pellikân*
Band VI, Spalte 1329
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pellikân* m. a-St., Gl. 3,27,39 (in 2
Hss., 14. Jh. und a. 1468): ‚Pelikan; pellica-
nus [= pelicanus]‘ Var.: -c-. Das Wort ist aus
mlat. pellicanus m. ‚Pelikan, Kropfgans‘ ent-
lehnt (s. u.). – Mhd. pellicân st.m. ‚Pelikan‘,
frühnhd. pellican m. ‚Pelikan‘, übertr. ‚Zange
zum Zähneziehen, bestimmtes Gefäß für die
Zubereitung von Arznei‘, nhd. Pelikan m. ‚in
den Tropen und Subtropen heimischer, großer
flug- und schwimmgewandter Vogel mit brei-
ten Flügeln und langem, an der Unterseite mit
einem Kehlsack versehenem Schnabel‘. Die
Form mit einfachem -l- beruht auf nachklass.
lat. pelicānus. Mdartl. sind mitunter noch For-
men mit Geminate belegt: schweiz. pellikan
‚Zange zum Ziehen von Zähnen‘, westf. pil-
lekan m. ‚Pelikan‘.

Ahd. Wb. 7, 214 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 1228; Schütz-
eichel⁷ 248; Starck-Wells 458; Schützeichel, Glossen-
wortschatz 7, 243; Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 441.
875; Lexer 2, 215; Frühnhd. Wb. 3, 1230 f.; Diefenbach,
Gl. lat.-germ. 421 (pellicanus); Dt. Wb. 13, 1533; Kluge²¹
537; Kluge²⁵ s. v. Pelikan; Pfeifer, Et. Wb.² 986. – Du
Cange² 6, 251; Suolahti [1909] 2000: 393. – HDA 6,
1476 f.; LM 6, 1864 f. – Schweiz. Id. 4, 1160; Woeste,
Wb. d. westf. Mda. 198.

Das lat. Subst. ist in einen Großteil der west-
und nordgerm. Sprachen mit und ohne Ge-
minata entlehnt worden: mndd. pelikān m. ‚Pe-
likan, großer Wasservogel, zweiteiliges Prunk-
gefäß, Geschütz‘; frühmndl., mndl. pellicaen
m. ‚Pelikan, großer Wasservogel der Pelika-
niden‘, nndl. pelikaan m. ‚dss.‘; nwestfries. pi-
lekaan, pelikaan m./f. ‚Pelikan, unangenehme,
aufgeblasene Person‘; ae. pellican m. ‚Pelikan‘,
me. pellican(e) ‚dss.‘, ne. pelican ‚Pelikan, eine
nutzlose Person, ein Instrument, das die Form
des Pelikanschnabels hat‘; nisl. pelikan m. ‚Pe-
likan‘ (im 18. Jh. über das Dän. vermittelt),
ndän. pelikan, pelekan m. ‚dss.‘, nnorw. (bm./
nn.) pelikan m. ‚dss.‘, nschwed. pelikan m.
‚dss.‘.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 1438; VMNW
s. v. pellicaen; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 226 f.;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 495; Vries, Ndls. et. wb. 513;
Et. wb. Ndl. Ke-R 521 f.; Fryske wb. 16, 297; Dijkstra,
Friesch Wb. 2, 352; Holthausen, Ae. et. Wb. 245; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 772; eMED s. v. pellican(e) n.;
Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1149; eOED
s. v. pelican n.; Magnússon, Ísl. Orðsb. 705; Ordb. o. d.
danske sprog 16, 629; NOB s. v. (bm./nn.) pelikan;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 755; Svenska akad. ordb.
s. v. pelikan. – Feulner 2000: 294 f.

Das Subst. lat. pelicānus (mit den Nebenformen
pellicānus, pelecānus) geht auf eine nachklass.
Entlehnung aus gr. πελεκάν, -ᾶνος m. ‚Pelikan‘
zurück. In den rom. Sprachen lebt das lat. Wort
nur in italien. pelicano m. ‚Pelikan‘ und frz. pé-
lican m. ‚dss.‘ fort.
Gr. πελεκάν ist wie πελεκῖνος m. ‚Pelikan, Zin-
ke, Kronwicke‘ und das denominale Verb πε-
λεκάω ‚bearbeite mit der Axt‘ von dem seit
Homer belegten Subst. gr. πέλεκυς m. ‚Streit-
axt‘ im 5. Jh. v. Chr. abgeleitet. Gr. πελεκάω ist
außerdem Ableitungsbasis für gr. πελεκᾶς, -ᾶν-
τος m. ‚Grünspecht‘. Mit gr. πέλεκυς verglei-
chen sich direkt ai. paraśú- m. ‚Axt, Streitaxt‘
und oss. færæt m. ‚Axt‘. Aus einer iran. Sprache
sind schließlich toch. A porat ‚Axt‘ und toch. B
peret ‚dss.‘ übernommen. Aufgrund der auffäl-
ligen Wurzelstruktur und der schwachen Be-
zeugung in der Indogermania wird für das gr.-
iiran. Wort semit. Herkunft angenommen. An-
gesichts der stark abweichenden Bedeutung
von akkad. pilaqqu, nämlich ‚Spindel, Stilett‘,
sieht Bai 2009: 89 den Ursprung daher in dem
semit. Verb p-l-q (~ akkad. palāqu ‚erschlagen,
schlachten‘, arab. falaqa ‚spalten, zerreißen‘).
In diesem Fall wäre wegen der einheitlichen
Substantivierung und des auffälligen u-St. im
Iiran. (mit dem archaischen Instr.Pl. ved. pa-
raśv) und Gr. von einer sehr frühen Entleh-
nung auszugehen. Möglicherweise handelt es
sich aber trotz der Wurzelstruktur um ein idg.
nominales Erbwort, wofür nicht nur die Wort-
bildung, sondern auch die Behandlung des Pa-
latals im Iiran. spräche: uridg. *peleu-.

Nicht hierher gehört wegen der Bedeutung die Wortsippe
des lautlich nahestehenden Verbs ahd. felahan ‚zusam-
mensetzen, aufschichten‘ (s. d.).

Während kymr. pelican m. ‚Pelikan‘ aus dem
Ne. und bret. pelicant m. ‚dss.‘ aus dem Frz.
übernommen sind, kann russ. pelikán m. ‚Peli-
kan‘ sowohl aus dem Frz. als auch aus dem Dt.
stammen.

Mayrhofer, KEWA 2, 213 f.; ders., EWAia 2, 87; Frisk,
Gr. et. Wb. 2, 496 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.² 843 f.;
Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1166 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 493; Thes. ling. lat. 10, 1, 995 f.; Du Cange² 6,
251; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6995; Wartburg, Frz. et.
Wb. 8, 161 f.; Vasmer, Russ. et. Wb. 2, 333; ders., Ėt.
slov. russ. jaz. 3, 230; Dict. of Welsh 3, 2722 f.; Deshayes,
Dict. ét. du bret. 566; Adams, Dict. of Toch. B² 425.

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