nâhn
Band VI, Spalte 789
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nâhn adv., seit Anfang des 9. Jh.s in
Gl.: ‚vor kurzem, kürzlich, unverzüglich, in na-
her Zeit; noviter, nuper, protinus, recens‘,
nâhn ‚gerade eben, erst vor kurzem; nuper,
proxime‘, fona nâhn ‚aus der Nähe; e vicino
(mhd. nâhen adv. ist aus nâhene gekürzt [s.
nâhana]; vgl. ae. nēan adv. ‚aus der Nähe, nahe,
fast, beinahe‘). Erstarrter sw. Akk.Sg.f. (vgl.
Braune-Reiffenstein 2004: § 269, 3). Weiteres s.
nâh adj. – nâhunga f. ō-St., nur Npw: ‚Nähe‘
(ält. nhd. nahung f. ‚das Nahen, Annäherung‘
[Dt. Wb. 13, 320]; vgl. mhd. næhunge st.f. ‚An-
näherung‘, ält. nhd. nähung f. ‚dss.‘ [Dt. Wb.
13, 320]). Verbalabstraktum mit dem Fortsetzer
des Suffixes urgerm. *-unǥō-. S. nâhen, -unga.
nâhnt adv., Gl. 1,285,29 (frühes 9. Jh., ale-
m.[-frk.]); 2,102,62 (10./11. Jh., bair.): ‚vor kur-
zem, kürzlich; nuper‘, nû nâhunt ‚erst vor kur-
zem; nuper‘ (mhd. nâhent adv. ‚beinahe‘, ält.
nhd. nahend, nahent adv. [auch adj.] ‚in der
Nähe‘ [Dt. Wb. 13, 294 ff.], nhd. mdartl. bair.
nâhend, nâhet adv. ‚nahe, beinahe, wahrschein-
lich‘ [Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1735 f.], kärnt.
nûch·nt adv. ‚nahe‘ [Lexer, Kärnt. Wb. 195], ti-
rol. nåch’nt adv./adj. ‚nahe, beinahe‘ [Schöpf,
Tirol. Id. 455; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 2,
443]). Für die Bildeweise des ahd. Adv. wurden
zwei Möglichkeiten in Betracht gezogen: Ent-
weder ist an das Adv. nâhn (s.o.) ein unety-
mologisches -t angefügt worden (vgl. mhd. wî-
len neben wîlent adv. ‚vormals, längst‘) oder
das Adv. nâhnt ist eine Bildung wie aisl. nánd
f. ‚Nähe‘, got. neƕundi* f. ‚dss.‘ < urgerm.
*nēχ-und-ī- (so Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
373), das wegen got. neƕundja m. jan-St. ‚der
Nächste‘ vorauszusetzen ist. Da Parallelen für
eine Verwendung des Sekundärformans uridg.
*-nt-/-t- zur Ableitung von Adverbien aus Adj.
fehlen, ist die Annahme eines epenthetischen -t
wahrscheinlicher. S. nâhn. – nâhwentîg adj.,
Gl. 2,254,17 (Anfang des 13. Jh.s). 17/18 (12.
oder 13. Jh.): ‚nahe, benachbart; propinquus
(mhd. nâchwendec, nâchwendic adj. ‚dss.‘,
frühnhd. nachwendig adj. ‚nahe, nachfol-
gend‘ [Dt. Wb. 13, 231], nhd. mdartl. schweiz.
nāchwändig adj. ‚nahe, nahestehend, ver-
wandt‘, nachwändigs adv. ‚hinterher, nachträg-
lich‘ [Schweiz. Id. 16, 450 f.], bad. nachwendig
adv. ‚nahezu‘ [Ochs, Bad. Wb. 4, 17], schwäb.
nachwendig †adj. ‚nahe‘, adv. ‚beinahe, beiläu-
fig‘ [Fischer, Schwäb. Wb. 4, 1917], ält. bair.
nâchwendig adj. ‚nahe, nahestehend‘ [Schmel-
ler, Bayer. Wb.² 2, 945 f.], siebenbürg.-sächs.
nachwendig adv. ‚nachher, nachfolgend, zu-
dem‘ [Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wb. 8, 37];
mndd. nāwendich adj. ‚nahe verwandt?‘). Ab-
leitungskomp. mit dem Fortsetzer des Suff. ur-
germ. *-ǥa-. S. nâh präf., wenten, -îg. – nâh-
wentgheit
f. i-St., nur Gl. 1,433,9 (12. Jh.):
‚Verwandtschaft; affinitas‘ (mhd. nâchwendec-
heit st.f. ‚Nähe‘, schwäb. †Nachwendigkeit f.
‚Verwandtschaft‘ [Fischer, Schwäb. Wb. 4,
1917]). S. nâhwentîg, heit. – nâhwert f. īn-
St., NBo und NMC: ‚Nähe; confinium‘, fona
(sc. gotes) nâhwert ‚durch die Nähe (zu
Gott); propinquus (primae divinitati)‘. Ablei-
tung zu einem nicht belegten Adj. *nâhwertîg
(vgl. widarwertîg ‚entgegengesetzt, widerwär-
tig‘ : widarwert f. īn-St. ‚Entgegengesetzt-
sein, Widerwärtigkeit‘). – nâhwist f. i-St., bei
O: ‚Nähe, Anwesenheit, Gegenwart‘ (mhd.
nâchwist st.f. ‚Nahesein, Nähe‘; ae. nēahwist,
nēahwest f./m. ‚Nähe, Nachbarschaft, Mitglied-
schaft‘; aisl. návist, návista f. ‚Nahesein, An-
wesenheit, Gegenwart‘). S. nâh, wist. – Ahd.
Wb.
6, 1029 ff.
; Splett, Ahd. Wb. 1, 652. 653.
1110. 1112. 1134. 1135; Köbler, Wb. d. ahd. Spr.
813; Schützeichel⁷ 233; Starck-Wells 431. 827;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 24 f.

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