nift
Band VI, Spalte 949
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nift f. i-St., Gl. 2,370,46 (frühes 11. Jh.,
bair.). 375,12 (Ende des 10. Jh.s, bair.); 3,425,
7 (2. Hälfte des 9. Jh.s, alem.): ‚Enkelin, Nichte,
Stieftochter; filia nepotis, neptis, privigna‘.

Ahd. Wb. 6, 1255; Splett, Ahd. Wb. 1, 661; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 825; Schützeichel⁷ 237; Starck-Wells 440;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 96; Bergmann-Stri-
cker, Katalog Nr. 225. 642. 892; Seebold, ChWdW9 615.
1097; Graff 2, 1052; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 458
(preuigna); Dt. Wb. 13, 713 (s. v. Nichte¹). 845 (s. v.
Nichtel); Kluge²¹ 510 (s. v. Nichte); Kluge²⁵ s. v. Nichte;
Pfeifer, Et. Wb.² 922 f. (s. v. Nichte). – DRW 9, 1467 f.

Das ahd. Subst. hat Entsprechungen im
Nord- und Westgerm.: afries. neft f. ‚Nichte‘,
nwestfries. nicht m./f. ‚Nichte‘, saterfries. nich-
te; ae. nift f. i-St. ‚Nichte, Enkelin, Stieftoch-
ter‘; aisl. nipt f. i-St. ‚Nichte, nahe Verwand-
te‘, nisl. nift, nipt f. ‚dss.‘ (mit lautgesetzlichem
Übergang von f zu p vor t; vgl. Noreen [1923]
1970: § 232, 2). Die Wörter setzen eine Vor-
form urgerm. *nefti- f. voraus. Dabei zeigen die
ndl., fries. und ndd. Belege die Entwicklung
von *-ft- zu -cht- nach kurzem Vokal (vgl.
Franck 1910: § 97; Lasch [1914] 1974: § 296).
Häufiger ist jedoch der sekundäre f. ō-St. zu
diesem Wort belegt (s. nifta).

Im Ne. ist niece ‚Nichte‘ das geläufigere Wort, das
aus anglonorm. niece ‚Nichte‘ (< nachklass. lat. neptia
‚Nichte‘ mit Affrizierung des t vor i) entlehnt ist.

Fick 3 (Germ.)⁴ 292; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 387;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 1098; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 3, 184. 187; VMNW s. v. nichte; Ver-
wijs-Verdam, Mndl. wb. 4, 2379 f.; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 458; Vries, Ndls. et. wb. 470; Et. wb. Ndl. Ke-R 421;
Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 352; Richthofen, Afries.
Wb. 954; Fryske wb. 14, 145; Dijkstra, Friesch Wb. 2,
190; Fort, Saterfries. Wb. 138; Holthausen, Ae. et. Wb.
236; Bosworth-Toller, AS Dict. 719; eMED s. v. nifte n.;
eOED s. v. †nift n.; Vries, Anord. et. Wb.² 410; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 691; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 210; Magnússon, Ísl. Orðsb. 667.

Urgerm. *nepti- geht, mit sekundärem Über-
gang zu den f. i-St., auf uridg. *nept-íh₂- zu-
rück, das Motionsfem. zu uridg. nepot- (s. ne-
fo
). Uridg. *nept-íh₂- ist außerdem in ai. napt
f. ‚Tochter, Enkelin‘, jav. naptī- f. ‚Enkelin‘,
lat. neptis f. ‚Enkelin, Nichte‘ (neben f. Neu-
bildungen nept[i]a, nepōtis und nepōtia), air.
necht f. ‚Nichte‘, kymr. nith f. ‚Nichte, weib-
liche Verwandte im Allgemeinen‘, abret. nith f.
‚Nichte‘ und mbret. nyz f. ‚dss.‘, akorn. noit f.
‚dss.‘ fortgesetzt. Lit. nept f. ‚Enkelin‘ (neben
Fem. nepuotė zu dem Mask. nepuotìs) geht auf
urbalt. *neptia- zurück und ist eine Neubil-
dung.
In den rom. Sprachen erscheinen ausschließ-
lich die lat. Neubildungen, und zwar: lat. nepō-
ta f. in venez. neboda ‚Enkelin, Tante‘, rum.
nepoată f. ‚dss.‘, lat. nepta in span., italien. nie-
ta, port. neta ‚Enkelin, Nichte‘ und lat. neptia
in italien. nezza ‚Enkelin, Nichte‘, nfrz. nièce
‚Nichte‘. Auf eine sehr frühe Übernahme aus
lat. nepōtia geht alb. mbésë f. ‚Enkelin‘ zu-
rück, da das é noch die Bewahrung des langen
ō voraussetzt.
Sowohl lat. neptis als auch das spätere ai. napt
f. zeigen den Übergang zu den f. i-Stämmen
(vgl. Wackernagel [1896–1964] 1954–87: 3, §
94; Leumann [1926–28] 1977: § 306b), der auch
von den germ. Sprachen vorausgesetzt wird.
Problematisch ist die Beurteilung des Flexions-
typs von uridg. *nept-íh₂-: Während das Ai. und
möglicherweise auch das Lat. auf eine Flexion
nach dem v-Typ weisen, zeigt jav. naptī-
deutlich den devī-Typ. Da jedoch das Airan.
und auch das Ai. eine Tendenz zur Verallge-
meinerung des devī-Typs aufweisen (vgl. Wa-
ckernagel [1896–1964] 1954–87: 3, § 87a), ist
wahrscheinlich die v-Deklination die ererbte.
Das Lat. könnte mit dem i-St. ebenfalls auf die
v-Deklination deuten, da die Subst. der devī-
Klasse sonst mit Suffix -īc- weitergebildet sind.
Im Air. fallen dagegen der devī- und v- in den
devī-Typ, einige Reliktformen ausgenommen,
zusammen (vgl. de Bernardo Stempel 1999: 77).
Alternativ könnte im Ai. ein sekundärer und
seltener Übertritt in die v-Klasse angenom-
men werden (so O. Szemerényi, FS Palmer
1976: 402; Lühr 2000: 75).

Walde-Pokorny 2, 329 f.; Pokorny 764; NIL 521 ff.; Mayr-
hofer, KEWA 2, 133; ders., EWAia 2, 11 f.; Bartholomae,
Airan. Wb.² 1039; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 161 f.;
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 437 f.; de Vaan, Et. dict. of
Lat. 405; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6516. 6517. 6518;
Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 5891. 5892. 5893; Wart-
burg, Frz. et. Wb. 7, 96 f.; Demiraj, Alb. Et. 259; Orel,
Alb. et. dict. 250; Derksen, Et. dict. of Balt. 332; Smo-
czyński, Słow. et. jęz. lit. 420; ALEW 2, 695 f.; Fick 2
(Kelt.)⁴ 190; Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 286;
Hessens Ir. Lex. 2, 246; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc.
N-6; Dict. of Irish N-57; Dict. of Welsh 3, 2584;
Deshayes, Dict. ét. du bret. 538.

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