niotîg adj., NBo und NMC: ‚begierig,
lüstern, wollüstig; furens, succensus‘, niotîg
wortan ‚innerlich bewegt und aufgewühlt; mo-
tus concitusque‘ (nhd. mdartl. schweiz. nie-
tig adj. ‚gesättigt, müde, mühsam, beschwer-
lich‘, mir ist nietig ‚ich habe Angst, Besorgnis‘
[Schweiz. Id. 4, 853 f.]; vgl. mhd. nietlîche adv.
‚mit Verlangen, mit Eifer‘). Desubst. Ableitung
mit dem Fortsetzer des Suff. urgerm. *-ǥa-.
S. niot m. a-/i-St., -îg. – niotgî f. īn-St., nur
in NMC: ‚Wollust; voluptas‘. Deadj. Abstrak-
tum. S. niotîg. – niotôn sw.v. II, MF, O, Nps,
Npw und WH: ‚verlangen (nach), sich sehnen,
etw. genießen; delectari, desiderare‘, sih nio-
tôn ‚Gefallen haben (an); cupere apprehendere‘
(mhd. nieten sw.v. ‚eifrig sein, streben, üben,
sich einer Sache erfreuen, etw. erleiden müs-
sen‘, frühnhd. nieten ‚froh werden, leisten‘,
sich nieten ‚sich eifrig abgeben, plagen mit‘,
sich unglücks nieten ‚Leid erfahren‘ [Götze
(1920) 1971: 168; Dt. Wb. 13, 842 ff.], nhd.
mdartl. schweiz. nieten sw.v. ‚streben nach, sich
um etw. bemühen‘, refl. ‚sich erlaben, genie-
ßen, etw. überdrüssig werden‘ [Schweiz. Id. 4,
852 f.], schwäb. nieten sw.v. refl. ‚sich mühen,
plagen‘ [Fischer, Schwäb. Wb. 4, 2047 nieten²],
vorarlb. nieten sw.v. ‚nörgeln, sich unzufrieden
äußern‘ [Jutz, Vorarlberg. Wb. 2, 549], bair.
nieten sw.v. ‚sich anstrengen, bemühen, ab-
mühen, abarbeiten‘ [Schmeller, Bayer. Wb.² 1,
1770], tirol. sich nieten sw.v. ‚anstrengen, be-
mühen‘ [Schöpf, Tirol. Id. 469], schles. nieten
sw.v. ‚sich an etw. erfreuen‘ [Mitzka, Schles.
Wb. 2, 932]; vgl. kurhess. nietern sw.v. ‚gelüs-
ten‘ [Vilmar, Id. von Kurhessen 284], thür. nie-
tern sw.v. ‚gelüsten, Interesse haben, reizen, är-
gern‘ [Spangenberg, Thür. Wb. 4, 882], westf.
nîterig adj. ‚strebsam, begierig‘ [Woeste, Wb.
d. westf. Mda. 186]; mndd. nēden sw.v. ‚wa-
gen, in Streit, in Ärger bringen‘; mndl. nieden
sw.v. ‚begehren, verlangen‘). Desubst. Bildung.
S. niot m. a-/i-St. – giniotôn in NBo, Nps und
Npw: ‚sättigen, versorgen, tränken, erfüllen; ad-
implēre, circumdare, inebriare, replēre, satia-
re‘, part.prät. (arbeito) giniotôt ‚(von Unbill) be-
drängt; (mali) patiens‘, sih giniotôn (an ioman-
ne) ‚sich gar nicht genug tun können (an Stra-
fen); (vindictas) complēre [Interpr. exercēri]‘
(mhd. genieten ‚eifrig sein, streben, üben, sich
einer Sache erfreuen, etw. erleiden müssen‘,
frühnhd. genieten ‚sich befleißigen, abmühen,
mit etw. sehr beschäftigt sein, sich an etw.
freuen, genießen, von etw. genug haben‘, nhd.
mdartl. schweiz. genieten ‚streben nach, sich
um etw. bemühen‘, refl. ‚sich erlaben, genie-
ßen, etw. überdrüssig werden‘ [Schweiz. Id. 4,
852 f.; Stalder, Versuch eines schweiz. Id. 1,
459], schwäb. †sich genieten ‚sich anstrengen‘
[Fischer, Schwäb. Wb. 3, 362], bair. genieten
‚sich anstrengen, bemühen, abmühen, abar-
beiten‘ [Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1770], ti-
rol. genieten ‚sich befleißigen‘ [Schöpf, Ti-
rol. Id. 469], schles. genieten refl. ‚sich gütlich
tun‘ [Mitzka, Schles. Wb. 1, 397]; as. ginio-
don ‚sich erfreuen an‘ [Hel], mndd. genēden
‚wagen‘; frühmndl. ghenieden ‚sich anstren-
gen, sich erkühnen, sich erdreisten‘ [a. 1265–
1270], mndl. genieden ‚sich erkühnen, sich er-
dreisten, etw. wagen‘). – niotsam adj., WH: ‚er-
strebenswert, lieb, hübsch, angenehm; deside-
rabilis‘ (mhd. nietsam adj. ‚niedlich‘; as. niud-
sam adj. ‚hübsch‘). S. niot m. a-/i-St., -sam.
– niowanne adv., WH: ‚zu keiner Zeit, nie-
mals; numquam‘ (andfrk. newanna adv. ‚dss.‘
[LeidW, Pw]). Zusammenrückung aus nio (s. d.)
und wanne (s. d.). – Ahd. Wb. 6, 1273 ff. 1313;
Splett, Ahd. Wb. 1, 667. 670; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 425. 827; Schützeichel⁷ 238.
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