Ísl. Orðsb. 613; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1, 709 (s. v. Meisel); Bjorvand, Våre arve-
ord² 734 (s. v. men); Nielsen, Dansk et. ordb. 282; Ordb.
o. d. danske sprog 13, 1170 f.; Torp, Nynorsk et. ordb.
420 (meita¹); NOB s. vv. (bm./nn.) meita, (nn.) meite;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1, 644; Svenska akad. ordb.
s. v. meta v.¹; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 341 f.; Lehmann,
Gothic Et. Dict. M-12; Kylstra, Lehnwörter 2, 240.

Urgerm. *mate/a- kann auf ein vorurgerm.
*mo(H)-d-e/o- zurückgehen. Handelt es sich
hierbei um eine Wz. mit s-mobile und Wz.-
erweiterung *-d-, ist ein etym. Zusammenhang
mit ahd. smid ‚Schmied‘ (s. d.) < urgerm.
*smiþa- < vorurgerm. *smi-t-o- möglich, das
demgegenüber entweder eine sekundäre Wz.-
erweiterung *-t- aufweist oder ein substan-
tiviertes Verbaladj. ist. Die Zusammenstellung
liegt semantisch nahe. Trifft sie zu, ist die zu-
grunde liegende Wz. ohne auslautenden Laryn-
gal anzusetzen: Urgerm. *mate/a- würde auf
eine Form vorurgerm. *(s)mo-d-e/o- zurückge-
hen, das zu einer Wz. uridg. *(s)me- ‚schlagen‘
gebildet wäre. Vielleicht liegt hier dieselbe Wz.
vor, von der auch urgerm. *mana- > ahd. mein
‚Frevel, Sünde, Verbrechen‘ (s. mein¹) abge-
leitet ist: Auszugehen wäre dann nicht, wie dort
angenommen, von einer Grundbed. ‚Verän-
derung‘, sondern von einer Bed. ‚Schädigung‘
o. ä. Alternativ zu einer Wz.erweiterung kann
auch beim Verb mit einem ehemals nur im
Präs. auftretenden Stammformans *-d- gerech-
net werden (vgl. z. B. entsprechende d-For-
mantia im Slaw. und Balt.), das ins ganze
Paradigma verschleppt wurde, während beim
Nomen agentis ‚Schmied‘ eben ein urspr. Ver-
baladj. auf uridg. *-- vorläge, das substan-
tiviert wurde. In diesem Fall müssten die ge-
wöhnlich hierher gestellten germ. Wörter ahd.
âmeiza ‚Ameise‘ (s. d.) etc. < urgerm. *-ma-
und ahd. mîza ‚Milbe‘ (s. d.) etc. < frühur-
germ. *me- erst gebildet worden sein, nach-
dem das Präs.formans innergerm. wz.haft ge-
worden war. Außergerm. Entsprechungen, die
eine urspr. ebenfalls red. Bildung aufwiesen,
fehlen, sind aber auch angesichts der Tatsache,
dass neben red. V. des Germ. praktisch nie ver-
gleichbare außergerm. Bildungen stehen, nicht
zu erwarten.
Ob ein Zusammenhang mit gelegentlich zu der
germ. Bildung gestelltem gr. μίτυλος ‚hornlos,
verstümmelt‘ besteht, bleibt aufgrund der se-
mantischen Verschiedenheit und der unklaren
innergr. Zusammenhänge des Worts unsicher.

Die im Balt. oft als zugehörig betrachteten Wörter wie
alit. ap-maitinti ‚verwunden‘, lett. màitāt ‚verderben,
vernichten‘, apreuß. part.prät.pass. ismaitint(on) ‚verlo-
ren‘ etc., lit. meĩtėlis, maĩtėlis ‚verschnittener, gemästeter
Eber‘, apreuß. nomaytis ‚verschnittener Eber‘ sind mit
ahd. meizan eher nicht zu verbinden: Sie erfordern einen
stimmlosen Dental, lassen aber keine Aussage darüber
zu, ob das urbalt. *-t- wz.haft war, da alle diese Bildun-
gen auch denominal sein können. Falls urbalt. *-t- wz.-
haft war, lag dieser Bildung jedenfalls ein anderer Dental
als im Germ. zugrunde, wo uridg. *-d- fortgesetzt wird.
Zudem kann in lit. meĩtėlis, maĩtėlis, apreuß. nomaytis
die Bed. des ‚Mästens, Aufziehens‘ primär sein (Fraen-
kel, Lit. et. Wb. 1, 428; anders ALEW 1, 631). In dem Fall
sind diese Wörter von den anderen o.g. ohnehin zu tren-
nen. Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 368 f. geht sogar noch
weiter, indem er letztlich auch die o.g. balt. Verben zu
dieser Sippe zieht und als Ableitungen von lit. maità
‚Aas, Kadaver‘ (neben lit. maĩtas ‚Lebensunterhalt‘; lett.
màita ‚Aas‘) betrachtet: Neben mìsti, mintù ‚sich er-
nähren‘ (vgl. dazu als semantische Parallele den etym.
Zusammenhang von nhd. Aas und essen) steht das Kaus.
maitìnti ‚ernähren, mästen‘. Zur selben Wz. wie lit. maità
‚Aas, Kadaver, Fleisch eines toten Tieres‘ wurde dann
denominales lit. maitìnti ‚quälen, schwächen‘ gebildet.
Ist diese neue Erklärung der balt. Zusammenhänge zu-
treffend, dürfte jede Verbindung mit dem germ. Material
entfallen.
Die Sippe um ved. méthati ‚feindet an, beschimpft‘, die
von Pokorny 697 mit dem ahd. Wort verbunden wird,
bleibt fern; sie beruht vielmehr auf einer Wz. uridg.
*meth₂- ‚wechseln, austauschen, entfernen‘. Ob die balt.
Sippe ebenfalls zu dieser idg. Wz. gestellt werden sollte,
muss fraglich bleiben, die semantische Verschiedenheit
ist kaum zu überwinden.

Walde-Pokorny 2, 212; Pokorny 697. 715. 968; LIV² 430;
Mayrhofer, KEWA 2, 682 f.; ders., EWAia 2, 375 f.; Frisk,
Gr. et. Wb. 2, 246; Chantraine, Dict. ét. gr.² 680; Beekes,
Et. dict. of Gr. 2, 959; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1, 397 f. (mai-
). 428 (meĩtėlis). 459 f. (mìsti); Smoczyński, Słow. et.
jęz. lit. 368 f. (maitìnti). 405 f. (mìsti¹); ALEW 1, 608 f.
(maità). 631 (meĩtėlis). 662 f. (mìsti); Mühlenbach-End-
zelin, Lett.-dt. Wb. 2, 552 (màita, màitât); 5, 778 (mài-
tât); Karulis, Latv. et. vārd. 1, 560; Trautmann, Apreuß.
Spr.denkm. 348 (ismaitint). 386 (nomaytis); Mažiulis,
Apreuß. et. Wb.² 311 f. (ismaitinton). 646 (nomaytis);
Toporov, Prusskij jazyk I-K 80 f.; Smoczyński, Lex. d.
apreuß. Verb. 231 (s. v. maitā). 232 f. – Southern 1999:
241; Blažek 2010: 57 f.

S. meizil.

HB

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