nestila
Band VI, Spalte 912
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

nestila f. ō(n)-St., im Abr (1,210,26
[Kb, Ra]) und zahlreichen weiteren Gl.: ‚Binde,
Kopfbinde, Stirnband, Strumpfband, Spange,
Borte, Strick, Schnur, Band, Schlaufe, Schleife;
ansa, ansula, fascia, fasciola, fibula, funiculus,
instita, licium, limbus, mitra, nastula, perisce-
lida [= periscelis], redimiculum, spira, taenia,
taeniola, vitta, zinkia [lingua ignota, Hildeg.]‘,
kleiniu nestila ‚kleine Schnur; lanistrum [=
lanistum]‘ Var.: -tel-, -tal-, -tl-. – Mhd. nes-
tel st.f. ‚Bandschleife, Schnürriemen, Binde‘,
nhd. mdartl. schweiz. nestel m. ‚Schnürband,
Schnürsenkel, Zierband, Hautverletzung bei
Rindern, die vom Kampf mit den Hörnern
herrühren‘, els. nestel m. ‚Schnürriemen, bes.
für das Mieder und Schuhzeug‘, bad. nestel
m./(n.) ‚Schuhband am Schnürsenkel, Spann-
schnur an der Reuse, Vorschnur an der Angel‘,
schwäb. nestel m./(f.) ‚schmales Band oder
Riemchen zum Schnüren des Mieders, der
Schuhe‘, vorarlb. nestel m./n. ‚Band oder
schmaler Riemen zum Schnüren der Schuhe,
des Mieders‘, bair. nestel f., auch m./n. ‚Senkel,
Riemen, schmales Band‘, kärnt. nést‧l f.
‚Riemen, Band‘, tirol. nèstel n. ‚Riemen, Band
zum Schnüren‘, steir. nestel f. ‚Schnur oder
Riemen, der an einem Ende mit einem Stift zum
Durchstecken versehen ist‘, lothr. nestel f.
‚Schnürriemen, bes. für Schuhzeug‘, rhein. nes-
tel f. ‚Schnürriemen aus Zwirn, Hundehals-
band‘, übertr. ‚Striemen infolge einer Züch-
tigung‘, pfälz. nestel m./f./n. ‚Schuhriemen,
Schnürsenkel‘, südhess. nestel f. ‚Schnürsen-
kel, mit Draht eingefasstes Ende des Schnür-
riemens‘, pl. ‚Ösen der Schnürschuhe, durch
die der Schnürriemen gezogen wird‘, hess.-
nassau. nur pl. nesteln ‚Löcher der Schnür-
schuhe, durch die die Riemen gezogen werden‘,
thür. nestel m./f. ‚Schließhäkchen am Kleid,
Schnürsenkel‘, märk. im Komp. nestel-noalde
f. ‚fingerbreite Nadel zum Zusammenstecken
des Haarknotens‘, mittelelb. im Komp. nestel-
nātel f. ‚Nadel zum Feststecken des Haarkno-
tens am Hinterkopf der Frau‘, schles. in der Ab-
leitung nestler m. ‚Verfertiger von Schnürsen-
keln‘, siebenbürg.-sächs. nestel m./n. ‚Schnur,
Band, Riemen‘, schlesw.-holst. im Komp. nes-
tel-piep f. Bezeichnung für die Metallklammern
an den Enden von Schnürlitzen, meckl. im
Komp. nestel-nadel f. ‚Packnadel, die man sich
beim Schweineschlachten aus dem kleinsten
Knochen des Eisbeins anfertigt, indem man ein
Loch durchbohrt und ihn anspitzt‘.

Ahd. Wb. 6, 1186 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 659; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 819; Schützeichel⁷ 236; Starck-Wells
436. XLV. 827; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 64 ff.;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 253. 298 (I); Seebold,
ChWdW8 219; ders., ChWdW9 614. 1029. 1096; Graff 2,
1108; Lexer 2, 59; 3, Nachtr. 330; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 37 (ansula). 375 (nastula). 426 (perichelis). 577
(tena, teniola); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 345 (instita);
Dt. Wb. 13, 626 ff.; Kluge²¹ 508; Kluge²⁵ s. v. Nestel;
Pfeifer, Et. Wb.² 920 (s. v. nesteln). – Heyne 1899–1908:
3, 344. – Schweiz. Id. 4, 841 f.; Martin-Lienhart, Wb.
d. els. Mdaa. 1, 791; Ochs, Bad. Wb. 4, 54; Fischer,
Schwäb. Wb. 4, 2000 f.; 6, 2 Nachtr. 2676; Jutz, Vorarl-
berg. Wb. 2, 535; Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1767; Lexer,
Kärnt. Wb. 197; Schöpf, Tirol. Id. 466; Schatz, Wb. d.
tirol. Mdaa. 2, 449; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 475;
Follmann, Wb. d. dt.-lothr. Mdaa. 1, 382; Müller, Rhein.
Wb. 6, 158; Christmann, Pfälz. Wb. 5, 115; Maurer-
Mulch, Südhess. Wb. 4, 962; Berthold, Hessen-nassau.
Volkswb. 2, 448; Spangenberg, Thür. Wb. 4, 855; Bret-
schneider, Brandenb.-berlin. Wb. 3, 424; Kettmann, Mit-
telelb. Wb. 2, 1182; Mitzka, Schles. Wb. 2, 927; Schul-
lerus, Siebenbürg.-sächs. Wb. 8, 94; Mensing, Schleswig-
holst. Wb. 3, 786; Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. 5, 90.

In weiteren westgerm. Sprachen entsprechen:
as. nestila f. ō(n)-St. ‚Binde; taenia‘ in Gl. 2,
717,36. 725,30 = WaD 114, 35 (beide 10. Jh.),
mndd. nestel f. ‚Schnur, schmales Band‘; and.-
frk. *nestila, das aufgrund rom. Lehnwörter zu
erschließen ist (s. u.), mndl. nestel m. ‚Riemen,
Schnur zum Befestigen‘, nndl. nestel ‚gefloch-
tene Schnur als Abzeichen, Schnürsenkel‘;
afries. nestla, nesla m.? ‚Nestel, Binde‘: < west-
germ./urgerm. *nast-ilōn-/a-, eine Ableitung mit
dem Suffix *-ila-/ō- in diminutiver Funktion
von urgerm. *nasta-/(-ō-) (s. nasteid). Die Ab-
leitungsbasis *nasta- ist einzelsprachlich nur
relikthaft fortgesetzt.
Die Diminutivbildung aisl. nistill m. ‚Heft-
nadel‘ (in der Kenning nistill silkitreyja ‚Heft-
nadel der Seidenjacke [Durchbohrer des Ge-
wandes]‘; vgl. Th. Möbius, ZDPh 3 [1871],
229) ist von aisl. nest f. ‚Nadel, Spange‘ < ur-
germ. *nast-iō- abgeleitet.
Mit anderer Ablautstufe ist ae. nostle, (mit Ver-
lust von t zwischen s + Kons.) nosle f. ‚Riem-
chen, Band‘ gebildet, dem bis auf das Genus
as./mndd. nustil m./n. a-St. ‚Spange, Fibel; fi-
bula‘ in Gl. 3,722,39 (2. Hälfte des 12. Jh.s) <
westgerm. *nustila-/ō- entspricht, das von ahd.
nusta f. ō(n)-St. ‚Schlaufe, Schlinge‘ (s. d.) ab-
geleitet ist. Ae. nos(t)le ist fortgesetzt in me.
nostil, nostille, nostul, nostle ‚Schlaufe [am
Zaumzeug], Schnur‘ und ne. (südwestengl.) nor-
sel ‚kurzes Band zum Befestigen des Fisch-
netzes oder des Angelhakens‘ (mit epenthe-
tischem -r-; vgl. ne. dial. kha[r]ki, go[r]sh,
wa[r]sh; Wells 1982: 343; B. Gick, Phonology
16 [1999], 32 f.). Zu weiteren verwandten Wör-
tern, insbesondere im Nordgerm., die nicht mit
dem Diminutivsuffix *-ila-/ō- abgeleitet sind,
s. nasteid.

Agutn. nestli, ält. nschwed. nästel ‚Band‘ sind wohl aus
dem Dt. entlehnt (Svenska akad. ordb. s. v. nästel subst.).

Fick 3 (Germ.)⁴ 296; Tiefenbach, As. Handwb. 288;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 211; Bergmann-Stricker,
Katalog Nr. 49. 721; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 1093; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 178; ONW
s. v. nestilo; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 4, 2359 f.;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 456; Suppl. 115; Vries, Ndls.
et. wb. 468; Et. wb. Ndl. Ke-R 417; Hofmann-Popkema,
Afries. Wb. 350; Richthofen, Afries. Wb. 948; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 238; Bosworth-Toller, AS Dict. 726;
Suppl. 655; eMED s. v. nostil(le) n.; eOED s. v. norsel n.;
Vries, Anord. et. Wb.² 408 (s. v. nest¹); Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 690 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 209
(nesta¹). 210 (nisti¹); Magnússon, Ísl. Orðsb. 669; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 763; Svenska akad. ordb. s. v.
nästel subst. – Campbell [1959] 1997: § 477, 2; Hogg
1992: § 7, 83.

Aus dem Andfrk. gelangte das Wort ins Mlat.,
wo es als nastula, nastola ‚Spange‘ erscheint.
Auch afrz./mfrz. lasniere ‚langer, schmaler
Riemen, Schnürsenkel‘, das durch Metathese
aus afrz. *nasliere entstanden ist, hat andfrk.
*nas(t)l- als Basis. Das frz. Wort ist mit dem
heimischen Suffix -iere abgeleitet. Für oitalien.
néstula, néstola ‚Band‘ kommt bereits umge-
lautetes ahd. nestila als Entlehnungsgrundlage
in Frage.
Weiteres zur Etymologie s. nasteid.

Walde-Pokorny 2, 328; Pokorny 759; Thes. ling. lat. 9,
1, 115; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 930; Du Cange² 5,
571; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6457; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 5840; Wartburg, Frz. et. Wb. 16, 598.

S. nasteid.

MK

Information

Band VI, Spalte 912

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemma:
Referenziert in: