melta daneben malta, molta², multa f.
ō(n)-St., das Wort begegnet nur in Gl., am frü-
hesten ist melta belegt (seit 860/870), malta seit
dem 11./12. Jh., molta seit Anfang des 12. Jh.s
und multa seit dem 12. oder 13. Jh.: ‚Melde,
Gartenmelde; althea, atriplex, beta, cato, chry-
solachanum, hortulana, melta [Übernahme aus
dem Dt.], sizia [lingua ignota, Hildeg.]‘ (Atri-
plex L., Atriplex hortense L.), auch ‚Schutt-Bin-
gelkraut; mercurialis‘ (Mercurialis annua L.)
〈Var.: -ü-; -d-〉 (zu den ablautbedingten Var.
vgl. Schatz 1927: § 11). Das Benennungsmotiv
für die Pflanze sind ihre wie mit Mehl be-
stäubten Blätter. – Mhd. melde st.f. ‚Melde‘
(mit zahlreichen Var. malde, milde, molde, mul-
de, -t-), frühnhd. melde f. ‚Melde [Gemüse-
pflanze]‘, nhd. Melde f. ‚in vielen Arten vor-
kommende Gänsefußgewächse mit mehlig be-
stäubten Blättern (an der Unterseite)‘.
Ahd. Wb. 6, 407 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 588; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 754. 772. 794. 798; Schützeichel⁷
213. 219. 227. 228; Starck-Wells 396. 407. 421 (mol-
ta²). 423; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 247. 327 f.
425 (molta²). 448; Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 1.
339. 461. 972; Seebold, ChWdW9 578. 1093; Graff 2,
723 (s. v. malta); Lexer 1, 2093; Frühnhd. Wb. 9, 2181
(melde²); Diefenbach, Gl. lat.-germ. 58 (atriplex). 280
(hortulana); Dt. Wb. 12, 1991. 2210. 2219; Kluge²¹ 473;
Kluge²⁵ s. v. Melde; Pfeifer, Et. Wb.² 858. – Mlat. Wb. 2,
382. – Marzell [1943–79] 2000: 1, 510 f. 932; 3, 178.
Das Wort hat in weiteren westgerm. Sprachen
und im Nordgerm. Entsprechungen: as. maldia
f. jō(n)-St. ‚Melde; atriplex‘ in Gl. 5,46,7 (spä-
tes 10. oder 11. Jh.), mndd. melde f. ‚Garten-
melde‘; frühmndl. melde f. ‚Melde‘ (a. 1240),
mndl. melde f. ‚dss.‘, ält. nndl. milde f. ‚dss.‘,
nndl. melde ‚dss.‘; nwestfries. melt ‚dss.‘ (a.
1903), saterfries. meelde ‚dss.‘; ae. melda sw.f.
‚Gartenmelde, Melde‘, me. mēldes, medles,
mielde PflN, vielleicht die ‚Fette Henne‘ (Che-
nopodium album L.), ne. dial. miles (mit Verlust
von d nach l) ‚Melde, Fette Henne‘; adän.
mældæ ‚Melde‘, ndän. mælde ‚dss.‘, nnorw.
(bm./nn.) melde ‚dss.‘, aschwed. maalle, molde,
mœld ‚dss.‘, nschwed. molla ‚dss.‘, nschwed.
dial. mold, mäll ‚dss.‘.
Wie im Ahd. begegnet das Wort auch in den
anderen germ. Sprachen in unterschiedlichen
Ablautstufen, deren Funktion nicht zu erkennen
ist (dazu vgl. unten).
Neben der e-Stufe in ahd. melta < westgerm.
*meldō(n)- < urgerm. *melđ-ō(n)- setzen ahd.
malta < westgerm. *maldō(n)- < urgerm. *malđ-
ō(n)-, as. maldia, adän. mældæ < westgerm.
*mald-ii̯ō(n)- < urgerm. *malđ-ii̯ō(n)- die o-Stufe
fort. Auch die Schwundstufe ist belegt: ahd.
multa, molta, schwed. molla < urgerm. *mulđ-
(ii̯)ō(n)- (*-ii̯- wegen ahd. mült).
