niwiht
Volume VI, Column 1009
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niwiht, niowiht indef.pron., adv., sub-
stantiviert als n. a-St., im Abr und zahlreichen
weiteren Gl., StD (BR, APs, B, GB, W, WK,
Ph, Prs A/B/C, BGB II/III, GGB I/II/III, BaGB,
HHö, WeGB II, GPfWü, MGB, AGB, NdG),
I, MF, T, OT, O, Oh, NBo, Ni, NCat, NMC,
Nl, Nm, Ns, Nps, Npg, Npw und WH: ‚nichts,
nichtig, niemals, keineswegs, überhaupt nicht;
haud, haudaquam, minime, ne, nec quicquam,
neque, neque non aliud, neque ullum alius, ni-
hil, nihil omnino, nihilum, non, non aliud, nullo
modo (bei neg. Verb), nullum, numquam, si, ut
non‘, subst. ‚Nichts, nihilum; Nichtigkeit, nu-
gae, nugum negotium, vanitas‘, in den Verbin-
dungen niowiht gilâzan wesan ‚nicht gestattet
sein; neque fas esse‘, niowiht fordarôn ‚sich um
nichts bemühen; nihil de laborare‘, niowiht fir-
tragan mugan ‚nichts erleiden können; nihil pa-
tendi‘, niowiht irkennen ‚nicht kennen; ignora-
re‘, niowiht gihelli wesan ‚nichts an Einhel-
ligkeit herrschen; nequire convenire‘, sih nio-
wiht skeidan ‚ein Ganzes bleiben; sectionem re-
fugere‘, niowiht n skrîb! ‚schreibe nicht!; noli
scribere!‘, (iomanne) niowiht wegan ‚(jmdm.)
nicht schwer fallen; ferre‘, niowiht wesan ‚über-
haupt nicht sein; nihil omnino esse‘, (ioman-
ne) niowiht wesan ‚(jmdm.) nichts Mühevolles
sein; (alicui) parva opera restare‘, furi niowiht
habên ‚für ein Nichts halten, geringschätzen,
für unwichtig halten; non aestimare, parvipen-
dere‘, niowiht sô gerno habên () ‚jmds. be-
sonders Anliegen sein; alicui praecipua cura
esse‘, (iomanne) niowiht weggen ‚(jmdn.) nicht
beeindrucken; offensionem spernere‘, fona nio-
wihte (werdan) ‚aus nichts heraus (entstehen);
ex nihilo (existere)‘, der niowiht habêt ‚Bettler;
mendicus‘, niowiht wiht ‚ein Nichts; non sub-
stantia‘, niowiht n firsagên ‚keinesfalls be-
streiten; dicere‘, niowiht n ist firkunnan (nibu
…) ‚es kann kein Zweifel bestehen (dass …);
fortasse‘, niowiht n gimugan ‚nichts an Macht
besitzen; nihil virum habēre‘, niowiht gilîcho n
gân ‚nicht zusammenpassen; differre‘, des nio-
wiht nimag wesan ‚was nicht sein kann; quod
fieri nequit‘, niowiht wesan n mugan ‚durchaus
nicht sein; neque enim esse‘, daz niowihtes n
breste ‚dass kein Mangel herrscht; indigentiam
fugare‘, des ioman niowiht irdriozan ni mag
‚unermüdlich, unverdrossen; perpetuus‘, iro si-
te niowiht n helan ‚ihr Wesen keinesfalls ver-
heimlichen; mores profitēri‘, niowiht n we-
san ‚nicht gehören; sequestratum esse‘, niowiht
wâr ni wesan ‚keinesfalls richtig sein; non se-
quens‘, den sin niowiht ni wehsalôn ‚dasselbe
meinen; idem significare‘, niowiht n wizzan
des man mugi ‚keine Möglichkeit, keinen Weg
sehen; nihil vidēre‘, niowiht anderes wesan n
mugan ‚unmöglich etw. anderes sein können;
impossibile esse aliquid aliquorum‘, niowiht
ein unwizzantheit n wesan ‚keinesfalls nur
Unwissenheit sein; non modo non scientia non
esse‘, die iro niowiht n in(t)findant ‚die keine
Schmerzempfindung haben; stupidi‘, ih n tâti
niowiht sô ‚ich habe nichts dergleichen getan;
id non fecissem‘, nôtfestaz gikôsi darawidari
nioman niowiht gituon n mag ‚zwingende Aus-
sage, gegen die keiner etw. ausrichten kann;
syllogismus‘, zi niowihte bringan / werfan ‚er-
niedrigen, zunichte machen; ad nihilum dedu-
cere, nihilum redigere‘, niowiht n ‚nichts, nie-
mals; nihil, numquam‘, niowiht io in zîtogilîh
‚keinesfalls zu jeder Zeit; aliquando‘, niowiht
zi einero wîs ‚nicht in der gleichen Art; aliter‘,
niowiht barlîcho ‚nicht einfach nur; non sim-
pliciter‘, niowiht des ‚ganz und gar nichts; mi-
nime‘, niowiht eddewes ‚nichts; nihil‘, niowiht
ein ‚nicht nur; non modo‘, niowiht mêr ‚nicht
mehr; non iam‘, niowiht min ‚nicht im ge-
ringsten, nichtsdestotrotz, trotzdem; nihilomi-
nus‘, niowiht nôte ‚nichts notwendigerweise;
minime‘, niowiht sô ‚nicht in erster Linie; non
potis‘, niowiht ubar al ‚durchaus nicht, non
prorsus; überhaupt nichts, prorsus nihil‘, nio-
wiht ferrôr (danne) ‚nicht mehr (als); non plus
(quam)‘, niowiht duruh daz n min ‚nicht im
geringsten, trotzdem; nihilominus‘, doh nio-
wiht ‚durchaus nicht; non tamen‘, fona niowih-
tu ‚von nichts; a nullo‘, furi niowiht ‚für nichts;
minimo‘, io niowiht ‚dennoch nicht; nondum ta-
men‘, nalles / noh niowiht ‚durchaus noch nicht,
keineswegs; minime, non, nondum‘, ouh nio-
wiht ‚jedenfalls nicht; vix‘, umbi niowiht ‚für
nichts, unentgeltlich; pro nihilo‘, wanda nio-
wiht ‚jedenfalls nicht, durchaus nicht; neque
enim‘, zi niowihti ‚zunichte; in lentem‘, niowiht
ânu ‚nichts (anderes) – als, außer; nihil (alius)
quam‘, niowihtnibu eckorôdo ‚nichts – au-
ßer nur, nihilnisi tantum; nicht – sondern nur,
nondumsed‘, niowiht einjoh (ouh) ‚nicht
nur – sondern auch; non solus – (et / etiam)‘,
niowiht einnibu (ouh) ‚nicht nur – sondern
(auch); non modosed‘, niowiht einnibu
(joh) ‚nicht nur – sondern (auch); non modo
(verum), non solus – (et / etiam)‘, niowiht ein
suntar (ouh) ‚nicht nur – sondern (auch); non
modosed‘, ibu … niowiht ‚wenn nicht; nisi‘,
niowiht gilîh ‚keinesfalls übereinstimmend;
dissimilis‘, an demo niowiht giskeidannes ist ‚in
sich formlos; fluitans‘, massa an dero niowiht
giskeidannes ist ‚in sich formlose Masse; flui-
tans materia‘, daz n ist io niowiht (daz) ‚das ist
noch nicht (dass …); nondum est‘, niowiht zi
einero ginôtî ‚nicht nur in einer Hinsicht; non
in praecipuis‘, (iomanne) niowiht eddewes (n
wesan) ‚(jmdm.) nur wenig zu tun (übrigblei-
ben); parva opera (alicui restare)‘, sih niowiht
mêr biwânen danne man gimâg ‚nicht mehr von
sich halten, als man vermag, sich nicht selbst
überschätzen; superbus non esse‘, iz n tuont
niowiht (alliu) ‚so steht es nicht um alle Dinge;
non tamen (omnia)‘ (mhd. niht Pron.-Subst.,
Adv., Neg.pkl. ‚nicht irgend etw., nichts, nicht,
nicht so, nein‘, nhd. nicht adv. zum Ausdruck
der Verneinung und als Pkl. zur Bekräftigung
und Bestätigung in Fragesätzen, die eine posi-
tive Antwort erwarten lassen; as. niowiht, neo-
wiht, niewiht indef.pron., adv. ‚nichts, [durch-
aus] nicht, mitnichten; non‘, mndd. nicht adv.,
st.n. ‚nicht, Nichts, nichts‘, nichtnoch ‚we-
der – noch‘, nichtes nicht ‚keineswegs‘, nergent
nicht ‚durchaus nicht‘; andfrk. niewiht, niet in-
def.pron., n. ‚nichts, nicht‘ [a. 901–1000], früh-
mndl., mndl. niet indef.pron. ‚dss.‘; afries. nā-
wet, nōwet, nāt, nēt indef.pron. ‚nichts‘, fore
nāwet ‚umsonst, vergebens, unwichtig‘, nāwe-
tes nāwet ‚überhaupt nichts‘, umbe nāwet ‚um-
sonst, vergebens‘; ae. nāwiht, nōwiht, nāht,
nōht adv., n. ‚nicht, nichts, ein Nichts‘; got. ni
waiht n. Nom.Sg. ‚nichts‘). Das Indef.pron.
niwiht, niowiht ‚nichts‘ ist eine Zusammen-
rückung aus der Verneiningspkl. n, dem In-
def.pron. io ‚irgendein‘ und dem subst. Pron.
wiht ‚etwas; Ding, Sache, Wesen‘. Die Aus-
gangsbed. der Zusammenrückung ist eigentlich
‚nicht irgendein Ding‘ und dient als Verstär-
kung der Negation n durch ein negiertes Adv.
(zu Parallelen vgl. z. B. frz. ne pas < ne … ne
pas ,nicht … nicht einen Schritt‘). S. n, iowiht,
wiht. – niwihtaltar ? n. a-St., nur Npg: ‚nich-
tiges, fruchtloses Alter‘. Determinativkomp.
mit einem Indef.pron. als VG und subst. HG. S.
niwiht, altar. – niwihtheit f. i-St., NMC: ‚Al-
bernheit, Nichtigkeit; nugula‘ (mhd. nihtheit
st.f. ‚Nichtigkeit‘, frühnhd. nichtheit f. ‚dss.‘
[Dt. Wb. 13, 714]; mndd. nichthēit f. ‚Nichts,
Chaos‘; mndl. nietheit f. ‚Nichtigkeit‘). S. ni-
wiht
, heit. – niwihtholz n. a-St., seit dem 10. Jh.
in Gl.: ‚wertloser Strauch, wertloses Holz; my-
rice‘ (vgl. Marzell [1943–79] 2000: 2, 472).
Die jüngere Var. niuwiholz in Gl. des 11. Jh.s
ist eine sekundäre Angleichung an das Adj. niu-
wi
‚neu‘ (s. d.) (vgl. F. Heidermanns, Sprachw
40 [2015], 168 f.). Weitere Interpretamente zu
myrice sind fûlboum (s. d.) und heidahi. Das
lat. Lemma myricē f., das aus gr. μυρίκη f. ent-
lehnt ist, bezeichnet verschiedene Tamarix-Ar-
ten. Determinativkomp. S. niwiht, holz. – niwiht-
man
m. kons. St., nur Gl. 4,22,39 (Mitte des
9. Jh.s): ‚Nichtsnutz; inutilis, nugax‘. Determi-
nativkomp. S. niwiht, man. – niwihtsprâcha f.
ō-St., nur Gl. 4,324,31 (wohl 9. Jh., südrhein-
frk.): ‚leeres Gerede, Sophisterei; cavillatio‘.
Determinativkomp. S. niwiht, sprâcha. – Ahd.
Wb.
6, 1314 ff.
; Splett, Ahd. Wb. 1, 398. 591.
666. 911; Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 827; Schütz-
eichel⁷ 238; Starck-Wells 411; Schützeichel,
Glossenwortschatz 7, 104 ff. 114 (niuwiholz).

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