nichus
Band VI, Spalte 956
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nichus, nickus m./n. a-St., seit dem
9. Jh. in Gl.: ‚Krokodil; crocodilusVar.: -ie-;
-hh-, -h-, -k-, -x-. – Mhd. nickes st.n. ‚Wasser-
geist, Krokodil‘, nhd. Nix m. ‚Wassergeist‘, seit
dem 19. Jh. belegtes Neck, Nöck m. ‚alter,
hässlicher männlicher Wassergeist, der durch
Gesang versucht, Menschen ins Wasser zu
locken‘ ist aus schwed. näk bzw. norw. nøk
‚Wassergeist‘ entlehnt. Daneben gibt es im ält.
Nhd. noch aus dem Mndd. übernommenes
necker, nicker m. ‚Wassergeist‘, das gramma-
tischen Wechsel im Suffix zeigt (s. u.).

Ahd. Wb. 6, 1264 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 669; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 826; Schützeichel⁷ 237; Starck-Wells
440; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 97 f.; Seebold,
ChWdW9 624. 1097; Graff 2, 1018 f.; Lexer 2, 64; 3,
Nachtr. 330; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 129 (cocodril-
lus); Dt. Wb. 13, 861; Kluge²¹ 513; Kluge²⁵ s. v. Nix; Pfei-
fer, Et. Wb.² 927.

Während das ahd. Subst. eine Vorform west-
germ. *nik-us-a- (mit bereits vorurgerm. Entla-
bialisierung des *g in der Position vor *u; vgl.
Neri 2003: 279 Fn. 932) fortsetzt, bezeugen die
west- und nordgerm. Entsprechungen das Wort
mit grammatischem Wechsel und e-Stufe im
Suffix: mndd. necker m. ‚Nixe, Wassergeist‘;
mndl. nicker m. ‚Wasserelf, Wassergeist‘, icker
m. ‚dss.‘ (mit der im Mndl. üblichen Aphärese
des anl. n aufgrund falscher Worttrennung; s.
nacho, nâtara), nndl. nikker, ikker m. ‚Teufel,
Wesen im Volksglaube‘; ae. nicor m. a-St.
‚Wassergeist, Flusspferd, Walross‘, me. niker
‚Wassermonster, Sirene‘, ne. nicker ‚Wasser-
geist, Dämon‘; adän. run. nykR m. PN, aisl. nykr
m. ‚Wasserdämon‘, nisl., fär. nykur m. ‚Dä-
mon‘, ndän. nøk(ke) m. ‚übernatürliches We-
sen‘, nnorw. nykk m. ‚Wassergeist‘, norn. nik-
ker ‚Wassergeist‘: < urgerm. *nik-iz-a-; zum
Umlaut vgl. Noreen [1904] 1978: § 74, 5. Ei-
ne Kontamination beider Stammallomorphe er-
scheint in der as. Entsprechung nikkus m./n.
a-St. ‚Wasserungeheuer, Krokodil‘: Die Gemi-
nate kk setzt eine Vorform *nik-- und *-us ein
Suffixkonglomerat *-us-a- voraus.

Nicht hierher gehört das homophone nndl. und nwest-
fries. nikker ‚dunkelhäutiger Mensch, schwarz‘, das auf
einer Entlehnung aus ne. nigger ‚dunkelhäutiger Mensch‘,
einer Intensivbildung zu lat. niger ‚schwarz‘, beruht.

Schließlich zeigen aschwed. näkker m. ‚Was-
sergeist‘‚ nschwed. näck m. ‚dss.‘ und mndl.,
nndl. nekker m. ‚Teufel‘ eine weitere Ablaut-
stufe des Suffixes: < urgerm. *nik-az-a-. Da-
bei basiert das Suffix *-az- auf dem st. Stamm-
allomorph mit Kontamination mit dem stimm-
haften *z des sw. St. (Schaffner 2001: 608 f.).
Eine vergleichbare Kontamination liegt auch in
dem nur im Hd. fortgesetzten *nik-us-a- vor:
Hier erscheint die schwundstufige Var. des
Suffixes mit Verallgemeinerung des stimmlo-
sen *s des st. St. Zusammen weisen die ge-
nannten Vorformen auf einen voreinzelsprach-
lich thematisierten, ablautenden Konsonanten-
st. urgerm. *nik-as-/*nik-uz- (zur Thematisie-
rung vgl. Krahe-Meid 1969: 2, § 25), dessen st.
St. *nik-as- nur in mhd. nickes bezeugt ist (zu
Geistern und Wiedergängern im Germ. im
Allgemeinen s. Grimm [1875–1878] 1968: 1,
456 ff.; C. Lecouteux, Euphorion 80 [1986],
219–231).

