mutti
Band VI, Spalte 718
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mutti m./n. ja-St., ab dem letzten Vier-
tel des 8. Jh.s im Abr und weiteren Gl., im
T, bei O und in NCat: ‚großes (Maß-)Gefäß,
Krug, Eimer, Kübel, Scheffel (Getreidemaß);
amphora, cadus, chorus, metreta, modius, sa-
tumVar.: -i-, -ů-, -uu-; -dd-; -e, -ea. Das
Wort ist aus rom. *modu < lat. modius m.
‚Scheffel‘ entlehnt (s. u.). – Mhd. müt(te), mut(te)
st.n., st./sw.m. ‚Scheffel, ein Getreidemaß‘,
veraltet nhd. Mutt, auch Mütt m./n. ‚Scheffel,
ein Getreidemaß (regional verschiedener Grö-
ße)‘, daneben auch regional schweiz. mutte f.
‚weites Holzgefäß, um die Milch zum Rahmen
darin stehen zu lassen‘. Dial. ist das Wort noch
belegt, aber gilt auch dort meist schon als ver-
altet; vgl. bair. mutt m., auch f./n. ‚Scheffel, ein
Maß für Getreide‘, schweiz. mutt, mütt m. ‚al-
tes Hohlmaß für Getreide, Hülsenfrüchte‘, bad.
mutt ‚ein Trockenmaß‘, schwäb. mutt m., els.
mutt ‚ein altes Fruchtmaß‘, vorarlb., tirol. mutt
‚altes Hohlmaß‘, pfälz. mutte, mütte f. ‚ein
Hohlmaß‘, südhess. mutt ‚ein veraltetes Getrei-
demaß‘, nassau. mütte ‚veraltendes Hohlmaß
für Getreide und Erbsen‘, rhein. müdde f., myt
n. ‚Scheffel‘, westf. mütte, müdde n. ‚Frucht-
maß von vier Scheffel‘.

Ahd. Wb. 6, 934 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 648; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 807; Schützeichel⁷ 231; Starck-Wells
428; Schützeichel, Glossenwortschatz 6, 485 f.; Seebold,
ChWdW8 216; ders., ChWdW9 606. 1095; Graff 2, 700
(s. vv. mutti, mutte); Lexer 1, 2260; 3, Nachtr. 325; Die-
fenbach, Gl. lat.-germ. 364 (modium, modius). 514 (sa-
tum); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 409 (modius); Dt. Wb. 12,
2803 f.; Kluge²¹ 497; Kluge²⁵ s. v. Mutt. – Schweiz. Id. 4,
574; Stalder, Versuch eines schweiz. Id. 2, 226; Martin-
Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. 1, 738; Ochs, Bad. Wb. 4,
1847 f.; Fischer, Schwäb. Wb. 4, 1847 f.; Jutz, Vorarl-
berg. Wb. 2, 480; Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1694;
Schöpf, Tirol. Id. 453; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 2, 440;
Müller, Rhein. Wb. 5, 1345; Christmann, Pfälz. Wb. 4,
1488; Maurer-Mulch, Südhess. Wb. 4, 842; Berthold,
Hessen-nassau. Volkswb. 2, 401; Woeste, Wb. d. westf.
Mda. 178.

In die anderen westgerm. Sprachen wurde das
mlat. Wort ebenfalls entlehnt oder die Ent-
lehnung dorthin vermittelt: as. muddi n. ‚Mütte,
Scheffel‘, mndd. müdde n./f. ‚Mütt, Trocken-
maß für Getreide oder Salz‘; andfrk. muddi n.
‚ein Hohlmaß‘, frühmndl., mndl. mudde f./n.
‚dss.‘, nndl. mud ‚ein Hohlmaß für trockene
Waren, 100 l‘; afries. mod n. (?) ‚Scheffel‘,
nwestfries. mud, mudde ‚ein Hohlmaß‘; ae.
mydd n. ‚Scheffel‘.

Tiefenbach, As. Handwb. 280; Wadstein, Kl. as. Spr.-
denkm. 209; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1,
1030; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 130; ONW s. v.
muddi; VMNW s. v. mudde; Verwijs-Verdam, Mndl. wb.
4, 1999; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 445; Vries, Ndls.
et. wb. 457; Et. wb. Ndl. Ke-R 388 f.; Hofmann-Popke-
ma, Afries. Wb. 332; Fryske wb. 13, 400; 14, 1; Dijkstra,
Friesch Wb. 2, 180; Holthausen, Ae. et. Wb. 228; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 703.

Das ahd. Wort ist aus dem Fortsetzer von
(m)lat. mŏdius m., mŏdium n. ‚Scheffel, Tro-
ckenmaß von ca. 8, 75 l; ein Flächenmaß‘, rom.
*modiu > *modu entlehnt. Die Übernahme ist
so früh erfolgt, dass das *-- noch die westgerm.
Kons.gemination zu *moddu bewirken konnte,
bevor dann die Geminate in der zweiten Laut-
verschiebung zu -tt- wurde. Zudem bewirkte
das *-- auch noch regional den Umlaut des
wz.haften *-u- > -ü-. Die vorangehende He-
bung von *-o- > *-u- beruht wohl auf Laut-
ersatz des vulg.lat./frührom. *-o- durch west-
germ. *-u- zu einer Zeit, als das Westgerm.
noch kein eigenes Phonem /o/ (etwa durch
Senkung von urgerm. *-u- durch ein *-a- der
Folgesilbe) entwickelt hatte. Mithin dürfte die
Entlehnung keinesfalls später als im 3. Jh. n.
Chr. erfolgt sein.
Lat. mŏdius ‚ein Hohlmaß‘ lebt in den rom.
Sprachen fort; vgl. italien. moggio, log. moyu
(auch ‚Bienenstock‘), engad. möz, frz. muid,
prov. muei, span. moyo, port. moio. Neben frz.
muid begegnet auch frz. mouet ‚in den Salinen
gebräuchliches Hohlmaß‘ und afrz. a moi ‚in
Menge‘. Im Gallorom. besteht zusätzlich die
Bed. ‚Fläche, die man mit einem Scheffel
Getreide besäen kann‘.
Aus dem Frz. sind mbret. meuy, mu ‚ein
Hohlmaß‘, nbret. buñs ‚dss.‘ entlehnt. Aus dem
Lat. ist alb. muz m. ‚ein Kornmaß‘ übernom-
men.

Walde-Pokorny 2, 259 f.; Pokorny 705 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. 2, 99 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴
408 f.; de Vaan, Et. dict. of Lat. 384 f.; Thes. ling. lat. 8,
1240 ff.; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 911; Du Cange² 5,
434; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6241; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 5629; Wartburg, Frz. et. Wb. 6, 3,
12 ff.; Orel, Alb. et. dict. 281; Deshayes, Dict. ét. du bret.
146. 526.

HB

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