muoza f. ō-St., in der Sam (1,89,19) und
weiteren Gl., Ps 138, NBo, NMC und Nps:
‚Muße, freie Zeit, Gelegenheit, Möglichkeit,
Freiheit, das Erlaubtsein, Willkür; facultas, fas,
licentia, opportunus, otium, vacuum‘, b muozu
‚langsam, mit Muße; leniter, otio‘, oba muozôm
‚über längere Zeit; paulatim‘, muoza lâzan ‚Ge-
legenheit lassen‘, muoza sîn ‚möglich sein, li-
cet; belieben, gefallen, libet‘, muoza sîn / wesan
‚erlaubt sein, vergönnt sein; fas esse, licet‘
〈Var.: -ua-, --, -ue-; -zz-〉. Der Langvokal ō in
Gl. 4,338,28 mozza (10. Jh., alem.) weist auf
eine frühe Überlieferungsschicht (vgl. Ertmer
1994: 209). – Mhd. muoze st./sw.f. ‚freie Zeit,
Muße, Bequemlichkeit, Untätigkeit‘, zuo unser
muozen ‚wie es uns bequem ist, wie es uns
passt‘, muoze und trâcheit wirt dicke in alter
leit ‚Muße und Trägheit bewirken, dass alte
Leute dick werden‘, nhd. Muße f. ‚freie Zeit
und Ruhe, etw. zu tun, was den eigenen In-
teressen entspricht‘.
Ahd. Wb. 6, 900 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 644; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 804; Schützeichel⁷ 230; Starck-Wells 426;
Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 469 f.; Bergmann-Stri-
cker, Katalog Nr. 393. 895; Seebold, ChWdW9 604; Graff
2, 907 f.; Lexer 1, 2249; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 256 (fas).
375 (licentia); Dt. Wb. 12, 2771 ff.; Kluge²¹ 496; Kluge²⁵
s. v. Muße; Pfeifer, Et. Wb.² 902. – Findebuch 1992: 252.
Entsprechungen gibt es nur im Westgerm.: as.
mōta f. ō-St. ‚Muße; otium‘ in Gl. 2,582,12 =
WaD 96, 16 (10. Jh.), mndd. mōte f. ‚freie Zeit,
Bequemlichkeit, Muße, Aufschub‘, mit gōder
mōte ‚in aller Ruhe‘, nicht in mōte sīn ‚be-
schäftigt sein, keine Zeit haben‘; frühmndl.
moete f. ‚Pause, Rast, Unterbrechung der Tä-
tigkeit‘, moete ende stede hebben ‚einen pas-
senden Platz und Gelegenheit haben‘, met
(goeder) moete(n) ‚ruhig, still‘ (a. 1275/1276),
mndl. moete f. ‚freie Zeit, Zeit, passende Ge-
legenheit‘, met / bi (goeder) moete(n) ‚mit einer
guten Gelegenheit, ruhig‘: < westgerm. *mōt-
ō-. Das Subst. ist vom Verbalst. des Prät.-Präs.
muozan (s. d.) abgeleitet und bezeichnet eigtl.
einen ‚Zustand, der jmdn. die Möglichkeit bie-
tet, etw. zu tun (was nicht harte Arbeit ist)‘.
Ahd. muozi n. (s. d.) setzt hingegen einen ja-St.
fort: < westgerm. *mōt-ii̯a-. Hierher gehörig ist
auch mit dem Fortsetzer des Suff. urgerm. *-iþa-
abgeleitetes ae. ǣmetta m. ‚Muße, Ruhe‘, das
mit Kürzung des langen Mittelvokals (vgl.
Brunner 1965: § 162) und Schwund des Suff.vo-
kals -i- (ders., § 158) mit anschließendem Wan-
del von *-tþ- > -tt- (ders., § 201, 4b) auf west-
germ. *ā-mēt-iþa zurückgeht. In späterer Zeit
erfolgt Kürzung der Doppelkonsonanz (ders.,
§§ 231, 4. 403 Anm.) und Schwund der unbe-
tonten, nun kurzen Mittelsilbe (ders., § 161):
ǣmta m. ‚dss.‘, me. empti ‚leerer Platz, Lücke‘
(mit epenthetischem -p- zwischen Nasal und Ob-
struent).
Fick 3 (Germ.)⁴ 323; Seebold, Germ. st. Verben 354; Tie-
fenbach, As. Handwb. 280; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
209; Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 105; Lasch-Borch-
ling, Mndd. Handwb. 2, 1, 1027; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 3, 126; 6, 220; VMNW s. v. moete; Verwijs-Verdam,
Mndl. wb. 4, 1822 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 437
(s. v. moeten); Vries, Ndls. et. wb. 450 (s. v. moeten);
Holthausen, Ae. et. Wb. 11; Bosworth-Toller, AS Dict.
16; Suppl. 16; Suppl. 2, 2; Klein, Compr. et. dict. of the
Engl. lang. 2, 516; eOED s. v. empty adj. and n. – Walde-
Pokorny 2, 260; Pokorny 706.
S. muozan.
MK