pfeffar
Band VI, Spalte 1386
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

pfeffar, pfeffur m. a-St., in BR (Ende
des 8. Jh.s), seit dem 10. Jh. in Gl.: ‚Pfeffer;
diptamnus, piper‘, wîz pfeffar ‚weißer Pfeffer;
fulfulabia‘ (Piper nigrum L.) Var.: ph-, p-,
f-; -f-, -ph-; -or, -ir, -er. Das Kulturwort ist
bereits vor der 2. Lautverschiebung und vor
Abwanderung der Angeln und Sachsen nach
England aus gleichbed. lat. piper n. entlehnt
(s. u.; dort auch zu den Wanderwegen des
Gewürzes). – Mhd. pfeffer st.m. ‚Pfeffer‘, der
edele pfeffer und bôs mûsbâht ‚edler Pfeffer
und wertloser Mäusekot‘ zur Bezeichnung ei-
nes großen Gegensatzes von äußerlich Ähn-
lichem, frühnhd. pfeffer m. ‚Pfeffer, mit Pfef-
fer gewürzte Brühe, Soße und das darin ge-
garte Fleisch‘, phras. bleiben, wo der pfeffer
wechst ‚weit weg bleiben‘, da liegt der hase
im pfeffer ‚das ist der Kern der Sache‘, der
pfeffer ist versalzen ‚die ganze Sache ist ver-
dorben‘, nhd. Pfeffer m. ‚scharfes Gewürz, das
in Form von (un-)gemahlenen Pfefferkörnern
verwendet wird‘, übertr. ‚Schwung, stimulie-
rende Kraft‘, in zahlreichen Wendungen wie im
Pfeffer sitzen ‚in Verlegenheit sein‘, das ist
starker Pfeffer ‚das ist ein starkes Stück‘.

Im Mittelalter gehörte der Pfeffer neben Salz und Safran
zu den beliebtesten und kostbarsten Gewürzen. Er dien-
te auch als Zahlungsmittel. In der Volksmedizin wurde
der Pfeffer als verdauungsförderndes und harntreibendes
Mittel eingesetzt, er galt auch als Aphrodisiakum und
Abtreibungsmittel.

Ahd. Wb. 7, 245 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 701; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 857; Schützeichel⁷ 249; Starck-Wells
460; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 261 f.; Seebold,
ChWdW8 230. 504; Graff 3, 330; Heffner 1961: 118; Le-
xer 2, 232 f.; Frühnhd. Wb. 4, 87 ff.; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 436 (piper); Dt. Wb. 13, 1633 ff.; Kluge²¹ 542; Klu-
ge²⁵ s. v. Pfeffer; Pfeifer, Et. Wb.² 995. – Marzell [1943–
79] 2000: 3, 793. – Friedrich 2006: 321; Röhrich 2003:
2, 1158 ff. – HDA 6, 1570 f.; Küster 1987: 190–194; LM
6, 2027; RGA² 23, 9–12.

Auch in andere germ. Sprachen wurde das Kul-
turwort entlehnt, bisweilen wurde es metapho-
risch auf Gerichte und andere Pflanzen über-
tragen: mndd. pēper m. ‚Pfeffer, unter Verwen-
dung von Pfeffer zubereitetes Gericht, Pflan-
ze mit pfefferkornähnlichen Samen, Bärwurz‘;
mndl. peper m., nndl. peper ‚Pfeffer, Pfeffer-
strauch, mit Pfeffer bereitete Gerichte‘, übertr.
‚Geld, Bezahlung‘; afries. piper- (in Komp.),
nwestfries. piper, auch peper, saterfries. píeper;
ae. pipor, selten peopor, pepur m., me. pep-
(p)er, piper etc., ne. pepper ‚Pfeffer, Pfeffer-
pflanze‘; aisl. piparr, pipari m., nisl. pipar(r),
fär. pipar, adän. pipær, ndän. peber, nnorw.
(bm.) pepper, (nn.) pepar, ält. nschwed. pip-
(p)ar, pip(p)er, päppar, pöp(p)ar, nschwed.
peppar.
As. pepar (nach eOED s. v. pepper [n.]) exis-
tiert nicht.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 1465 f.; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 3, 319; VMNW s. v. peper; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 6, 268 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
497; Vries, Ndls. et. wb. 515; Et. wb. Ndl. Ke-R 526; Hof-
mann-Popkema, Afries. Wb. 384; Richthofen, Afries. Wb.
978; Fryske wb. 16, 320 (piper¹); Dijkstra, Friesch Wb.
2, 355; Fort, Saterfries. Wb. 143; Kramer, Seelter Wb.
166; Holthausen, Ae. et. Wb. 246; Bosworth-Toller, AS
Dict. 774; Suppl. 680 (pipor-); eMED s. v. peper n.;
Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1154; eOED
s. v. pepper n.; Vries, Anord. et. Wb.² 425; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 1117; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 2,
940; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 219; Magnús-
son, Ísl. Orðsb. 711; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2,
819; Nielsen, Dansk et. ordb. 321 f.; Ordb. o. d. danske
sprog 16, 610 ff.; NOB s. vv. (nn.) pepar, (bm.) pepper;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 756; Svenska akad. ordb.
s. v. peppar.

