mûchôn sw.v. II, nur inf. in Gl. 1,162,
9 (Pa, Kb): ‚wegelagern, räubern; grassare‘
〈Var.: -hh-〉. In der älteren und bisweilen auch
in der neueren (wie etwa S. Ziegler, in Ne-
ri-Ziegler 2012: 179. 181) Literatur findet sich
anstelle von mûchôn der auf Graff 2, 655 zu-
rückgehende Ansatz mûhhan, daneben auch
muhhen (so etwa bei Fick 3 [Germ.]⁴ 325); bei-
de Ansätze treffen nicht zu; vgl. dazu Wiss-
mann 1932: 137 Anm. 1. – Mhd. mûchen sw.v.
‚verstecken, verbergen‘ (auch in vermûchen sw.
v. ‚heimlich auf die Seite schaffen und verste-
cken‘), frühnhd. muchen sw.v. ‚sich verstecken,
verbergen‘, nhd. dial. schweiz. mûchen ‚ver-
stohlen umhergehen, in verdächtiger Absicht
umherschleichen, heimlich essen, naschen‘, els.
mucheⁿ ‚Obst in Stroh oder Heu stecken, um die
Reife oder Nachreife zu befördern‘, schwäb.
muchen ‚heimlich sein, versteckt, tückisch han-
deln‘, bair. mauchen ‚verstecken‘.
Dazu stellt sich das im Ahd. unbezeugte Verb
*mûchilôn, eine Ableitung mit dem iterative
Verben bildenden Suffix -ilôn (s. -ilôn, -ilen),
das aus ahd. mûchilri ‚Meuchelmörder‘ (s. d.)
und mûchilswert ‚Dolch‘ (s. d.) erschlossen wird;
dieses Verb ist fortgesetzt in mhd. -miucheln
sw.v. (in vermiucheln ‚heimlich auf die Seite
schaffen und verstecken‘), frühnhd. mäucheln
‚täuschen, betrügen, hinterlistig handeln‘, nhd.
meucheln sw.v. ‚heimtückisch ermorden‘ (zu
weiteren dazugehörigen, vornehmlich nomi-
nalen Bildungen vgl. J. Hubschmid, ZRPh 92
[1976], 44–54).
Ahd. Wb. 6, 820; Splett, Ahd. Wb. 1, 635; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 797; Schützeichel⁷ 228; Starck-Wells 423; Schütz-
eichel, Glossenwortschatz 6, 443; Seebold, ChWdW8
214; Graff 2, 655; Lexer 1, 2211; 3, Nachtr. 181; Früh-
nhd. Wb. 9, 2006 f. 2892 f.; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 293
(grassari); Dt. Wb. 12, 2161 (s. v. meucheln); Kluge²¹
477; Kluge²⁵ s. v. meucheln; Pfeifer, Et. Wb.² 868 (s. v.
meucheln). – DRW 9, 367. 604; Splett 1976: 236. –
Schweiz. Id. 4, 62; Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. 1,
648; Fischer, Schwäb. Wb. 4, 1775; Schmeller, Bayer.
Wb.² 1, 1560.
Die für das ahd. Verb erschlossene Vorform
urgerm. *mūkōi̯e/a- hat keine Entsprechungen
in den anderen germ. Sprachen. Das sw. Verb
ist eine deverbale Ableitung eines in den
germ. Sprachen nicht mehr bezeugten st.v.
**meu̯ke/a-, das von der gedehnten Tiefstufe
gebildet ist.
Verwandte Bildungen liegen in den anderen
germ. Sprachen vor in: mndd. mucken ‚mu-
ckisch sein, den Mund kaum aufmachen und
halblaut murren, murren, aufmucken‘ < ur-
germ. *muki̯e/a-; nndl. muiken ‚sich verber-
gen, motten (vom Feuer), drohen, brüten (vom
Gewitter, von Seuchen, Unruhen)‘: < urgerm.
*mūkii̯e/a- (dazu auch mndd. mucke ‚Anfall
von übler Laune, Tücke, Heimtücke, Grille‘,
mndl. muke, nndl. muik ‚heimlich ersonnener
Plan, heimlich ausgeführte Missetat, Meu-
chelmord‘ < *mūkō-); nndl. mokken ‚unwillig,
ärgerlich sein‘, nwestfries. mokke ‚dss.‘ (vgl.
mhd. mocken ‚versteckt liegen‘): < westgerm.
*mukkōi̯e/a- (mit expressivem [oder aus ur-
germ. *muki̯e/a- > westgerm. *mukki̯e/a- ver-
schlepptem] *-kk-).
Das bei Pokorny 744 angeführte me. micher
‚Dieb‘ (ne. mitcher ‚dss.‘), ne. mich ‚versteckt
sein, stehlen‘ (me. mchen ‚dss.‘) ist dagegen
wohl nicht unmittelbar ererbt, sondern stammt
eher aus anglonorm. muscer, muscier, mucer,
mucier, muscher, afrz. mucier, muchier ‚ver-
stecken, verbergen‘, das aber seinerseits wie-
derum aus dem Germ. übernommen ist (s. u.).
Fick 3 (Germ.)⁴ 325 f.; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 1031; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 130; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 4, 2005; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
438 f.; Suppl. 111; Vries, Ndls. et. wb. 451; Et. wb. Ndl.
Ke-R 371 f.; Fryske wb. 13, 360; eMED s. vv. mchen v.,
mcher n.; eOED s. vv. mitch v., mitcher n. – Wissmann
1932: 137.
Das unbezeugte st. Verb urgerm. *meu̯ke/a-,
vorurgerm. *meu̯g/ĝ-e/o- deutet auf eine Wz.
uridg. *meu̯g/ĝ- ‚heimlich lauern‘. Dazu gehört
wohl auch lat. muger m. ‚der Falschspieler
beim Würfelspiel‘ < uridg. *mug/ĝ-ro-.
Dagegen sind die noch bei Walde-Pokorny 2,
255 angeführten kelt. Entsprechungen, nämlich
„air. formūigthe, formūchthae ‚absonditus‘, for-
mūichdetu ‚occultatio‘“ von der Wz. *meu̯g/ĝ-
zu trennen und vielmehr zu air. múch ‚Feu-
er‘ zu stellen; diese Gruppe führt auf ur-
idg. *(s)meu̯- ‚rauchen‘ zurück (vgl. Mataso-
vić, Et. dict. of Proto-Celt. 281; Vendryes, Lex.
ét. de l’irl. anc. M-69 f.; J. Hubschmid, ZRPh
92 [1976], 41–43).
Die rom. Wörter aitalien. mucciare ‚fliehen‘,
afrz. mucier, nfrz. (veralt.) musser ‚verstecken‘,
awallon. muchier ‚ankleiden‘, wallon. moussî
‚(sich) ankleiden‘ sind nicht aus einem gall.
*mūkyāre ‚verstecken, entweichen‘ entlehnt,
sondern stammen aus andfrk. *mūkjan ‚sich
verbergen‘ (J. Hubschmid, ZRPh 92 [1976],
55–58).
Walde-Pokorny 2, 255; Pokorny 743 f.; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. 2, 118 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 417;
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6327; Meyer-Lübke, Rom.
et. Wb.³ Nr. 5723; Wartburg, Frz. et. Wb. 6, 3, 193 ff. –
H. Zimmer, ZVSp 24 (1879), 210 f.; W. Meyer, ZRPh 11
(1887), 256 f.
S. irmuckazzen.
RS