Der dt. FlussN Neckar gehört evtl. aufgrund seiner sehr
frühen Bezeugung als Nicer (4. Jh. n. Chr.) nicht hier-
her (H. Krahe, BNF 11 [1960], 144 ff.; A. Schmid, BNF
13 [1962], 116). Der FlussN würde sich so zu der Wz.
uridg. *nek- ‚sich erheben‘ stellen. Die Bed. erklärt sich
dann wohl aus dem Wellengang.

Fick 3 (Germ.)⁴ 297; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 390 f.;
Tiefenbach, As. Handwb. 289; Wadstein, Kl. as. Spr.-
denkm. 211; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1,
1084; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 164; Verwijs-Ver-
dam, Mndl. wb. 4, 2451; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
460 f.; Vries, Ndls. et. wb. 473; Et. wb. Ndl. Ke-R 425;
Fryske wb. 14, 170; Holthausen, Ae. et. Wb. 235; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 717; Suppl. 650; eMED s. v. niker
n.; Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1045;
eOED s. vv. nicker n.¹, nigger n. and adj.; Vries, Anord.
et. Wb.² 412 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 687 f.; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 212; Magnússon, Ísl. Orðsb.
677; Nielsen, Dansk et. ordb. 309; Ordb. o. d. danske
sprog 15, 288 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 467; NOB s. v.
nykk; Jakobsen, Et. dict. of the Norn lang. 2, 605; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 1, 714; Svenska akad. ordb. s. v.
näck. – Bammesberger 1990: 213; H. Tiefenbach, HS
110 (1997), 274 f.

Urgerm. *nik-as-/*nik-uz- geht auf ein hys-
terodynamisch flektierendes Part.Perf. vorur-
germ. *ne-nig-ós-/*ne-nig-us- zurück. Die zu-
grunde liegende Wz. uridg. *neg- ‚waschen,
reinigen‘ ist verbal in ai. ne-nikté Intens.
‚wäscht sich‘, jav. naēnižaiti Intens. ‚wäscht‘,
gr. νίζω ‚wasche, reinige‘ und air. nigid
‚waschen‘ (beides aus einem e/o-Präs. uridg.
*nig-e/o-) fortgesetzt. Zur Entlabialisierung
des *g vor * im Air. vgl. Schumacher, Kelt.
Primärverb. 494 (a). Auf einer to-Bildung ur-
idg. *nig-to- beruhen weiterhin die Adj. gr. -
νιπτος ‚ungewaschen‘, ai. nikta- ‚gewaschen‘
und air. necht ‚rein‘. Daneben stehen v. a. im
Gr. zahlreiche nominale Weiterbildungen: z. B.
νίπτρον n. ‚Waschwasser‘, νιπτήρ m. ‚Wasch-
becken‘, κατανίπτης m. ‚Wäscher‘.

Beim Anschluss von urgerm. *nik-as-/*nik-uz- ‚Was-
sergeist‘ an die Wz. uridg. *neg- ‚waschen, reinigen‘
bleibt die exakte semantische Entwicklung aus einem
Part.Perf. ‚gewaschen, gereinigt‘ zu ‚Wassergeist‘ un-
klar.
Aufgrund der Bed. ist außerdem die Annahme, dass
das kelt. to-Adj. Basis für das Subst. bret. nizh m.
‚das Schwingen‘ und kymr. nithio ‚schwingen‘ ist (so
Deshayes, Dict. ét. du bret. 538), fraglich: Die Bed.
‚schwingen‘ müsste sich im Kontext des Getreiderei-
nigens durch Schwingen entwickelt haben.

Walde-Pokorny 2, 322; Pokorny 761; LIV² 450; Mayr-
hofer, KEWA 2, 179; ders., EWAia 2, 54; Cheung, Et.
dict. of Iran. verb 279; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 320; Chan-
traine, Dict. ét. gr.² 725 f.; Beekes, Et. dict. of Gr. 2,
1020 f.; Fick 2 (Kelt.)⁴ 194; Matasović, Et. dict. of Proto-
Celt. 290; Schumacher, Kelt. Primärverb. 493 ff.; Hes-
sens Ir. Lex. 2, 151 f.; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. N-
16 f.; Dict. of Irish N-47; Dict. of Welsh 3, 2584 f.;
Deshayes, Dict. ét. du bret. 538.

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