pfregar ? st.m./n.?, nur Gl. 3,647,33 (Hs.
1. Hälfte des 12. Jh.s, Zeit des Gl.eintrags un-
bekannt, bair.): ‚bittweises, auf Widerruf ge-
währtes Besitzverhältnis; precarium‘. Belegt ist
nur der Nom.Sg. spregar (verschrieben). Das
Wort ist wohl aus einer norditalien. Form *pre-
garium, -ia entlehnt, die letztlich auf gleichbed.
lat. precārium n. zurückgeht (s. u.). – Nhd. Pre-
karium n. ‚widerrufbare, auf Bitte hin erfolgen-
de Einräumung eines Rechts, das keinen Rechts-
anspruch begründet (röm. Recht)‘ ist eine Neu-
entlehnung aus gleichbed. mlat. precarium n.
Ahd. Wb. 7, 289; Splett, Ahd. Wb. 1, 1228; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 861; Schützeichel⁷ 250; Starck-Wells 463;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 288; Bergmann-Stri-
cker, Katalog Nr. 604. – Fremdwb. 2007: 1094.
In andere germ. Sprachen wurde lat. precārium
in derselben Bedeutung wie im Ahd. ebenfalls
entlehnt; in jüngeren Sprachstufen ist das Wort
aber in der Regel entweder veraltet oder al-
lenfalls juristisch-fachspr.: mndl. precarie f.,
letztlich auch in mndl. precario adv. ‚als Bitt-
steller‘ (urspr. abl.sg. von lat. precārium); ne.
precary (seit dem 15. Jh.), precarium (seit dem
17. Jh.).
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 644 f.; Et. wb. Ndl. Ke-
R 589 (s. v. precair); eOED s. vv. precarium n., preca-
ry n.
(M)lat. precarium n., häufig als Rechtstermi-
nus auch pl. bzw. f. precaria ‚Bittschrift‘ (oft in
der Verbindung precaria charta ‚Bittschrift‘)
beruht auf lat. precārius adj. ‚auf Widerruf ge-
währt‘. Dieses Adj. ist im Gegensatz zum o. g.
Rechtsterminus in den europäischen Sprachen
fast allgemein übernommen worden. Das Adj.
ist eine Ableitung zu lat. prex, -cis f. ‚Bitte‘
bzw. precāri ‚bitten‘, einer Bildung zur Wz.
uridg. *prek̂- ‚fragen‘ (zu weiteren Ableitungen
von dieser Wz. s. forskôn), mit dem adj. Suf-
fix lat. -āriu-.
Lat. precāria ist nur als aprov. pregaria, afrz.,
mfrz., nfrz. preiere f., nfrz. praiere f. ‚Bitte um
Gnade‘ fortgesetzt. Aus Südfrankreich wird das
Wort auch nach Osten als italien. preghiera
‚Bitte‘ und nach Südwesten als katal. pregaria
‚Gebet‘ entlehnt, wobei daraus wiederum span.
plegaria, port. pregarias ‚dss.‘ übernommen
sind. Lat. precārium hingegen lebt in frz. dial.
pregario etc. fort.
Wenn die Form ahd. pfregar die richtige In-
terpretation von bezeugtem spregar darstellt,
ist die Entlehnung aus dem Mlat. aufgrund des
verschobenen Anlauts spätestens im 7. Jh. er-
folgt oder es handelt sich um eine sekundäre
Verhochdeutschung eines mit p- anlautenden
Lehnworts. Entlehnungsgrundlage war dann
vulg.lat./frührom. *pregario o. ä. mit bereits
erfolgter rom. Lenisierung lat. -VcV- > rom.
-VgV-, eine Lautfolge, die auch von den rom.
Sprachen erwiesen wird.
Aus der afrz./mfrz. Form ist schließlich me.
preir(e) etc., ne. prayer ‚Gebet‘ (eMED s. v.
preiẹ̄̆r(e) n.²; Klein, Compr. et. dict. of the Engl.
lang. 2, 1230; eOED s. v. prayer n.¹) entlehnt.
Walde-Pokorny 2, 44; Pokorny 821 f.; LIV² 490 f.; Wal-
de-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 346 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 534; de Vaan, Et. dict. of Lat. 488; Thes. ling. lat.
10, 2, 1144 ff.; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 1077 f.; Du
Cange² 6, 479 (precaria¹). 482 (precaria²); Wartburg,
Frz. et. Wb. 9, 339.
MK/HB