pfanna
Band VI, Spalte 1363
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pfanna f. ō(n)-St., seit Anfang des 9. Jh.s
in zahlreichen Gl., häufig im SH, in Nps und
Npw: ‚Pfanne, Ofenplatte, Röstpfanne; aceta-
bulum, batillum [= vatillum], frixorium, olla,
patella, patina, sartago, vas ferreum, zizain
[lingua ignota, Hildeg.]‘, in pfannun giswei-
zit ‚in der Pfanne angeschwitzt; frixusVar.:
ph-, f-, p-; -e. Das Wort ist eine frühe Ent-
lehnung aus gleichbedeutendem vulg.lat. pan-
na, das über *patna aus lat. patina f. ‚Schüssel,
Pfanne‘ stammt. Das lat. Wort ist wiederum aus
gr. πατάνη f. ‚Schüssel‘ übernommen (s. u.).
Die Bezeichnung von anl. pf-, ph- durch <f->
begegnet hauptsächlich im Alem. (vgl. Brau-
ne-Reiffenstein 2004; § 131 Anm. 4). Über-
wiegend sind sw. Formen belegt. – Mhd. pfan-
ne sw./st.f. ‚Pfanne‘, phras. du bist ir niht in
der pfannen gebacken ‚du stehst ihr nicht an,
du gefällst ihr nicht‘, frühnhd. pfanne f. ‚fla-
ches metallenes Gefäß mit Stiel zum Backen,
Braten, Sieden, Sudpfanne in einem Brauhaus,
Schmelzpfanne, mit lichtgebenden, brennba-
ren Stoffen gefüllter Behälter, der zur Be-
leuchtung an bestimmten Stellen eines Ortes
aufgestellt wird‘, phras. jmdm. nichts an der
pfanne kleben lassen ‚jmdm. nichts schenken,
nichts ungerächt lassen‘, jmd. klebt an der
pfanne ‚jmd. zieht den kürzeren‘, nhd. Pfan-
ne f. ‚flaches, zum Braten oder Backen auf
dem Herd verwendetes Gefäß, meist mit lan-
gem Stiel, am Gewehr angebrachte Vertiefung
für das Schießpulver, Gefäß zum Transport
von flüssigem Metall‘, phras. ugs. jmdn. in die
Pfanne hauen ‚jmdn. durch Kritik vernichten‘,
etw. auf der Pfanne haben ‚Besonderes leis-
ten können‘.

Ahd. Wb. 7, 232 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 700; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 857; Schützeichel⁷ 249; Starck-Wells
459; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 252 ff.; See-
bold, ChWdW9 645. 1099; Graff 3, 338; Lexer 2, 225;
Frühnhd. Wb. 4, 58 ff.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 9 (ace-
tabulum). 248 (frixorium). 416 (patella, patina). 513
(sartago); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 278 (frixorium); Dt.
Wb. 13, 1614 f.; Kluge²¹ 541; Kluge²⁵ s. v. Pfanne; Pfei-
fer, Et. Wb.² 994 f. – Röhrich 2003: 2, 1155 f.

Das lat. Lehnwort erscheint auch in den meis-
ten anderen westgerm. Sprachen: as. panna f.
n-St. ‚Pfanne, Kasserolle‘, mndd. panne f.
‚Pfanne, eiserner Trog, Dachpfanne, Schädel‘;
frühmndl. panne f. ‚Pfanne‘, mndl. panne f.
‚Pfanne, Röstpfanne‘, nndl. pan f. ‚dss.‘; afries.
panne f. ‚Ziegel‘, nwestfries. panne f. ‚Koch-
topf, Pfanne‘; ae. panne f. ‚Pfanne, Tiegel‘, me.
panne ‚Kessel, Pfanne, Topf‘, ne. pan ‚Pfanne,
Tiegel, Kessel‘. Auch im Nordgerm. ist das
Subst. belegt, wobei wegen der weiten Ver-
breitung in den nordgerm. Sprachen eher ei-
ne direkte Entlehnung aus dem Mlat. vorliegt
als eine mndd. Vermittlung des mlat. Wortes:
aisl., nisl. panna f. ‚Pfanne‘, fär. panna f. ‚dss.‘,
ndän. pande ‚Kochgeschirr‘, nnorw. (nn./bm.)
panne f. ‚Pfanne, Kasserolle, Topf‘, norn. in
panna-brod ‚Teil eines zerbrochenen Gefäßes‘,
aschwed., nschwed. panna f. ‚Pfanne, Ofen-
platte‘.

Tiefenbach, As. Handwb. 303; Wadstein, Kl. as. Spr.-
denkm. 213; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1,
1369 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 297; VMNW s. v.
panne; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 89 ff.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 487; Vries, Ndls. et. wb. 504; Et. wb. Ndl.
Ke-R 492; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 386; Fryske
wb. 16, 177 ff.; Dijkstra, Friesch Wb. 2, 340; Holthausen,
Ae. et. Wb. 245; Bosworth-Toller, AS Dict. 772; Suppl.
679; eMED s. v. panne n.¹; Klein, Compr. et. dict. of the
Engl. lang. 2, 1118; eOED s. v. pan n.¹; Vries, Anord. et.
Wb.² 423; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 1108 f.; Fritzner, Ordb.
o. d. g. norske sprog 2, 928; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 218; Magnússon, Ísl. Orðsb. 700; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 2, 813; Ordb. o. d. danske sprog 16,
418; Torp, Nynorsk et. ordb. 483; NOB s. v. (nn./bm.)
panne; Jakobsen, Et. dict. of the Norn lang. 2, 645; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 2, 747; Svenska akad. ordb. s. v.
panna.

Mlat. panna f. ‚Tiegel, Pfanne, Kasserolle‘ geht
mit Synkope des Mittelsilbenvokals und an-
schließender Assimilation *tn > nn auf klass.
lat. patina, patena f. ‚Schüssel, Pfanne, Pfan-
nengericht‘ zurück (vgl. Stotz 1996–2004: 3, 7
§ 86, 1; Meiser [1998] 2010: § 85, 3). Das lat.
Subst. ist seinerseits aus gr. πατάνη f. ‚Schüs-
sel‘ entlehnt, einem Fortsetzer der sekundär
thematisierten obliquen Form uridg. *pə₂t--n-´
des amphidynamischen r/n-Heteroklitikons ur-
idg. *péh₂t-/*pə₂t-n-´ ‚Schüssel, Gefäß‘. Die
Heteroklisie zeigt sich noch in heth. pattar,
pattan- n. ‚Korb, Tablett, Sieb‘. Wahrschein-
lich gehört der lyk. ON Πάταρα nicht hierher,
sondern gibt das in urart. pātari ‚Stadt‘ und
ugarit. pdr ‚Stadt‘ bezeugte Subst. wieder.
Das st. Stammallomorph ist, ebenfalls thema-
tisiert, in ai. ptra- n. ‚Gefäß, Becher, Schale‘
und dem daraus entlehnten toch. B pātro ‚Al-
mosenschale‘ fortgesetzt.

Bisweilen wird für die Nomina der Bed. ‚Schüssel, Ge-
fäß‘ die Wz. uridg. *peh₂- ‚schützen, hüten‘ zugrunde ge-
legt (so Mayrhofer, KEWA 2, 253; ders., EWAia 2, 119).
Dann müsste das t der Wörter Bestandteil eines Suffi-
xes -ter- sein. Außerdem wäre von einer Bedeutungs-
entwicklung von ‚Beschützer‘ zu ‚Becher, Schale‘ auszu-
gehen. Abgesehen davon, dass eine solche Bildung se-
mantisch ohne Parallele wäre, bliebe gr. πατάνη morpho-
logisch vollkommen unklar, da ein Suffix -τάνη im Gr.
nicht nachgewiesen werden kann. Dieselben unlösbaren
Schwierigkeiten betreffen auch den Ansatz des Wortes
mit der Wz. uridg. *peh₃- ‚trinken‘.
Eine Verbindung der Wortsippe mit der Wurzel uridg.
*peth₂- ‚ausbreiten‘ (so etwa Rieken 1999: 297 f.) ent-
behrt semantischer Parallelen und ist deshalb unplau-
sibel.

Auf einer analogischen Umbildung nach dem
semantisch nahestehenden lat. crātēra f. ‚Misch-
kessel, Wassereimer‘ basiert dagegen lat. pa-
tera f. ‚flache Trinkschale‘, da das Suffix -era
sowohl diachron als auch synchron keine Er-
klärung fände.

Walde-Pokorny 2, 18; Pokorny 824 f.; LIV² 478 f.; Mayr-
hofer, KEWA 2, 253; ders., EWAia 2, 119; Bartholomae,
Airan. Wb.² 887; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 480; Chantraine,
Dict. ét. gr.² 832; Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1157; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 264; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 488; Thes. ling. lat. 10, 1, 692 ff. (patera). 716 ff.
(patina); Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 1006; Du Cange²
6, 137; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6925. 6931; Meyer-
Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 6293; Wartburg, Frz. et. Wb. 8,
17 ff.; Kronasser, Etym. d. heth. Spr. 2, 284; Tischler,
Heth. et. Gl. 2, 541 ff.; Kloekhorst, Et. dict. of Hitt. 659 f.;
CHD P 241 f.; Adams, Dict. of Toch. B² 391.

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