Estn. meltsas, meldsas, liv. m̄ltsa ‚Melde‘ sind aus
urgerm. *melđii̯a- ‚mild, gnädig‘ (s. milti) entlehnt, wenn
das Adj. bereits früh substantiviert und auch als PflN
verwendet wurde. Wahrscheinlicher ist die Beeinflus-
sung von meltsas usw. durch ebenfalls entlehntes estn.
malts, maltsas ‚Melde, Gänsefuß‘ (< urnord. *maldiju <
urgerm. *malđ-ii̯ō[n]- ‚Melde‘).
Fick 3 (Germ.)⁴ 317; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 351;
Tiefenbach, As. Handwb. 256; Bergmann-Stricker, Kata-
log Nr. 879; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 947
(melde¹); Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 60 f.; VMNW
s. v. melde; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 4, 1357; Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 421; Suppl. 109; Vries, Ndls. et. wb.
436; Et. wb. Ndl. Ke-R 331; Fryske wb. 13, 185; Dijkstra,
Friesch Wb. 2, 152; Fort, Saterfries. Wb. 134; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 218; Bosworth-Toller, AS Dict. 677;
eMED s. v. mēldes n.; eOED s. v. miles n.¹; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 1, 710; Nielsen, Dansk et. ordb. 293;
Ordb. o. d. danske sprog 14, 631; Torp, Nynorsk et. ordb.
421; NOB s. v. (bm./nn.) melde¹; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 1, 658; Svenska akad. ordb. s. v. molla subst.²;
Kylstra, Lehnwörter 2, 248 f. 258 f. – Ritter 1993: 149 f.
Für urgerm. *ma/e/ulđ-ii̯ō(n)- wurde noch kei-
ne völlig schlüssige Etym. vorgelegt. Der bis-
weilen erwogene Zusammenhang mit urgerm.
*melđii̯a- ‚mild, barmherzig‘ (s. milti), der sich
wohl auf weiche, mürbe Blätter der Pflanze be-
ziehen müsste, ist semantisch nicht überzeu-
gend (zum Benennungsmotiv s. o.).
Das Vorhandensein dreier Ablautstufen bedarf
einer Erklärung. Der inlautende urgerm. Dental
*-đ- deutet auf vortoniges uridg. *-t- oder uridg.
*-dh-. Kroonen, Et. dict. of Pgm. 351 rechnet
durchaus mit einer Entlehnung aus einer nicht-
idg. (Substrat-)Sprache, setzt aber letztlich eine
Wz. uridg. *melt- an. Doch gibt er weder eine
Bed. dieser Wz. an noch eine Begründung für
die Endbetonung von vorurgerm. *melt(i̯)o-,
*molt(i̯)o-. Folgende Entwicklungen erschei-
nen möglich: Bei einer schwundstufigen Bil-
dung vorurgerm. *mt-(i̯)ó- ist Endbetonung
eingetreten, die analogisch in die anderen
Formen übernommen wurde. In Frage kommt
auch ein ablautendes Wz.nomen *mélt-s, gen.
*mt-és, aus dem die verschiedenen Ablaut-
stufen der belegten Bildungen hervorgegangen
sind. Pokorny 719 betrachtet die zugrunde lie-
gende Wz. als Erweiterung von uridg. *mel-
‚mahlen‘. Da die zugrunde liegende Wz. ur-
idg. *melh₂- lautet, müsste in der vorurgerm.
Fortsetzung der t-erweiterten Form *mélh₂t- der
Laryngal vor Konsonant geschwunden sein.
Demgegenüber ist in Formen wie lit. mìltai pl.
‚Mehl‘ das *-t- suffixal.
Wahrscheinlicher als die Annahme einer Wz.-
erweiterung ist der Ansatz eines Verbaladj. ur-
idg. *mh₂-tó- ‚gemahlen‘ > urgerm. *mulđa-
neben *mélh₂-to- ‚Gemahlenes, Mehl‘ > ur-
germ. *melþa- (vgl. uridg. *ĝh₁-tó- ‚geboren‘
> urgerm. *kunđa- neben uridg. *ĝénh₁-to-
‚Geborenes‘ > urgerm. *kenþa- > ahd. kind
‚Kind‘ [s. d.]), ein Nebeneinander, aus der die
o. a. einzelsprachliche Formenvielfalt entstan-
den ist. Eine Zugehörigkeitsbildung wäre dann
vorurgem. *mélh₂-t-i̯o- ‚zu dem Gemahlenen,
Mehl gehörig; mit Gemahlenem, Mehl ver-
sehen‘ (> ‚mehlartig bestäubt aussehende
Blätter habend‘) > urgerm. *melþii̯a-. Analo-
gisch wurden Formen mit stimmhaftem den-
talen Reibelaut gebildet wie auch *a- (*o-) und
*e-stufige Bildungen, so dass sich schließlich
*ma/e/ulđ-ii̯ō(n)- ergab.
Lag eine uridg. Media aspirata zugrunde,
könnte diese auf ein verdunkeltes Komp. mit
der Wz. uridg. *dheh₁- ‚setzen, stellen, legen‘
im HG deuten Diese Komp. zeigen im VG e-
Stufe, o-Stufe oder Schwundstufe; vgl. mit
e- neben o-Stufe gr. μοῦσα ‚Muse‘ < urgr.
*monthi̯a- < uridg. *mon-dh(h₁)-ih₂- wörtl. ‚die
Gedanken setzende‘ sowie die Ableitung
μενθήρη ‚Gedanke, Sorge‘, wohl eine metrisch
bedingte Umformung von urgr. *mentherā- <
uridg. *men-dh(h₁)-reh₂-, und mit Schwund-
stufe neben e-Stufe vgl. ai. medh- f. ‚Geis-
teskraft, Weisheit, Einsicht‘, aav., jav. mazdā-
f. ‚Weisheit‘ < uriiran. *mas-dh(H)-aH- < uridg.
*ms-dhh₁-eh₂- vs. ai. médhira- ‚klug, weise‘,
jav. mązdra- ‚dss.‘ < uriiran. *mans-dh(H)-ra-
< uridg. *mens-dhh₁-ro- (Weiteres dazu s. u.
menden). Ausgehend von diesen Mustern wäre
für ahd. melta und Verwandte auch eine Vor-
form vorurgerm. *mélh₂-dhh₁-o- ‚Mehl-Set-
zung‘ → *melh₂-dhh₁-(i̯)ó- ‚mit Mehl-Setzung
versehen‘ → ‚(wie) mit Mehl bestäubt‘ mög-
lich, wie auch ein urspr. Possessivkomp. ‚Mehl-
Setzung habend‘. Für die Komp. vorurgerm.
*molh₂-dhh₁-o- und *mh₂-dhh₁-o- gilt Entspre-
chendes. Dabei können die Bildungen mit i̯-
haltigem Suff. die eigentliche possessive Bed.
tragen, oder sie sind erst durch innergerm. Suf-
fixtausch entstanden (vgl. ahd. alt [s. d.] vs. got.
alþeis ‚dss.‘; vgl. Krahe-Meid 1969: 3, § 74, 4).
Von Pokorny 719 zur germ. Sippe gestelltes gr. βλίτον n.
(daneben auch βλῆτον n.) ‚Melde‘ (< urgr. *mlit-o-), das
auch als lat. blitum ‚dss.‘ entlehnt worden ist, bleibt trotz
der Bed.übereinstimmung besser fern. Die Annahme ei-
nes voridg. Substratworts *mlit-/*melt-/*mlēt-, das im
Mittelmeerraum ins Gr. und in Nordeuropa ins Germ.
übernommen worden sei, bleibt, wie so oft bei Sub-
stratwörtern, unbeweisbar.
Walde-Pokorny 2, 284 ff. bes. 289; Pokorny 716 ff. bes.
719; LIV² 136 ff. 432 f.; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 245; Chan-
traine, Dict. ét. gr.² 172 f.; Beekes, Et. dict. of Gr. 1,
222; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 110; Ernout-Meil-
let, Dict. ét. lat.⁴ 72; Thes. ling. lat. 2, 2054; Niermeyer,
Med. Lat. lex.² 1, 133 (bleta); Du Cange² 1, 680 (blitea²);
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 1479; Meyer-Lübke, Rom.
et. Wb.³ Nr. 1173; Wartburg, Frz. et. Wb. 1, 410.
S. melo.
MK/HB