pato*
Band VI, Spalte 1318
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

pato* m. an-St., nur Gl. 3,364,28 (12./
13. Jh., mfrk.): ‚Pate; patrinusVar.: patte.
Die Geminate -tt- steht fälschlich für einfa-
ches -t- (Braune-Reiffenstein 2004: § 164 Anm.
3). Das Wort ist aus gleichbed. mlat. pater m.
entlehnt, wobei das urspr. kons. flektierende
Wort in die sw. Deklination mit individuali-
sierendem n-Suff. überführt wurde (dazu s. u.).
Die Bedeutung ‚Pate‘ des mlat. Wortes stammt
aus der kirchenlat. Phrase pater spiritualis in
deo. – Mhd. bate, pate sw.m. ‚Pate‘, frühnhd.
pate m. ‚männlicher Taufzeuge, Patenkind‘,
nhd. Pate m. ‚Taufzeuge, der für die christliche
Erziehung des Kindes mitverantwortlich ist‘,
regional und veraltet auch ‚Patenkind‘, nhd.
mdartl. märk., meckl. pät m. ‚dss.‘ mit Umlaut
weist auf einen urspr. ja-St. (ndl. Einfluss [s. u.]).

Ahd. Wb. 7, 210; Splett, Ahd. Wb. 1, 697; Schützeichel⁷
248; Starck-Wells 458; Schützeichel, Glossenwortschatz
7, 242; Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 726; Lexer 1, 134;
Frühnhd. Wb. 3, 117; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 417 (pa-
trinus); Dt. Wb. 13, 1499 f.; Kluge²¹ 534 f.; Kluge²⁵ s. v.
Pate; Pfeifer, Et. Wb.² 980. – Bretschneider, Brandenb.-
berlin. Wb. 3, 536; Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. 5, 332.

Außerhalb des hd. Sprachraumes ist das Lehn-
wort nur spärlich bezeugt: mndd. pāde m./f.
‚Pate, Taufpate, Gevatter‘; ostmndl. pade m./f.
‚Pate‘.
Neben dem n-St. tritt im Westgerm. noch ein
sekundärer ja-St. auf: mndl. pete m./f. ‚Taufpa-
te/in‘, nndl. peet m./f. ‚Taufpate/in, Patenkind‘;
nwestfries. peet m./f. ‚Pate, Taufzeuge‘. Die Um-
gestaltung des entlehnten Nominalst. auf -er- zu
einem n-St. erfolgte in Analogie zu dem syno-
nymen Subst. westgerm. *gudōn- f. ‚Patin‘ (s.
d.) und füllt die paradigmatische Lücke des
entsprechenden Mask. (vgl. R. Hildebrandt, FS
Schmitt 1988: 669). Zum Nebeneinander von an-
und ja-St. vgl. Wilmanns [1906–30] 1967: 2,
§ 186, 4 Anm. Nicht zu dem ja-St. gehört das
nur einmal bei Waldis, das päpstl. reich 1, 16
(zit. nach Dt. Wb. 13, 1694) bezeugte frühnhd.
pfetten nom.pl.m. ‚die Paten‘, da es sich hier um
eine Reimwortbildung zum Verb hetten han-
delt. Vielmehr schließt sich pfetten an ahd. pfe-
terîn
m. ‚Pate‘ an (s. d.).

Unwahrscheinlich ist dagegen die Erklärung des ndl. ja-
St. als Umbildung aus peter (s. pfeterîn; so Et. wb. Ndl.
Ke-R 519): Zuerst sei zu frühmndl. peter eine f. Form *pe-
te ‚Patin‘ gebildet worden. Durch das aus mlat. matrina
f. ‚Stiefmutter, Patin‘ entlehnte mndl. meter f. ‚Taufpatin‘
sei die f. Form *pete geschlechtsneutral geworden und so
als allomorphe Form zu m. peter verstanden worden. We-
der ist solch ein Verschiebungsprozess für das Mndl. nach-
weisbar noch erklärt sich so das nwestfries. Subst. peet.

Trotz der fehlenden Lautverschiebung liegt bei
der Wortsippe keine späte Übernahme vor, da
die Bezeugung des Subst. eher für eine frühfrk.
Entlehnung mit typischer Ausbreitung ins Ost-
md. spricht (vgl. R. Hildebrandt, FS Schmitt
1988: 667 f.). Der Dental der westgerm. Wörter
setzt demzufolge nicht das unverschobene pa-
ter fort, sondern die mlat./vulg.lat. stimmhafte
Form pader (vgl. R. Hildebrandt, a. a. O.).

Die direkte Entlehnung des Wortes aus der kirchenlat.
Phrase pater spiritualis in deo ‚Pate‘ (so zuletzt S. Zeil-
felder, DWEE 3, 66) ist wegen der geographischen Ver-
teilung des Wortes und der Lautung der westgerm. Subst.
unwahrscheinlich (vgl. R. Hildebrandt, a. a. O.; Müller-
Frings 1966–68: 1, Karte 14). Zudem ist die Annahme
einer Übernahme aus dieser kirchenlat. Phrase unnötig,
da bereits das Simplex pater im Mlat. ‚Taufpate‘ be-
deutete (s. o.).

Daneben ist kirchensprachlich das lat. Lehn-
wort pater ‚Kirchenoberhaupt‘ in afries. pa-
ter m. ‚Pater‘, nwestfries. pater m. ‚dss.‘ und
mndd. pater m. ‚geistlicher Anführer eines
Klosters‘ unverändert bezeugt.
Der n-St. aisl. pati m. ‚Vater (Anredeform)‘
stellt sich zu dem kirchenlat. Subst. pater ‚Va-
ter‘ und ist eine sekundäre aisl. Bildung. Eine
Entlehnung dieses Wortes aus dem Mhd. (Holt-
hausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 218) ist wegen
der Bed. ausgeschlossen.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 1346. 1417; Schil-
ler-Lübben, Mndd. Wb. 3, 291; Verwijs-Verdam, Mndl. wb.
6, 10. 311 f.; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 380; Fryske
wb. 16, 221. 242; Vries, Anord. et. Wb.² 423; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 1112; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 2,
932; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 218; Magnús-
son, Ísl. Orðsb. 703.

Zur Etymologie von lat. pater s. fater.

NIL 554 ff.; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 1010; Du
Cange² 6, 209.

S. pfeterîn.

MK/LS

Information

Band VI, Spalte 1318

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemma:
Referenziert in: