merirath m. a- oder i-St., seit der 2.
Hälfte des 9. Jh.s in zahlreichen Gl.: ‚Meer-
rettich; radegudium, raphanelaeum, raphanum,
raphanus‘ (Armoracia rusticana G. M. Sch. [=
Cochlearia Armoracia L.]) 〈Var.: mere-, mer-,
mir-; -ratich, -raatich, -radich, -rathich, -ra-
thic, -raetich, -retich, -retihc, -redich, -redech,
-retech, -retihc〉. Zur Herkunft des Wortes gibt
es unterschiedliche Auffassungen. Wahrschein-
lich handelt es sich um ein Determinativkomp.
mit dem VG meri- ‚Meer‘ (s. d.), wobei me-
ri-, wie öfters in PflN (vgl. z. B. Meerzwiebel f.
‚im Mittelmeerraum heimische Pflanze, aus de-
ren roter oder weißer Zwiebel Arznei gewon-
nen wird‘), auf die fremde Herkunft hinweist.
Hinzu kommt, dass die Pflanze tatsächlich in
Küstengebieten wächst. Schatz 1927: § 122
sieht im KVG das Adv. mêr, eigtl. ‚größerer
Rettich‘. Unklar ist aber, wieso es sich beim
merirath um einen größeren Rettich im Ver-
gleich zum rath ‚Rettich‘ (s. d.) handeln soll
(das kleinere Radieschen ist erst viel später be-
zeugt). Auch der Fugenvokal findet keine Er-
klärung. Die Länge des Wz.vokals wiederum
ist nicht ausschlaggebend, da das Wort nur in
Gl. vorkommt, in denen Langvokale im All-
gemeinen nicht gekennzeichnet sind. Bei einer
Deutung des KVG als meriha- ‚Mähre‘ (s. d.)
(vgl. noch ne. horseradish) würde man laut-
liche Var. mit -h- erwarten, was aber nicht der
Fall ist. Wenig überzeugend ist die Annahme
einer Umbildung aus lat. armoracia ‚Meer-
rettich‘ (so Heyne 1899–1908: 2, 330). Ein
anderes Wort für den ‚Meerrettich‘ ist aus dem
Slaw. entlehntes krên (s. d.). – Mhd. merretich
st.m. ‚Meerrettich‘, frühnhd. merrettich m.
‚dss.‘, nhd. Meerrettich m. ‚zu den Kreuz-
blütlern gehörende Pflanze mit einer flei-
schigen Pfahlwurzel, die scharf und würzig
schmeckt‘.
Ahd. Wb. 6, 482 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 613. 728; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 775; Schützeichel⁷ 220; Starck-Wells
409. XLIV; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 340 ff.;
Seebold, ChWdW9 580. 662. 1093; Graff 2, 492; Lexer
1, 2116; 3, Nachtr. 314; Frühnhd. Wb. 9, 2327; Diefen-
bach, Gl. lat.-germ. 482 (radigudium). 484 (raphanus);
Dt. Wb. 12, 1856 f.; Kluge²¹ 470; Kluge²⁵ s. v. Meer-
rettich; Pfeifer, Et. Wb.² 854 f. – Marzell [1943–79]
2000: 1, 396–398.
Das Wort hat nur westgerm. Entsprechungen:
mndd. merrēdik, mirrēdik, marrēdik m. ‚Meer-
rettich‘; mndl. meerradic, meerredic m. ‚dss.‘,
nndl. mierik, mieredik ‚dss.‘. Nwestfries. mie-
riks-woartel ‚Meerrettich‘ (a. 1937) ist sicher
aus dem Ndl. übernommen.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 965; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 3, 76; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 4,
1304; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 429; Suppl. 110; Vries,
Ndls. et. wb. 442; Fryske wb. 13, 241. – Pisani 1974: 47;
Steinhauser 1962: 37 f.; Olschansky 1996: 123 f.
Lett. mārrutks, mȩ͂rrutks ‚Meerrettich‘ ist aus
dem Mndd. entlehnt.
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 2, 584. 620; Karulis,
Latv. et. vārd. 1, 570.
MK