pfruonta f. ō-St., seit Anfang des 9. Jh.s
in Gl., im T, bei O, in NBo, NMC und Nps:
‚Lebensmittel, Nahrung, (Lebens-)Unterhalt,
Verpflegung, Getreideversorgung, Almosen,
Entgelt, Lebensunterhalt; alimentum, annona,
cibaria, esca, impensa, praebenda, salarium,
stipendium, stips‘ 〈Var.: phr-, pr-, fr-; -ua-,
-ue-, -iu-, -u-; -nd-〉. Das Wort ist aus nach-
klass. lat. prōvenda ‚Beköstigung, Nahrungs-
ration‘ entlehnt, das unter dem Einfluss von
prōvidēre ‚Vorsorge tragen, Vorkehrungen tref-
fen‘ (s. u.) aus lat. praebenda f. ‚das zu Ge-
währende‘ umgestaltet ist. Zur Entwicklung
von -ōve- zu -ō- s. bior. Wie urgerm. *ō wurde
auch der Langvokal lat. ō zu uo, später ua
diphthongiert. Die Bez. von pf durch <f> ist für
das Alem. charakteristisch (vgl. Braune-Reif-
fenstein 2004: § 131 Anm. 4). – Mhd. pfrüende,
pfruonde st.f. ‚Nahrung, Unterhalt, vertrags-
mäßig gereichte Lebensmittel, geistliches Amt
und Einkünfte aus diesem‘, frühnhd. pfründe f.
‚Lohn in Naturalien, nötige Nahrung, Unter-
halt, vertragsmäßig festgelegter Unterhalt in ei-
nem Stift, Verpflegungs- oder Armenhaus,
Einkünfte, weltliches oder geistliches Amt und
damit verbundene Einkünfte‘, nhd. veraltend
Pfründe f. ‚Einkünfte aus einem Kirchenamt,
das damit verbundene Kirchenamt‘. Das dane-
ben seit dem 14. Jh. belegte frühnhd. präbende,
prebende f. ‚nötige Nahrung, (vertragsmäßig
gereichter) Unterhalt, geistliches Amt und die
damit verbundenen Einkünfte‘ ist unmittelbar
aus mlat. praebenda ‚Darzureichendes‘ über-
nommen.
Ahd. Wb. 7, 292 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 708; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 861; Schützeichel⁷ 251; Starck-Wells
463; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 291 f.; Seebold,
ChWdW9 647. 1099; Graff 3, 367 f.; Lexer 2, 264 f.;
Frühnhd. Wb. 4, 264 ff. 883 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
451 (prebenda). 553 (stipendium); Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 31 (alimentum). 42 (annona). 228 (esca); Dt. Wb. 13,
1799 ff. 2041; Kluge²¹ 547; Kluge²⁵ s. v. Pfründe; Pfeifer,
Et. Wb.² 1000. – Braune-Reiffenstein 2004: § 38. – Mau-
rer-Rupp 1974–78: 1, 99. – LM 1, 1905 f. (s. v. Benefi-
cium III).
Die zu dem vorklass. lat. Wort gehörige Wort-
sippe ist auf unterschiedlichen Wegen, teils
mehrfach, in die anderen west- und nordgerm.
Sprachen entlehnt worden: Wie ahd. pfruonta
ist sonst nur afries. prō(ve)nda f. ‚Lebensun-
terhalt für Geistliche‘ direkt aus nachklass. lat.
prōvenda übernommen. Afries. prebende f.
‚geistliche Pfründe‘ ist dagegen aus lat. prae-
benda f. übernommen. Daneben zeigt sich prae-
benda mit typischer nachklass. lat. Entwick-
lung des zwischenvokalischen b zum labioden-
talen Frikativ v in as. prevenda f. ‚Lebensunter-
halt, Lebensmittelration, Spende‘ (vgl. Stotz
1996–2004: 3, 7 § 215). Besonders zahlreich
sind die Entlehnungen aus dem Frz.: Aus frz.
provende f. ‚Lebensunterhalt‘ stammen mndd.
prȫvende, prōvente, prōbende, pründe f. ‚Zu-
wendung, Spende in Naturalien oder Geld,
Unterhalt‘ und mndl. provande f. ‚Vorrat, Pro-
viant, Lebensunterhalt‘, aus afrz. prevende f.
