militou
Band VI, Spalte 419
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

militou n. wa-St., seit Anfang des 9.
Jh.s in zahlreichen Gl.: ‚Mehltau, Meltau, Ge-
treidebrand; aerugo, robigo, rubigoVar.:
mile-, mil-; -tau, -dou. Im SH ist das VG des
Komp. mitunter volksetymologisch an miluh
‚Milch‘ (s. d.) angeglichen: Gl. 3,234,43 mi-
lich-dov (13. Jh., obd.) und milch-dvͦ (Anfang
des 13. Jh.s). 44 milc-d (12. oder 13. Jh.). Das
VG mili- des Komp. bedeutet ‚Honig‘ (s. u.). –
Mhd. miltou, -wes st.n. ‚Mehltau‘, mit volks-
etym. Umdeutung auch milchtou (s. o.), mel-
tou – da die betroffenen Pflanzen wie mit
Mehl bestäubt aussehen, frühnhd. miltau, mel-
tau m./n. ‚Mehltau, schimmelartiger Befall von
Pflanzen und Früchten‘, K. von Megenberg (87,
12 ff.) verbindet das Komp. volksetym. mit der
Milbe: ez ist gehaizen von milwen miltaw, wan
als die milwen daz gewant frezzent und ver-
derbent, also verderbt ez die fruht ‚Mehltau ist
nach den Milben genannt, denn wie die Milben
die Kleidung fressen und verderben, so verdirbt
es (miltaw) die Frucht‘, nhd. Mehltau m. ‚durch
einen Pilz verursachte Pflanzenkrankheit, bei
der die Blätter, Stängel, Früchte mit einer weiß-
lichen Schicht überzogen sind‘, nhd. mdartl.
sind Formen mit -i- im VG erhalten: schweiz.,
els., bad., schwäb., rhein., pfälz., nassau., süd-
hess., ohess., hess.-nassau., osächs. vereinzelt
regional, schles., siebenbürg.-sächs. Gleichen
Ursprungs ist das Komp. Meltau m. ‚Honigtau,
zuckerhaltige Ausscheidung von Blattläusen,
die sich vom Saft verschiedener Pflanzen er-
nähren‘ (seit dem Frühnhd., belegt bei J. Maa-
ler), das durch die Graphie ohne -h- von der
Pflanzenkrankheit Mehltau unterschieden wird.

Ahd. Wb. 6, 584 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 588. 1003; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 782; Schützeichel⁷ 223; Starck-
Wells 414; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 373 f.;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 269. 461. 945; Seebold,
ChWdW9 853. 1093; Graff 5, 346; Lexer 1, 2141; 3,
Nachtr. 317; Frühnhd. Wb. 9, 2461 f.; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 209 (erugo). 502 (rubigo); Dt. Wb. 12, 1870; Klu-
ge²¹ 473; Kluge²⁵ s. v. Mehltau; Pfeifer, Et. Wb.² 855. –
Marzell [1943–79] 2000: 4, 910. – Schweiz. Id. 1, 6; 13,
2219 ff.; Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. 2, 638; Ochs,
Bad. Wb. 3, 632; Fischer, Schwäb. Wb. 4, 1599 f.; Müller,
Rhein. Wb. 5, 1071; Christmann, Pfälz. Wb. 4, 1271 f.;
Kehrein, Volksspr. u. Wb. von Nassau 280; Maurer-
Mulch, Südhess. Wb. 4, 609; Crecelius, Oberhess. Wb.
592; Berthold, Hessen-nassau. Volkswb. 2, 310; Frings-
Große, Wb. d. obersächs. Mdaa. 3, 190; Mitzka, Schles.
Wb. 2, 879; Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wb. 7, 145 f.
– Wilmanns [1906–30] 1967: 2, § 408, 1 (S. 551).

In den anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
milidau m./n. wa-St. ‚Mehltau, Rost; aerugo
in Gl. 1,524,26 = WaD 77, 18 (11. Jh.), mndd.
mēldouw(e) m. ‚Mehltau‘; ae. mildēaw, mele-
dēaw n./m. ‚Honigtau, Nektar‘, me. mildeu,
meldeu ‚dss.‘, ne. mildew ‚Mehltau, Schim-
mel‘: < urgerm. *meli-đaa- ‚Honigtau‘ (bei ei-
ner Vorform *meliđ-đaa- wären einzelsprach-
lich Spuren der Doppelkonsonanz zu erwarten).
Eine Verbindung mit urgerm. *mela- ‚Mehl‘
kommt für das VG aus lautlichen Gründen nicht
in Frage (Formen mit Wurzelvokal -i- wären
schwer zu erklären), auch eine Ableitung *mel-
a- scheidet aus, da dann Spuren der Gemina-
tion von -l- zu erwarten wären.
Das VG ahd. mili- usw. gehört zu urgerm.
*meliþ- ‚Honig‘, das in got. miliþ n. a-St. ‚Ho-
nig‘ fortgesetzt ist und ohne Dental auch in ae.
milisc adj. ‚süß, mild‘, ahd. milska ‚Honig-
wein‘ (s. d.) erscheint. Da im Westgerm. vor al-
lem Fortsetzer von urgerm. *χunaǥa- (s. honag)
produktiv geworden sind, wurde das VG mili-
nicht mehr verstanden und an anderes Wort-
material (s. o.) angeglichen.
Nndl. meeldauw m. ‚Mehltau‘ sowie im Nord-
germ. ndän. meldug ‚Mehltau, Honigtau‘, n.-
norw. (bm.) meldugg, mjøldugg ‚Mehltau, Mut-
terkornpilz‘ und nschwed. mjöldagg ‚Mehltau‘
sind Lehnübersetzungen aus dem Dt.
Ende des 19. Jh.s wird ne. mildew ins Frz. über-
nommen und erscheint dort als mildiou ‚Fal-
scher Mehltau‘.
Weiteres s. milska.

Kroonen, Et. dict. of Pgm. 363 (s. v. *meliþ-); Tiefen-
bach, As. Handwb. 273; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
208; Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 324; Lasch-Borch-
ling, Mndd. Handwb. 2, 1, 948; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 3, 61; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² Suppl. 108; Vries,
Ndls. et. wb. 433; Et. wb. Ndl. Ke-R 323; Holthausen, Ae.
et. Wb. 218; Bosworth-Toller, AS Dict. 677; eMED s. v.
mildeu n.; eOED s. v. mildew n.; Nielsen, Dansk et. ordb.
282; Ordb. o. d. danske sprog 13, 1241; NOB s. v. mel-
dugg; Svenska akad. ordb. s. v. mjöldagg. – Carr 1939:
101; Casaretto 2004: 435 f.; Ringe 2006: 127.

S. milska, tou.

MK

Information

Band VI, Spalte 419

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemma:
Referenziert in: