mittul n. a-St., in Gl. seit dem 9. Jh.:
‚Weberbaum, Kettfäden?; liciatorium, licium,
pannaida‘ 〈Var.: -ttiwili, -twilli, -twill, -twul,
-ttuli, -tulli, -ttil, -ttel, -til, -thil〉.
Ahd. Wb. 6, 786 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 631; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 794; Schützeichel⁷ 227; Starck-Wells
420; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 420 f.; Seebold,
ChWdW9 592 f.; Graff 2, 707; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
327 (liciatorium).
In den anderen germ. Sprachen entsprechen
as. middil, middul st.n. ‚Weberbaum‘ (daneben
ebenfalls middilbōm st.m. ‚dss.‘).
Ahd. mittul zeigt gegenüber ahd. mittiwilli, mit-
tulli bereits eine jüngere, synkopierte Form und
zudem Übergang vom urspr. ja-St. zum a-St.
Ältere Darstellungen, die das Wort als Ab-
leitung von ahd. mittil ‚in der Mitte befindlich‘
(s. d.) erklären, sind aus lautlichen Gründen zu
verwerfen. Nicht abschließend zu sichern ist,
ob ahd. mittiwilli und mittulli urspr. ein oder
zwei Lexeme waren. In jedem Fall handelt es
sich um ein Komp. mit dem VG ahd. mitti ‚mitt-
lerer‘ (s. d.). Als HG kommt urgerm. *u̯ellii̯a-
als Komp.form zu urgem. *u̯ellō- > ahd. wel-
la ‚Walze, Rolle‘ (s. d.) (als Rückbildung zu
ahd. wellan ‚wälzen, rollen‘ [s. d.]) in Frage.
Der Auslaut des VG mitti wäre dann nach dem
Simplex restituiert worden. Dann können alle
Varianten als Vereinfachungen einer zugrun-
de liegenden Form erklärt werden, was die
ökonomischere Lösung ist. Die urspr. Bedeu-
tung war entweder als Possessivkomp. ‚eine
Walze in der Mitte habend‘ oder wahrschein-
licher als Determinativkomp. ‚die mittlere Wal-
ze, Welle‘.
Ahd. mittuli kann aber auch aus ahd. mitti
(mit synkopiertem Auslaut) und dem Fortset-
zer von urgerm. *u̯ullii̯a- > aisl. yllir m.
‚Schafthalter am Webstuhl, Seitenpfosten des
Webstuhls‘ (urspr. vielleicht ‚der Gerollte, Run-
de‘, ebenfalls zu urgerm. *u̯elle/a- st.v.) kom-
poniert sein.
Seebold, Germ. st. Verben 553 (wella-²); Tiefenbach, As.
Handwb. 272; Vries, Anord. et. Wb.² 677; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 159. 162 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 352; Magnússon, Ísl. Orðsb. 1165 (yllir²). – K.
Lippe, in Bergmann 1987: 2, 1165–1179.
S. mitti adj., wellan.
HB