pergamn
Band VI, Spalte 1338
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pergamn n. a-St., seit dem 10. Jh. in
Gl., in NMC: ‚Pergament; membrana, perga-
menumVar.: b-; -gem-, -gim-. Das Wort
ist aus spätlat. pergamīna, pergamēna, per-
gamēnum f./n. ‚Pergament‘ entlehnt (s. u.). –
Diese Entlehnungsbasis gilt auch für frühnhd.
pergamen, pergemen, pergumene n. und bei
Lessing und Goethe belegtes Pergamen n. Da-
gegen sind mhd. pergamente st.n. ‚dss.‘ mit den
Var. pergemente, pergamint, perment(e), u. a.,
frühnhd. pergament n. ‚dss.‘ und nhd. Per-
gament n. ‚enthaarte, geglättete und zum Be-
schreiben hergerichtete Tierhaut, alte Hand-
schrift auf dieser Haut‘ aus mlat. pergamentum
n. übernommen.

Ahd. Wb. 7, 216 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 699; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 855; Schützeichel⁷ 249; Starck-Wells 458;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 245; Graff 3, 349;
Lexer 2, 217; Frühnhd. Wb. 3, 1429 ff.; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 355 (membrana). 426 (pergamenum); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 479 (pergamenum); Dt. Wb. 13, 1544;
Kluge²¹ 538; Kluge²⁵ s. v. Pergament; Pfeifer, Et. Wb
989 f. – Zum Sachlichen LM 6, 1885 ff.

In den anderen germ. Sprachen erscheint mlat.
pergamīnum in as. pergamin n. ‚Pergament‘,
mndl. pergameen n. ‚dss.‘ und in aschwed. pär-
man, pärghmen n. ‚dss.‘.
Daneben zeigt nur mndd. perment n. ‚Perga-
ment‘ die mlat. Variante pergamentum. Auf
unterschiedlichen Wegen gelangt das mlat.
Wort auch in die nordgerm. Sprachen: nisl.
pergament n. ‚dss.‘ (aus dem Dän.), ndän. per-
gament ‚dss.‘, nschwed. pergament ‚dss.‘ (bei-
de aus dem Dt.), ält. dän. perment ‚dss.‘ aus
mndd. perment. Auch über das Frz. dringt das
mlat. Subst. in die westgerm. Sprachen ein:
mndl. parcamijn neben frühmndl. percament n.
‚Pergament‘ (aus afrz., mfrz. [pik., flandr.] par-
kamin ‚Pergament‘), mndl., nndl. perkament
n. ‚dss.‘, mndl. perchemein ‚Pergament‘ (aus
afrz., mfrz. parchemin ‚dss.‘). Mfrz. parchemin
ist außerdem in me. parchemn ‚Pergament‘
entlehnt, neben dem eine Variante parchement
(> ne. parchment ‚dss.‘) durch analogischen
Einfluss von mlat. pergamentum stand. Aus
dem Nndl. wird schließlich nwestfries. parke-
mint n. ‚Pergament‘ übernommen.

Tiefenbach, As. Handwb. 304; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 1479 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3,
320 f.; VMNW s. v. percament; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 6, 140 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 497; Vries,
Ndls. et. wb. 515; Fryske wb. 16, 252; eMED s. v. par-
chemn n.; Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2,
1129; eOED s. v. parchment n.; Magnússon, Ísl. Orðsb.
707; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2, 821; Ordb. o. d.
danske sprog 16, 676 f.; NOB s. v. pergament; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 2, 756; Svenska akad. ordb. s. v. per-
gament.

