pfeit
Band VI, Spalte 1391
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pfeit f. i-St., Gl. 3,11,4 (1. Viertel des 9.
Jh.s, bair.): ‚Hemd, Überwurf; camisiaVar.:
ph-. Das Wort setzt ein frühes kulturhis-
torisches Wanderwort fort. – Mhd. pfeit st.f.
‚Hemd, hemdähnliches Kleidungsstück‘ (mit
denominalem sw.v. enpfetten ‚ausziehen, ent-
kleiden‘), frühnhd. pfeit f., seltener n. ‚Hemd‘,
nhd. mdartl. schwäb. †pfaid n. ‚Hemd‘, bair.
pfeit f. ‚Hemd, Männerrock‘, öster.-bair. pfēit f.
‚Hemd, Hemdkleid, Chorrock der Mesner und
Ministranten‘, kärnt. pfât f. ‚Hemd‘, tirol. pfàid
f. ‚Hemd, Rock‘, steir. in pfeidtuch n. ‚Lein-
wand für Hemden‘, pfeidlenzel m. ‚Kind, das
noch im Hemdchen umherläuft‘; dt.-lothr. peit
f./n. ‚Ballen Tuch‘ hingegen ist aus frz.-lothr.
pet ‚dss.‘ übernommen, nhd. öster. noch in der
Berufsbez. Pfeidler m. ‚Hemdenmacher, Hem-
denhändler‘.

Ahd. Wb. 7, 247; Splett, Ahd. Wb. 1, 702; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 858; Schützeichel⁷ 249; Starck-Wells 460;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 263; Bergmann-Stri-
cker, Katalog Nr. 337; Seebold, ChWdW9 645. 1099;
Graff 3, 327; Lexer 2, 234; Frühnhd. Wb. 4, 109 f.; Die-
fenbach, Gl. lat.-germ. 93 (camisia); Dt. Wb. 13, 1640 f.;
Kluge²¹ 542; Kluge²⁵ s. v. Pfeidler. – Heyne 1899–1908:
3, 276. 312. – Fischer, Schwäb. Wb. 1, 1004; Schmeller,
Bayer. Wb.² 1, 443; BWB 2, 536 ff.; Kranzmayer, Wb. d.
bair. Mdaa. in Österr. 3, 39 ff.; Lexer, Kärnt. Wb. 24;
Schöpf, Tirol. Id. 494; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 1, 65;
Unger-Khull, Steir. Wortschatz 75; Follmann, Wb. d. dt.-
lothr. Mdaa. 1, 33.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen
nur: as. pēda f. ‚Gewand‘, ae. pād f. ‚äußeres
Gewand, Mantel‘ und got. paida f. ‚Leibrock,
Oberkleid‘. Im Got. ist, wie im Mhd. (s. o.), ein
denominales Verb gapaidon sw.v. ‚bekleiden‘
abgeleitet. Die Nomina setzen eine Vorform
urgerm. *pađō- ‚Leibrock, Oberkleid‘ voraus.
Das germ. Wort ist auch ins Finn. als paita
‚Hemd‘, ins Weps. und Estn. als paid ‚dss.‘ ent-
lehnt. Aus dem Finn. stammen schwed. dial.
pajta, paito f. ‚Hemd, Leinen‘. Das Wander-
wort (s. u.) ist schon vor der ersten Lautver-
schiebung im Nord- und Ostseegebiet, wie auch
ahd. hanaf (s. d.), übernommen (vgl. W. Krog-
mann, ZVSp 71 [1953], 121; Müller-Frings 1966–
68: 1, 32 Fn. 3; 2, 114). Eine Entlehnung aus
gr. βαίτη f. ‚Ziegenfell, Rock oder Zelt aus
Fell‘ ist nur mit Vermittlung über die Ski-
ren denkbar (so R. Lühr, K. Matzel, ZVSp 99
[1986], 256; vgl. auch E. Seebold, in Askedal-
Nielsen 2015: 8).

Fick 3 (Germ.)⁴ 217; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 395; Tie-
fenbach, As. Handwb. 304; Sehrt, Wb. z. Hel.² 428; Berr,
Et. Gl. to Hel. 312; Holthausen, Ae. et. Wb. 244; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 771; Svenska akad. ordb. s. v. paj-
ta; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 196. 381; Lehmann, Gothic
Et. Dict. P-1; Kylstra, Lehnwörter 3, 14 f.

Neben gr. βαίτη f., das ins Lat. als paeda f.
‚Oberkleid‘ (nur bei Mart. 1, 92, 8) entlehnt ist,
zeigen nur alb. pétkë f. neben pétk m. ‚Oberbe-
kleidung, Anzug, Kleid‘ und thrak. βαίτη ‚Ober-
kleid‘ das Kulturwort. Die weitere Herkunft des
Wortes ist gänzlich unklar.

Fraglich ist die Herkunft von mir. pait(t) f. ‚Wein-
schlauch, Wasserschlauch‘ (ab 1100 n. Chr.): Wenn es
sich bei dem Subst. um eine Entlehnung aus dem Ahd.
handelt (so Hubschmid 1955: 89), käme als Entlehnungs-
grundlage wegen des anl. p und des t nur das Rheinfrk. in
Frage. Eine solche Übernahme aus dem Rheinfrk. bliebe
im Mir. aber einzigartig. Auch die stark abweichende Be-
deutung spricht dagegen. Wegen des t von mir. pait(t) ist
auch eine Entlehnung aus urgerm. *pađō (so Vendryes,
Lex. ét. de l’irl. anc. P-3) unwahrscheinlich.

Die oitalien. Wörter abergam. pata ‚Oberleder
der Schuhe‘, piem. pata ‚irgendein Stück Stoff‘
und milan. pàtta ‚Tuch aus grobem Hanfgarn‘
weisen auf ein langob. Subst. *paita (vgl. Hub-
schmid, a. a. O.).

Walde-Pokorny 2, 104; Pokorny 92 f.; Frisk, Gr. et. Wb.
1, 210 f.; Thes. ling. lat. 10, 1, 30; Meyer-Lübke, Rom.
et. Wb.³ Nr. 6153; Demiraj, Alb. Et. 316; Hessens Ir. Lex.
2, 178; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. P-3; Dict. of Irish
P-174. – A. Thumb, ZDW 7 (1905), 261 ff.; V. Pisani,
Sprache 1 (1949), 138; Ritter 1993: 176; E. Seebold, FS
Haubrichs 2008: 417 f.

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