murg
Band VI, Spalte 681
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murg adj., Hapaxlegomenon, in NBo in
dem Ausdruck murga wîla werenti ‚kurz; mu-
tabilis‘. – Mhd. murc ‚morsch, faul, morastig‘
ist wohl von ahd. murg aufgrund der stark
abweichenden Bed. zu trennen. Zugehörig ist
vielleicht ält. nhd. murk ‚kurz, wie ein Stumpf‘.
Im ält. Nhd. und dial. gehören hierzu wohl
weiter murk ‚Brocken, abgebrochenes Stück,
zurückgebliebener Mensch‘ und die denomi-
nalen Verben murkeln, murken ‚ungleichmä-
ßige Stücke abschneiden‘, murksen ‚schlecht
und wiederholt schneiden, nicht sorgfältig ar-
beiten, pfuschen‘ und als Rückbildung aus
dem Verb Murks m. ‚kleiner, unansehnlicher
Mensch, Pfusch‘ (Dt. Wb. 12, 2716 f.).

Ahd. Wb. 6, 917 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 646; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 805; Schützeichel⁷ 230; Graff 2, 851 f.; Lexer
1, 2250; 3, Nachtr. 325; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 420
(mutabilis); Dt. Wb. 12, 2716 f.

In den anderen germ. Sprachen gibt es keine
genauen Entsprechungen. Ahd. murg setzt ur-
germ. *murǥ-u- fort.
Daneben existiert ein wohl zugehöriger, wenn-
gleich in der Bed. abweichender Stamm ur-
germ. *murǥ-ia- > ae. mirige, myr(i)ge, mer-
ge, murge ‚lustig, erheiternd, kurzweilig‘, me.
mirī(e), mirri, mirrẹ̄, muri(e), merri, merẹ̄, me-
rei etc. ‚freudig, fröhlich, erfreut, glücklich‘,
ne. merry ‚angenehm, nett, freudig, erfreut‘,
mndl. mergelijc adv. ‚angenehm‘, zu dem
auch weitere nominale Ableitungen existieren.
Denominal zu urgerm. *murǥ-u- gebildet ist
got. gamaúrgjan sw.v. I ‚kürzen; κολοβοῦν,
συντέμνειν‘.

Fick 3 (Germ.)⁴ 311; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 377 f.;
Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 416 f.; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 229; Bosworth-Toller, AS Dict. 689;
eMED s. v. miri(e); Klein, Compr. et. dict. of the Engl.
lang. 2, 967; eOED s. v. merry adj.; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1, 733 f. (s. v. morken); Feist, Vgl. Wb. d. got.
Spr. 193; Lehmann, Gothic Et. Dict. G-44.

Urgerm. *murǥ-u- beruht mit Verallgemeine-
rung des sw. Stamms auf einem ablautenden,
zunächst proterodynamischen Paradigma uridg.
nom. *mréĝh-u-s, gen. *mĝh-é-s → *mĝh-
-ós.
Das Adj. wird in seiner sw. Stammform fort-
gesetzt in jav. KVG mərəzu- ‚kurz‘, sogd. mur-
zak ‚dss.‘, ai. múhur adv. ‚plötzlich‘ (mit volks-
sprachlicher Entwicklung *mhu- > múhu-), gr.
βραχύς ‚kurz‘. Die Vollstufe hat noch lat. brevis
‚dss.‘ (> italien. breve, frz. bref, prov., katal.
breu, span., port. breve) mit Verallgemeinerung
der i-stämmigen Flexion, ausgehend vom fem.
*mréĝh--ih₂-, bewahrt. Lat. brevis und gr.
βραχύς zeigen den lautgesetzlichen Wandel
uridg. *mrV- > brV-. Möglich ist die Zuge-
hörigkeit von südpik. dat.pl.f. brímeidinais, das
vielleicht einen Zeitraum o. Ä. bezeichnet und
im VG *brēmo- (< urit. *mréĝhsmo- o. ä.) als
Sup. zum südpik. Pendant von lat. brevis ent-
hält.
Das substantivierte Adj. mlat. breve bzw. in
vulg.lat. Form /brēve/ ‚kurze Mitteilung, Brief‘
wurde früh ins Vorahd. entlehnt und ergab ahd.
briaf (s. d.).

Die bisweilen in älteren Etymologika (z. B. Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 732 f. s. v. morken) zu fin-
dende Zusammenstellung von murg- mit ai. marká-
‚Hinsterben, Tod‘ zur Wz. ai. marc- ‚zerstören‘ etc. (<
uridg. *mork-ó-; vgl. Mayrhofer, KEWA 2, 593 f.; ders.,
EWAia 2, 323 f.), lat. marcēre ‚welk, schlaff sein‘ (vgl.
de Vaan, Et. dict. of Lat. 364 f.), wozu dann urgerm.
*murǥ-u- < *mk-ú- gestellt werden könnte, ist zwar
lautlich möglich, überzeugt aber nicht in semantischer
Hinsicht.

Walde-Pokorny 2, 314; Pokorny 750 f.; NIL 497 ff.;
Mayrhofer, KEWA 2, 661; ders., EWAia 2, 364 f.; Bar-
tholomae, Airan. Wb.² 1174; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 264;
Chantraine, Dict. ét. gr.² 184; Beekes, Et. dict. of Gr. 1,
236; Untermann, Wb. d. Osk.-Umbr. 152; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. 1, 115 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴
75 f.; de Vaan, Et. dict. of Lat. 75; Thes. ling. lat. 2,
2172 ff.; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 1, 139 f.; Du Cange²
1, 744 f.; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 1567; Meyer-Lüb-
ke, Rom. et. Wb.³ Nr. 1291; Wartburg, Frz. et. Wb. 1, 520.

HB

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