pfad
Band VI, Spalte 1346
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pfad m. a-/i-St., n. a-St., im Abr (1,255,
32 [Kb, Ra]), Gl. 2,307,63 (Ende des 8./Anfang
des 9. Jh.s, alem.), in der Sam (1,67,24. 2,562)
und weiteren Gl. (häufig im SH), MH, O, Oh,
Os, Nps und Npw: ‚Pfad, Weg, feste Bahn, Le-
bensweg; callis, semita, trabea [= trames], tra-
mes, via‘, smal pfad ‚Fußweg, Steig; semita‘,
unrehtêr pfad ‚Weg des Unrechts; via iniqui-
tatis‘, sînas pfad faran ‚fortgehen (von); abire
Var.: f-, p-, ph-; -th, -t, -dh. Im Mittel- und
Rheinfrk. bleibt anl. p- unverschoben (bei O
pad), im Alem. steht meist f- (N fád). – Mhd.
pfat, gen. -des st.m./n., md. auch pat, m.pl. pfe-
de, n.pl. pfat und pfeder ‚Fußweg, Pfad‘, früh-
nhd. pfad m./n. ‚schmaler, gangbarer Weg,
Fußweg‘, nhd. Pfad m. ‚schmaler Weg‘, phras.
ausgetretene Pfade verlassen ‚vom üblichen
Schema abweichen‘, auf krummen Pfaden wan-
deln ‚Unrechtes tun‘.

Ahd. Wb. 7, 221 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 699; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 856; Schützeichel⁷ 249; Starck-Wells 459;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 246 f.; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 253. 296 (II). 298 (I). 895; Seebold,
ChWdW8 229. 427. 504; ders., ChWdW9 645. 1099;
Graff 3, 326; Lexer 2, 230 f.; 3, Nachtr. 338; Frühnhd.
Wb. 4, 2 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 91 (callis). 526
(semita). 592 (trames); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 2 (ab-
ire). 83 (callis). 338 f. (s. v. iniquitas). 601 (semita). 672
(trames). 707 (via); Dt. Wb. 13, 1582 f.; Kluge²¹ 540;
Kluge²⁵ s. v. Pfad; Pfeifer, Et. Wb.² 993 f. – Froschauer
2003: 257–259. – Röhrich 2003: 2, 1154 f.

Das ahd. Subst. hat nur im Westgerm. direkte
Entsprechungen: mndd. pat m./n. ‚Pfad, Weg‘;
andfrk. path m. ‚Weg‘ (nur in ON, z. B. in Ūle-
re-path), frühmndl. pat m. ‚Pfad, Spur, Fuß-
weg, Fußspur‘, mndl. pad m. ‚Pfade, schmaler
Weg‘, nndl. pad m. ‚Pfade, Spur, schmaler
Weg, Trampelpfad‘; afries. path n. ‚Pfad, Weg‘,
nwestfries. paad m. ‚Pfad‘, saterfries. paad n.
‚Pfad‘; ae. pæth m. ‚Weg, Spur‘, me. pth
‚dss.‘, ne. path ‚Pfad, Weg, schmale Straße‘:
< westgerm. *paþ-a-. Im Nordgerm. erscheint
das Subst. nur in ostschwed. Dialekten (mit ty-
pischem Übergang zum f. ōn-St.): ostschwed.
dial. padä f. ‚kahle Stelle im Kornfeld‘, pada
f. ‚Teil eines gesäten Feldes, auf dem keine Saat
aufgegangen ist‘ (vgl. H. W. Bailey, A. S. C.
Ross, TPhS 60 [1961], 115). Das germ. Lehn-
wort finn. pade ‚Pfad, Weg, Uferbefestigung
aus Steinen‘ zeigt den im Ahd. neben dem a-St.
bezeugten i-St. (vgl. H. W. Bailey, A. S. C.
Ross, a. a. O. 120). Der i-St. könnte auch in dem
in schott. ON belegten ae. -peth (z. B. Ailinus-
peth, Hextildes-peth) vorliegen. Die ostschwed.
und finn. Parallelen weisen auf ein hohes Al-
ter der Wz. urgerm. *paþ- und sprechen gegen
die Annahme eines rein westgerm. Wortes (A.
Greule, ZVSp 94 [1980], 210). Die Reste der
i-Deklination deuten auf einen m. i-St. urgerm.
*paþ-i-, der einzelsprachlich zur a-Deklination
übergetreten ist.
Daneben stehen im dt. Sprachraum die FlurN
Pader, Pfatter und Pfettr-ach aus westgerm.
*paþ-(i)rō, einer denominalen Ableitung mit
dem FlurN bildenden Suffix *-(i)ra- (vgl. Kra-
he-Meid 1969: 3 § 81, 3; W. H. Snyder, BNF 3
[1968], 26; A. Greule, ZVSp 94 [1980], 213).

Fick 3 (Germ.)⁴ 217; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 396;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 1416; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 3, 309; ONW s. v. path; VMNW s. v.
pat; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 190 f.; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 485; Vries, Ndls. et. wb. 500 f.; Et. wb. Ndl.
Ke-R 487; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 380; Richt-
hofen, Afries. Wb. 977; Fryske wb. 16, 152 ff.; Fort, Sa-
terfries. Wb. 142; Holthausen, Ae. et. Wb. 244; Bosworth-
Toller, AS Dict. 771; Suppl. 678 f.; Suppl. 2, 51; eMED
s. v. pth n.; Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2,
1139; eOED s. v. path n.¹; Kylstra, Lehnwörter 3, 7 f. –
Greule 2014: 397 f.

Das m. Nomen actionis urgerm. *paþ-i- ‚Aus-
breitung‘ geht auf die s-mobile Wz. uridg.
*(s)peth₂- ‚ausbreiten‘ zurück. Dabei setzt die
Bewahrung des p die s-haltige Variante der Wz.
voraus, für die nach der Lautverschiebung die
s-lose eingetreten ist. Zu der Herkunft des p-
Anlauts im Germ. aus Wz. mit s-mobile vgl.
K. Matzel, R. Lühr, ZVSp 99 (1986), 254 ff.
Dass bei uridg. *(s)peth₂- entgegen LIV² 478 ei-
ne s-mobile Wz. vorliegt, zeigt das mit dem
deverbalen Suffix lat.-fal. *-o- gebildete Subst.
lat. spatium n. ‚Raum, Weite, Strecke, Umfang,
Weg, Bahn‘ (vgl. z. B. lat. gaudium ‚Freude‘ zu
gaudēō ‚freue mich‘ [vgl. Leumann [1926–28]
1977: § 275 B, 3]). Die Wz. uridg. *(s)peth₂-
wird verbal ausschließlich im Gr. und It. fort-
geführt: gr. πίτνημι ‚breite aus, öffne‘, πε-
τάννυμι ‚dss.‘, lat. pandō ‚dss.‘, lat. patēō ‚bin
offen, stehe offen‘, osk. patensíns 3.pl.konj.
imper. ‚sie mögen öffnen‘. Das lat. Part.Präs.
patēns ‚offen‘ (zu lat. patēō) erscheint noch in
italien. patente ‚offen, klar‘ und prov. patens
‚offen‘. Für weitere idg. Anschlüsse s. fadum.
Gegen den Anschluss an die Wurzel uridg.
*(s)peth₂- spricht lediglich die schwache Be-
zeugung des s-mobile (sicher nur in lat. spa-
tium).
Alternativ könnte urgerm. *paþ-i- eine Entleh-
nung aus kelt. *ba-to- ‚Durchgang, Gang‘ vor
der ersten Lautverschiebung sein (so W. H.
Snyder, BNF 3 [1968], 28 f.): Das kelt. Subst.
ist zwar nahezu durchgängig in der metapho-
rischen Bedeutung ‚Tod‘ (vgl. air. bath n.
‚Tod‘, mkymr. bad f. ‚Pest, Plage‘) bezeugt, die
Grundbedeutung ‚Gang‘ tritt aber noch in der
frühen Gl. air. bath múir ‚Meerweg zwischen
Irland und Schottland‘ (Corm. Y 63) in Erschei-
nung. Dann bleibt jedoch die Überführung in
einen m. i-St. im Germ. dunkel.

Ausgeschlossen ist die Erklärung von urgerm. *paþ-i-
als Lehnwort aus gr. πάτος m. ‚Trampelpfad, Weg, Ge-
treidefeld‘ (so R. Loewe, IF 10 [1899], 81), da die frühen
gr. Lehnwörter im Westgerm. ausschließlich der christ-
lichen Sphäre entstammen und andere Lehnwörter wie
ahd. pfeit (s. d.) aus gr. βαιτή f. ‚Mantel‘ Handelswaren
bezeichnen (vgl. H. W. Bailey, A. S. C. Ross, a. a. O. 120).
Auch die Herleitung des urgerm. Wortes aus einer Ent-
lehnung aus dem Skyth. und die so implizierte Ver-
bindung mit av. paθā- f. ‚Pfad, Weg‘ entfällt: Die Go-
ten hatten, als einzige Germanen, erst nach ihrer Ab-
wanderung ans Schwarze Meer Kontakt zu den Skythen.
Dann wäre von einer got. Vermittlung ins West- und
Nordgerm. auszugehen, die angesichts des Fehlens die-
ses Wortes im Got. und der Entlehnung ins Finn. auffäl-
lig wäre (vgl. R. Loewe, IF 10 [1899], 80). Auch setzt
eine skyth. Übernahme voraus, dass wie im Av. auch
im Skyth. das Paradigma *panth-/*path- zugunsten von
*path- ausgeglichen wurde.

Walde-Pokorny 2, 568 f.; Pokorny 824 f.; LIV² 478 f.; Bar-
tholomae, Airan. Wb.² 843; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 520 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr.² 858 f.; Beekes, Et. dict. of Gr. 2,
1181; Untermann, Wb. d. Osk.-Umbr. 517 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. 2, 262; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴
486 f.; de Vaan, Et. dict. of Lat. 448 f. 578; Thes. ling. lat.
10, 1, 657 ff.; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6924; Mey-
er-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 6288; Matasović, Et. dict.
of Proto-Celt. 59; Hessens Ir. Lex. 1, 82; Vendryes, Lex.
ét. de l’irl. anc. B- 22. 23; Dict. of Irish B-44. 66; Dict.
of Welsh 1, 247 f. – M. Mayrhofer, ZVSp 84 (1970),
224–230.

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