Lat. piper m. ‚Pfeffer‘ ist aus gleichbedeuten-
dem (m)gr. πίπερι, πέπερι n. ‚Pfeffer, Pfeffer-
baum‘ (daraus türk. biber) entlehnt. Dieses wie-
derum wurde aus dem Sanskrit übernommen;
vgl. ai. píppala- n. ‚Beere des heiligen Feigen-
baums (Ficus religiosa)‘, pippal f. ‚Beere‘ (AV),
später auch episch, klass. ‚Pfefferkorn, lan-
ger Pfeffer‘, pippala- m. ‚Ficus religiosa‘, pāli
pipphala- n. ‚Peepal-Beere‘, pipphalī f. ‚langer
Pfeffer‘, hindī pīpal ‚dss.‘, daneben bereits im
Prākrit auch pipparī mit -r-. Aus dem Ind. über-
nommen sind (über iran. Vermittlung?) auch
aram. filfel, arab. filfil etc. Diese Formen weisen
vielleicht auf eine auch für das Ai. anzuset-
zende Vorform *pilpal- (> pippal-; daneben
aber vereinzelt Formen mit ai. piṣp-, die gegen
einen solchen Ansatz sprechen), können aber
ebenso gut auch erst innersemit. an reduplizie-
rende Wortbildungsmuster angeglichen wor-
den sein. Falls es sich nicht nur um eine zu-
fällige Ähnlichkeit der Bez. für den Pfeffer (ur-
spr. in Indien beheimatet) und eine Feigenart
(urspr. am Kaspischen Meer, vielleicht aber
früh schon im gesamten Mittelmeerraum ver-
breitet) handelt, könnte das gemeinsame Be-
nennungsmotiv der Samenreichtum oder die di-
cke angeschwollene Form des Pfefferkorns sein.
Eine idg. Etym. ist auszuschließen, es handelt
sich um ein Substratwort unbekannter Her-
kunft.
Lat. piper ist in den rom. Sprachen fortge-
setzt: italien. pepe, aitalien. und dial. pevere,
vegliot. pepro, afrz. peivre, frz. poivre, rum. pi-
pér, prov., katal., span. pebre (bei port. pimen-
ta ‚Pfeffer‘ [s. pîmenta] handelt es sich um ei-
ne andere Pflanzenbez.). Wohl aus dem Bal-
kanrom. ist alb. piper übernommen.
Aus dem Lat. wurde das Wort auch in kelt.
Sprachen entlehnt, ins Ir. erfolgte eine ältere
Entlehnung als air. scibar m. (noch mit Ersatz
air. c für lat. p und Antritt eines analogischen s-
nach mlat. specieria [?] oder aus der Fügung
air. scella [s]cibair ‚Pfefferkörner‘) und jünger
als mir. pipur, pipar m. sowie als kymr. pupur,
pupr, puper etc., nbret. pebr.
Die ost- und südslaw. Wörter sind aus der mgr.
Form übernommen: aksl. pьp(ь)rъ m., serb.-
ksl., aruss. pьpьrь m., serb., kroat. pȁpar, dial.
auch peper, kajkav. prper etc., slowen. pó-
per, dial. oststeir. pŕper, steir. péper, im Prek-
murje auch pŕpel etc., maked. piper, bulg. pi-
pér; das Dimin. gemeinslaw. *pьpьrьcь er-
scheint in poln. piereć ebenso wie wruss., russ.
pérec m., ukrain. pérec’ m. (neben ukrain. pó-
per ‚Paprika‘).
Die westslaw. Formen sind dagegen wohl Über-
nahmen aus dem Lat.: ält. poln. pierz, poln.
pieprz (beides aus einem ält. Paradigma nom.
*ppierz, gen. pieprza; daneben als Übernah-
me aus dt. Pfeffer poln. fafr), atschech. peř (vgl.
ält. poln. pierz), tschech. pepř, slowak. pie-
por, ndsorb. dial. peŕ neben ndsorb. pepjeŕ,
osorb. popjeŕ.
Auch die balt. Sprachen haben das Wort ent-
lehnt: Lit. pipìrai pl. ist aus aruss. pьpьrь über-
nommen, während lett. pipars, meist pl. pipari
aus einer nordgerm. Sprache, vielleicht dem
Schwed. stammt (wie auch finn. pippari, estn.
pipar).

Walde-Pokorny 2, 107; Mayrhofer, KEWA 2, 285 f.; 3,
758; ders., EWAia 2, 133; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 508; Chan-
traine, Dict. ét. gr.² 851; Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1173;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 308 f.; Ernout-Meillet,
Dict. ét. lat.⁴ 509; Thes. ling. lat. 10, 1, 2185 ff.; Du
Cange² 6, 329; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 7176; Meyer-
Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 6521; Wartburg, Frz. et. Wb. 8,
552 ff.; Bezlaj, Et. slov. slov. jez. 3, 87; Snoj, Slov. et.
slov.² 545; Vasmer, Russ. et. Wb. 2, 341; ders., Ėt. slov.
russ. jaz. 3, 241; Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb.
1132 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1, 595; Smoczyński, Słow.
et. jęz. lit. 462; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 3,
221; Karulis, Latv. et. vārd. 2, 53; Hessens Ir. Lex. 2, 182;
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. P-9; S-44; Dict. of Irish
P-188; S-93; Dict. of Welsh 3, 2930; Deshayes, Dict. ét.
du bret. 564. – Brückner [1927] 1993: 409 f.; Georgiev
1971 ff.: 5, 246–248; Skok 1971–74: 2, 601; Machek
1997: 444; Bańkowski 2000: 2, 555 f.; Newerkla 2011:
589; Orel 2011: 3, 31; Rejzek 2015: 507.

MK/HB

Information

Band VI, Spalte 1386

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemmata:
Referenziert in: