olmo m. n-St., nur Gl. im Cod. Guelf.
50 Weissenburg (860/870, südrheinfrk.; vgl. H.
Butzmann, PBB 86 [Halle, 1964], 396) und Gl.
4,202,67 (1. Drittel 11. Jh.s, mfrk.; die Hs. wird
teils auch dem As. zugeordnet; daher erscheint
das Wort etwa in Tiefenbach, As. Handwb. 297
als as. [jedoch mit der fehlerhaften Bed. ‚Ul-
menholz‘]): ‚faules Holz, morsches Holz; glis‘
〈Var.: ho-〉. – Nhd. dial. els. ulm ‚Fäulnis im
Boden des Waldes, darinnen Larven und Ma-
den, die herrühren von Holz, das an der Stel-
le verfaulte‘ (vgl. auch ulmig ‚fett, vom Bo-
den, namentlich infolge von Holz, das in Fäul-
nis übergegangen ist‘), rhein. olm ‚vermodertes
Holz‘, ulm m. ‚Baumerde, vermodertes Holz-
inneres, in hohlen Bäumen, Knochenmark‘
(vgl. auch ulmerig ‚vermodert, staubig, tro-
ckenfaul‘, verulmen ‚vermodern, von trocke-
nen Gegenständen, z. B. Säcken, Kleidungsstü-
cken‘), märk. olm m. ‚vermodertes Holz‘ (vgl.
auch olmig, ulmig ‚vermodert, verrottet‘, ol-
men, wegolmen ‚vermodern‘), schles. ulm m./n.
‚verfaultes Baumholz, besonders der Weide‘
(vgl. auch ulmicht m. ‚verfaultes Baummark‘,
ulmig ‚schwammig, vom Holz‘), siebenbürg.-
sächs. ulm m. ‚faules Holz‘ (vgl. auch ulmig
‚morsch, modrig, verfault‘), holst. olm, orm,
ulm m. ‚Holzfäulnis, faulendes, morsches Holz
(im Gegensatz zum Kernholz)‘ (vgl. auch olme-
rig, olmig, ormig, olmicht, ulmig, ölmig ‚fau-
lend, verfault, morsch, wurmstichig‘, olmen,
verolmen ‚verrotten, verwittern‘), meckl. olm
m. ‚vermodertes Holz‘, pomm. olm m./n. ‚ver-
rottetes, zerfallenes Holz‘ (vgl. auch olmig, ul-
mig, olmerig, olmsch, ulmsch ‚morsch, ver-
rottet, wurmstichig [von Obst]‘, olmen ‚faulen,
verrotten [von Holz, Zähnen], mit faulendem
Holz Feuer, Rauch machen‘), preuß. olm n.
‚vermodertes, in der Dunkelheit leuchtendes
Holz‘ (vgl. auch olmholz n. ‚dss.‘, olmig, ulmig,
olmsch ‚verwittert, alt, mürbe, faul [meist von
Holz]‘).
Eine andere Stammbildung zeigt thür. ülme
f. ‚nasse Stelle im Acker‘ (vgl. auch ülmig
‚stellenweise nass‘) (< urgerm. *ulmi̯ōn-), wo-
zu ebenfalls, jedoch wegen der abweichenden
Bed. nicht ganz sicher, westf. ülm ‚Dampf‘
(dazu auch ülmig ‚stark rauchend‘, ülmen ‚stark
rauchen, so dass es belästigt [vom Feuer, von
der Lampe], sehr nach Menschen riechen‘) ge-
hören könnte.
Das Wort wird auch vorausgesetzt durch mhd.
ulmic ‚von Fäulnis angefressen‘, pfälz. ulmig
‚angefault, faulig‘, ndsächs. olm(e)rig ‚dss.‘.
Daneben steht das Adj. ndsächs. olm ‚morsch
[vom Holz]‚ vermorscht‘ (< urgerm. *ulma-).
Ahd. Wb. 7, 87 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 685 f.; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 845; Schützeichel⁷ 245; Starck-Wells 451;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 198; Bergmann-Stri-
cker, Katalog Nr. 877. 972; Seebold, ChWdW9 638; Le-
xer 2, 1721; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 265 (glis); Dt.
Wb. 13, 1283; 23, 754. – Martin-Lienhart, Wb. d. els.
Mdaa. 1, 33; Müller, Rhein. Wb. 6, 398; 9, 41; Christ-
mann, Pfälz. Wb. 6, 874; Spangenberg, Thür. Wb. 6, 362;
Bretschneider, Brandenb.-berlin. Wb. 3, 489 f.; Mitzka,
Schles. Wb. 3, 1434; Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wb.
5, 825 f.; Woeste, Wb. d. westf. Mda. 279; Schambach,
Wb. d. ndd. Mda. 147; Mensing, Schleswig-holst. Wb. 3,
836; 5, 227; Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. 5, 182 f.;
Frischbier, Preuß. Wb. 2, 110. 420. – Doornkaat Kool-
man, Wb. d. ostfries. Spr. 3, 460; S. Blum, PBB 84 (Halle,
1962), 454–457.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen
unmittelbar: mndl. olm ‚Schimmel im Holz‘
(vgl. auch olmich ‚modrig‘ [olmich hout ‚mod-
riges Holz‘]), frühnndl. (Kiliaan) olm ‚Schim-
mel‘ (vgl. auch olmworm ‚Schimmel-Wurm,
Holz-Wurm‘, olmachtigh ‚schimmelig‘), nndl.
olm ‚eine Holzkrankheit‘: < urgerm. *ulman-.
Vorausgesetzt wird das Wort auch durch mndd.
olm, olmich ‚vermodert, verfault, verrottet‘, ul-
mich ‚vermodert, verfault, verrottet, von Fäul-
nis angefressen‘ und nnorw. dial. ulma ‚schim-
meln, modern‘.
Eine Ableitung der Wz. urgerm. *ul- ‚vermo-
dern‘ mit -n- begegnet in: aisl. ulna ‚verfau-
len‘, nisl. uldna, fär. úlma, nnorw. dial. ulna
‚schimmeln, zu faulen anfangen, modrig sein,
ekeln, Übelkeit empfinden‘, nschwed. dial.
ulna ‚ranzig werden‘, ein denominales Verb
von dem Verbaladj. urgerm. *ul-i/ana- ‚ver-
fault‘, das fortgesetzt ist in nnorw. (nn.),
nschwed. dial. ulen ‚verfault‘. Eine Dentaler-
weiterung erscheint in nisl. úldinn ‚verdorben,
verfault‘ (dazu auch das Verb aisl. uldna ‚ver-
faulen‘, nisl. úldna ‚dss.‘), fär. úldur ‚verdor-
ben, schlecht‘, dän. dial. olden, ullen ‚schimm-
lig, modrig‘ (< urgerm. *ulđi/ana-, *ulđa-),
aisl. ylda f. ‚Modergeruch‘, nisl. ýlda ‚dss.‘ (<
urgerm. *ulđii̯ōn-).
Ohne Suffix ist das Adj. nnorw. ul ‚ange-
gangen, verschimmelt‘, dial. auch ‚von Ekel er-
füllt‘, nschwed. dial. ul ‚ranzig, schlecht rie-
chend, muffig‘ (entweder < *ula- oder < *ul-
na- [> *ulla-]) gebildet, wozu auch die Verben
nnorw. dial. ula ‚ekeln, Übelkeit empfinden‘,
nschwed. dial. ula ‚ranzig, verdorben werden‘
gehören.
Fick 3 (Germ.)⁴ 21; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2,
1, 1143; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 225; 5, 1 f.; Ver-
wijs-Verdam, Mndl. wb. 5, 85; Vries, Ndls. et. wb. 481;
Vries, Anord. et. Wb.² 632 f. 677; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
73; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 3, 763. 765. 997;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 325 f.; Magnússon,
Ísl. Orðsb. 1084. 1164; Torp, Nynorsk et. ordb. 836; NOB
s. vv. ul, (nn.) ulen; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 1273.
Urgerm. *ulman- schließt sich an lit. almuõ
‚Eiter‘, álmė, alm ‚aus dem toten Körper
fließende Materie‘ an, die nach H. Bichlmeier,
NI 101/102 (2012/13), 406–412 zum Verb lit.
alti ‚fließen, tröpfeln, laufen, eilen, überlau-
fen, (Felder) überschwemmen‘ gehören und
dann entweder auf die Wz. uridg. *h₁elh₂- ‚wo-
hin treiben‘ (LIV² 235) oder auf *h₂elh₂- ‚ziellos
gehen‘ (LIV² 264) zurückgehen. Im Balt. stellen
sich des Weiteren dazu: lit. amės ‚aus dem
toten Körper fließende Materie‘ (< urbalt. *al-
mii̯ā-) und lit. álksna f. ‚Lache, Senke‘, lett.
àlksna, aluksna f. ‚einschießende, morastige
Stelle im Wald‘ (< urbalt. *al[k]snā- mit
sekundärem Einschub von *-k- vor *-s- im Ur-
balt.) (anders Derksen, Et. dict. of Balt. 50;
ALEW 1, 34: Ursprungsgleich mit lit. álksna,
lett. àlksna ‚Erlenhain‘ mit einer Bed.entwick-
lung ‚Erlenhain‘ → ‚morastige Stelle im
Wald‘).
Bei Anschluss an die Wz. uridg. *h₁elh₂-
‚wohin treiben‘ bzw. uridg. *h₂elh₂- ‚ziellos
gehen‘ setzt urgerm. *ulman- entweder einen
uridg. amphidynamischen n-St. *h₁élh₂-mon-/
*h₁h₂-m-´ ‚mit Flüssigkeit Versehenes‘ → ‚Ei-
ter, Fäulnis‘ (wobei lit. almuõ eine sekundä-
re o-Stufe hat) bzw. *h₂élh₂-mon-/*h₂h₂-m-´
‚mit Flüssigkeit Versehenes‘ → ‚Eiter, Fäulnis‘
fort oder urgerm. *ulman- ist eine erst inner-
germ. Substantivierung des Adj. urgerm. *ul-
ma- ‚modrig‘.
Aus beiden Ansätzen lassen sich die germ. und
die balt. Formen unmittelbar ableiten.
Walde-Pokorny 1, 152 f.; Pokorny 305; LIV² 235. 264;
Derksen, Et. dict. of Balt. 50. 52; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1,
8; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 9 f.; ALEW 1, 34; Müh-
lenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 67; Karulis, Latv. et.
vārd. 1, 65. – S. Neri, in Neri-Ziegler 2012: 52–56; S.
Neri, in Neri-Sturm-Ziegler 2016: 234 f.
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