neigen sw.v. I, im Abr (1,221,13 [Kb,
Ra]); 2,178,10 (Anfang des 9. Jh.s, bair.) und
weiteren Gl., I, MF, B, GB, Nps, Npw, WH:
‚neigen, biegen, abwenden, jmdn. abbringen
(von), unterwerfen; declinare, inclinare, incur-
vare, subicere, subiugare, vergere‘, part.präs.
neigenti ‚(durch Belagerung) unterwerfend; ob-
sidione‘ (vgl. Splett 1976: 317. 483), part.prät.
gineigit ‚schräg; obliquus, proclivus‘ (mhd. nei-
gen sw.v. ‚neigen, senken, erniedrigen, wen-
den, zuwenden‘, refl. ‚sich neigen, sich vernei-
gen‘, einem mit dem tôde neigen ‚töten‘, nhd.
neigen sw.v. ‚in eine schräge Lage bringen,
nach unten beugen, schräg abfallen, leicht ab-
schüssig sein, zu Ende gehen, einen Hang zu
etw. haben, im Denken und Handeln eine be-
stimmte Richtung einschlagen‘; mndd. nēigen
sw.v. tr. ‚niederbeugen, senken, jmdn. gefügig
machen‘, refl. ‚sich neigen, nachgeben, sich bü-
cken‘, sik nēigen van ‚sich abwenden von‘, intr.
‚sich verneigen‘; andfrk. nēgen sw.v. tr. ‚nei-
gen‘, refl. ‚sich niederbeugen, sich verbeugen‘
[WPs, LeidW], frühmndl. neighen sw.v. ‚bie-
gen, beugen‘, mndl. neigen, negen sw.v. ‚beu-
gen, sich niederbeugen‘; ae. hnǣgan sw.v.
‚neigen, beugen, erniedrigen, besiegen‘; aisl.
hneigja sw.v. ‚neigen, beugen‘; got. hnaiwjan*
‚erniedrigen‘: < urgerm. *χnai̯ǥu̯-ei̯e/a-). Kau-
sativbildung (vgl. Riecke 1996: 538 f.; nach
Seebold, Germ. st. Verben 266 könnte es sich
auch um ein Denominativ zum Adj. urgerm.
*χnai̯ǥu̯-a- handeln, ähnlich für das Got. García
García 2005: 14. 69 f.). S. nîgan. – ananeigen
Gl. 1,303,25 (13. Jh.): ‚sich anlehnen; inniti‘
(mhd. ane neigen ‚anlehnen‘, frühnhd. annei-
gen ‚etw. hinlehnen, zur Ruhe hinsinken‘, an-
geneigte rede ‚übliche Ausdrucksweise‘, ält.
nhd. anneigen ‚anlehnen‘ [Dt. Wb. 1, 418; Dt.
Wb.² 2, 1213]; got. anahnaiwjan* ‚niederle-
gen‘). – gineigen seit Anfang des 9. Jh.s in Gl.,
in APs, B, GB und Npw: ‚neigen, biegen,
beugen, niederziehen; declinare, deducere, in-
clinare, incurvare‘, herza gineigen ‚sich einer
Sache zuwenden; inclinare cor‘, ôra ginei-
gen ‚jmdm. Gehör schenken; inclinare aurem‘
(mhd. geneigen ‚neigen, beugen‘, jmdn. ge-
neigen ‚jmdn. niederwerfen, zu Fall bringen‘,
frühnhd. geneigen ‚etw. neigen, hinwenden zu
jmdn./etw., sich hinneigen‘, ält. nhd. geneigen
‚geneigt sein, Neigung bezeigen‘ [Dt. Wb. 3,
3363]; as. gihnēgian ‚sich neigen, zu Ende
gehen; inclinare, vergere‘ u. a. im Hel, Gl. 2,
351,4 = WaD 67, 26/27 [wohl 11. Jh.], mndd.
genēigen ‚geneigt machen‘, sik genēigen ‚sich
beugen, sich unterwerfen‘; frühmndl. part.prät.
gheneighet ‚geneigt‘, mndl. geneigen ‚nieder-
beugen, sich niederbeugen‘; ae. gehnǣgan ‚sich
niederbeugen, erniedrigen, unterdrücken‘; got.
gahnaiwjan ‚erniedrigen‘). – inneigen Gl. 1,
294,58 (Anfang des 9. Jh.s, alem.[-frk.]). 519,5
(in 6 Hss., 10. bis 12. Jh., alle bair.); 2,267,14
(in 3 Hss., 10./11. Jh. bis 3. Viertel des 11. Jh.s,
alle bair.): ‚nach unten beugen, niederdrücken;
deponere, incurvare, vergere‘ (in and. Bed.
mhd. în neigen ‚wegtun‘; mndd. innēigen ‚sich
neigen‘; mndl. inneigen ‚überhängen, sich nei-
gen‘). – intneigen Gl. 2,662,54 (11. Jh., bair.)
und Npw: ‚sich neigen, zu Ende gehen; decli-
nare, devexare‘ (ält. nhd. entneigen ‚entfrem-
den‘ [Dt. Wb. 3, 575]). – nidarneigen im T, bei
O, in NBo: ‚krümmen, sich bücken, sich zur
Erde niederbeugen; se deorsum inclinare‘, part.
prät. nidargineigit ‚gebeugt; declivis, inclina-
tus‘ (mhd. nider neigen ‚sich niederbeugen‘,
sih nider neigen ‚demütigen‘, nhd. nieder-
neigen ‚sich niederbeugen, abwärts neigen‘;
mndd. nēdernēigen ‚niederbeugen, zuneigen‘;
mndl. nederneigen ‚niederbeugen‘). – Ahd. Wb.
6, 1093 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 668 f.; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 36. 423. 594. 817. 823; Schützeichel⁷
234; Starck-Wells 433 f.; Schützeichel, Glossen-
wortschatz 7, 43 f.