pfragenri m. ja-St., nur Gl. 2,327,15
(10. Jh., obd.): ‚Händler, Krämer; agorano-
mus‘. Das Nomen agentis ist mit dem Fortsetzer
des Lehnsuffixes urgerm. *-ri̯a- von erst mhd.
belegtem pfragen, vragen st.m. ‚Markt, Handel,
Wucher‘ abgeleitet. – Mhd. pfragener, vrage-
nære, vragener st.m. ‚Kleinhändler, Viktua-
lienhändler‘, frühnhd. pfragner m. ‚Kleinhänd-
ler, Zwischenhändler (mit Lebensmitteln)‘, ält.
nhd. pfragner, fragner m. ‚dss.‘, nhd. mdartl.
schweiz. pfragner m. ‚Detailhändler, Vorkäu-
fer‘, bad. pfragner m. ‚Zwischenhändler, Ge-
treidemakler‘, schwäb. †pfragner m. ‚Detail-
händler‘, vorarlb. †pfragner m. ‚Kleinhändler‘,
bair. fragner, pfragner, brachner m. ‚Einwoh-
ner, der mit Salz, Seife, Gerätschaften u. a. zu
handeln berechtigt ist‘, tirol. pfragner, frag-
ner m. ‚Kleinhändler‘; vgl. siebenbürg.-sächs.
pfragler m. ‚Kleinhändler, Obsthändler‘. Das
Wort ist nhd. als FamN in der Form Fragner
fortgesetzt.
Ahd. Wb. 7, 288; Splett, Ahd. Wb. 1, 706; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 861; Schützeichel⁷ 250; Starck-Wells 463;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 288; Bergmann-Stri-
cker, Katalog Nr. 291; Graff 3, 364; Lexer 2, 262. 488;
3, Nachtr. 340; Frühnhd. Wb. 4, 256 f.; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 19 (agoranomus); Dt. Wb. 13, 1792 f.; 4, 55. –
DRW 10, 1013 f. – Schweiz. Id. 5, 1281 f.; Ochs, Bad. Wb.
1, 215; Fischer, Schwäb. Wb. 1, 1077 f.; Jutz, Vorarlberg.
Wb. 1, 344 (s. v. †Pfragen); Schmeller, Bayer. Wb.² 1,
337. 453. 812; Schöpf, Tirol. Id. 149; Schatz, Wb. d. tirol.
Mdaa. 1, 74; Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wb. 8, 333.
Ahd. *pfragan, mhd. pfragen, vragen st.m.
‚Markt, Handel, Wucher‘ setzt westgerm./vor-
ahd. *pragana- voraus. U. a. bei Fick 3 (Germ.)⁴
221 und Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 43 ge-
buchtes ahd. „phragina f. Schranke“ existiert
nicht. Der ebd. bei Fick vorgenommene Ansatz
urgerm. *praginō- ist ebenfalls abzulehnen, da
diese Vorform zu mhd. *pfregen geführt hätte.
Nach Ablösung des Suff. urgerm. *-ana- ergibt
sich vielmehr eine Wz. westgerm. *prag-, die
entweder auf urgerm. *praǥ- < vorurgerm.
*brogh- oder *sprogh- mit Verlust des s-mobile
nach der ersten Lautverschiebung (dazu R.
Lühr, K. Matzel, ZVSp 99 [1986], 254 ff.) zu-
rückgeht. Klare Anschlussmöglichkeiten an in-
ner- oder außergerm. Material sind nicht ge-
geben. Zwar können auch urgerm. *pranǥe/a-
‚drücken, pressen‘ (> got. ana-praggan* ‚be-
drängen; θλίβειν‘, mndd. prangen sw.v. ‚rin-
gen, streiten, kämpfen‘, mndl. ‚zusammendrü-
cken‘ u. a.) und *prakkōi̯e/a- ‚dss.‘ (> nndl.
prakken ‚zerdrücken, zerquetschen‘) von einer
Wz. vorurgerm. *bregh- stammen (Kroonen, Et.
dict. of Pgm. 399), aber der Bedeutungsunter-
schied ist nicht zu überbrücken.
Fick 3 (Germ.)⁴ 221; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 399;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 1659 f. (pran-
gen¹); Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 371 (prangen¹);
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 633 (prangen); Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 520 (prangen); Vries, Ndls. et. wb.
544 (prakken). 544 f. (prangen); Et. wb. Ndl. Ke-R 587
(prakken); Vries, Anord. et. Wb.² 138; Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 554. 996; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 1,
455; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 70; Magnússon,
Ísl. Orðsb. 202; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 43; Lehmann,
Gothic Et. Dict. A-150. – Lühr 1988: 133 f.
Auch die nach Ausschluss älterer Vorschläge
bei Lühr 1988: 133 erwogene Verbindung mit
aksl. pragъ m. ‚Schwelle‘, russ. poróg ‚dss.‘,
lit. pérgas ‚Fischerkahn, Einbaum, Nachen‘
und deren Sippe bleibt schwierig. Diese Lexe-
me weisen auf eine Wz. uridg. *per(H)g- (mit
Laryngal, sofern Winters Gesetz, nämlich Deh-
nung und Entstehung des Akuts vor nichtaspi-
rierter Media im Balt. und Slaw., nicht zutref-
fend ist), bei der im Westgerm. neben dem s-
Schwund noch Schwebeablaut eingetreten wä-
re. Demgegenüber würden aisl. forkr m. ‚Knüt-
tel, Prügel, Bootshaken‘, nisl. forkur ‚dss.‘ und
deren Sippe die s-lose Wz. und die zu erwar-
tende Lautfolge fortsetzen.
Walde-Pokorny 2, 48; Pokorny 819 f.; Derksen, Et. dict.
of Slav. 413; Et. slov. jaz. staroslov. 697; Bezlaj, Et. slov.
slov. jez. 3, 100; Snoj, Slov. et. slov.² 557; Vasmer, Russ.
et. Wb. 2, 407 f.; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 3, 329 f.; Schus-
ter-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 1159; Derksen, Et. dict.
of Balt. 352; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1, 574. – Brückner
[1927] 1993: 437 f.; Georgiev 1971 ff.: 5, 586; Skok
1971–74: 3, 21; Machek 1997: 478; Orel 2011: 3, 83 f.;
Rejzek 2015: 545.
S. pfrasamo.
MK/HB