Während mlat. pergamēna direkt auf klass. lat.
pergamēna zurückgeht, ist mlat. pergamīna ei-
ne Neuentlehnung aus gr. byz. περγαμηνά mit
Itazismus (vgl. Stotz 1996–2004: 3, 7 § 15, 1).
Wegen des im Mlat. unbekannten Ausgangs
-mēna ist das Suffix des mlat. Wortes an das
produktive Suffix -mentum angeglichen wor-
den, sodass neben den genannten Formen auch
ein Subst. mlat. pergamentum bezeugt ist. Das
Suffix -mentum tritt auch sonst bei Fremd-
wörtern auf: z. B. eskipiamentum ‚Schiffsaus-
rüstung‘ (vgl. Stotz, a. a. O. 2, 6 § 64).
Mlat. pergamīna erscheint schließlich mehr-
fach in den rom. Sprachen in der Bedeutung
‚Pergament‘: aitalien. pergamina, span. perga-
mino, port. pergaminho (zum Frz. s. o.). Aus-
gehend von poln. pergamin, pargamin ‚Per-
gament‘ (ebenfalls aus dem Mlat. entlehnt)
dringt das Wort auch ins Russ. als pergámen,
porgamin ‚Pergament‘ ein. Daneben geht russ.
pergáment ‚dss.‘ wie auch slowen. pergamȅnt
‚dss.‘ auf eine Entlehnung aus dem Dt. zurück.
In den kelt. Sprachen wird das mlat. Wort über
zwei Entlehnungsquellen übernommen: kymr.
parsment ‚Pergament‘ aus dem Engl. und bret.
parchemin ‚dss.‘, korn. parchemyn ‚dss.‘ aus
dem Frz.
Lat. pergamēna f. ‚Pergament‘ ist aus der
Phrase pergamēna membrāna ‚aus Pergamon
stammendes Pergament‘ abstrahiert, zu dem im
Mlat. die n. Variante pergamēnum trat (zum
verbreiteten mlat. Wechsel zwischen Neutr.
und Fem. vgl. Stotz, a. a. O. 4, 8 § 7, 2). Das
substantivierte Adj. stellt sich zu lat. perga-
mēnus ‚zu Pergamon gehörig‘ und ist aus gr.
περγαμηνός ‚aus Pergamon‘ entlehnt. Das gr.
Adj. ist mit dem im nordwestlichen Kleinasien
zur Bildung von Ethnika üblichen Suffix -ηνο-
vom ON Πέργαμον abgeleitet; zum Suff. vgl.
Σαρδιηνός, Ἀλπηνός, Ὀλυμπηνός (vgl. Schwy-
zer, Gr. Gramm.² 1, 490). Die seit dem 2. Jh. v.
Chr. bezeugte Bezeichnung des Pergaments als
περγαμηνός geht auf das in der Bibliothek von
Pergamon entwickelte Verfeinerungsverfahren
von Pergament zurück (vgl. GP 15, 1, 596 f.).
Neben der neutr. Form erscheint zur Bezeich-
nung dieses, in Mysien befindlichen Ortes auch
das mask. Genus Πέργαμος. So wird auch die
Burg von Troja benannt (vgl. Zgusta 1984:
484). Die diesen ON zugrunde liegende Wz.
tritt außerdem mit a-Vokalismus und o-Voka-
lismus in dem kar. ON Παργασα einerseits und
dem lyd. ON Προγασεια andererseits auf (für
weitere Belege des ON vgl. Heubeck 1961:
63 f.). Wenn sich diese Wörter an gr. πύργος
‚Burg‘ anschließen und so neben den rein klein-
asiat. ON auch ein klass. gr. Appellativum be-
zeugt ist, sind diese gr. Wörter wahrscheinlich
vorgr. Herkunft (vgl. H. Krahe, Gnomon 30
[1958], 250; zu dem nahestehenden ahd. burg
s. d.). Bei Trennung der ON von gr. πύργος
wäre außerdem ein kleinasiatischer, etwa thra-
ko-phryg. Ursprung denkbar (vgl. Scheer 1993:
100).

Frisk, Gr. et. Wb. 2, 629 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.² 853;
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 498; Thes. ling. lat. 10, 1,
1427; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 1027; Du Cange² 6,
273; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 7052; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 6411; Wartburg, Frz. et. Wb. 8, 239 f.;
Snoj, Slov. et. slov.² 506; Vasmer, Russ. et. Wb. 2, 237;
ders., Ėt. slov. russ. jaz. 3, 235; Dict. of Welsh 3, 2756;
Deshayes, Dict. ét. du bret. 558.

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