‚Entlöhnung in Nahrungsmitteln‘ mndl. pre-
vande f. ‚Vorrat, Proviant, Lebensunterhalt‘
und aus mfrz., nfrz. prébende f. ‚Lebensun-
terhalt der Geistlichen‘ nndl. probende, pre-
bende f. ‚Proviant, Lebensunterhalt, Vorrat‘,
nwestfries. prebende f. ‚Unterhalt für Geistli-
che‘ und me. prbend(e) ‚Stück Land der Ka-
thedrale, das den Lebensunterhalt bereitstellt‘
(> ne. prebend ‚Lebensunterhalt, Lebensunter-
halt für Geistliche‘). Über das Mndd. gelangt
nachklass. lat. prōvenda ins Isl. als aisl., nisl.
provenda, proventa f. ‚Pfründe, Lebensunter-
halt der Geistlichen‘. Schließlich gehen nnorw.
(bm./nn.) prebende m. ‚Unterhalt, Versorgung,
Nahrung‘ und aschwed. prebenda ‚Lebensun-
terhalt‘, nschwed. prebende ‚dss.‘ auf eine Neu-
entlehnung aus der mlat. Kirchensprache zu-
rück (wie auch frühnhd. präbende s. o.).
Tiefenbach, As. Handwb. 307; Wadstein, Kl. as. Spr.-
denkm. 214; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1,
1726 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 380; Verwijs-Ver-
dam, Mndl. wb. 6, 664. 739 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 520; Vries, Ndls. et. wb. 545; Hofmann-Popkema,
Afries. Wb. 387. 390; Richthofen, Afries. Wb. 982; Fryske
wb. 17, 128; eMED s. vv. prbend(e) n., provende n.;
Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1230; eOED
s. vv. prebend n., provend n.; Vries, Anord. et. Wb.² 428;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 1126 f.; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 2, 957 f.; Magnússon, Ísl. Orðsb. 726; NOB
s. v. (bm./nn.) prebende; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2,
791 f.; Svenska akad. ordb. s. v. prebende. – Franz 1883:
69; Müller-Frings 1966–68: 1, 190; 2, 410 ff.; Stotz 1996–
2004: 2, 5 § 39, 4; Paraškevov 2004: 264.
Das volksetymologisch umgestaltete Gerundi-
vum nachklass. lat. prōvenda ist erstmals im
8. Jh. im Capitulare de Villis 50 bezeugt und
wird von frz. provende f. ‚Lebensunterhalt‘, ita-
lien. profenda f. ‚Ration Hafer für ein Pferd‘
und nprov. pruvenda f. ‚Mundvorrat‘ im Rom.
fortgesetzt. Das zugrunde liegende Wort lat.
praebenda f. ‚Proviant, Unterhalt fürs Militär‘
erscheint dagegen in afrz. prevende, mfrz. pre-
vande ‚Unterhalt‘, rum. premîndă ‚Entlöhnung
in Nahrungsmitteln‘ und alomb. preuenda ‚Nah-
rung, Unterhalt‘. Schließlich entlehnt ein Teil
der rom. Sprachen das Wort zusätzlich aus der
mlat. Kirchensprache: mfrz., nfrz. prébende f.
‚kirchliches Einkommen‘, katal., span., port.
prebenda f. ‚dss.‘.
Lat. praebenda ist das substantivierte Gerun-
divum zu dem Verb lat. praebeō ‚reiche dar,
gebe preis, erlaube‘, das schon im klass. Lat. die
Bedeutung ‚das einem von Staats wegen zu-
kommende Nahrungsgeld‘ angenommen hat.
Das Verb ist aus dem Präverb prae- (s. furi) und
dem Verb habeō ‚habe, halte, besitze‘ kom-
poniert. Lat. habeō hat innerhalb des It. noch in
umbr. 3.sg.konj.präs. habia ‚möge haben‘ eine
Entsprechung. Die so vorausgesetzte Wz. ur-
idg. *gheh₂bh- ‚ergreifen, nehmen‘ erscheint
verbal in gall. 2.sg.imp. gabi ‚nimm‘, air. gai-
bid ‚nehmen, fassen‘, kymr. caf ‚haben, be-
kommen, erhalten‘, korn. caf(f)os ‚haben, hal-
ten, besitzen, erhalten‘, mbret. caf(f)eut ‚fin-
den‘. Auch im Balto-Slaw. ist die Wz. verbal
gut bezeugt: lit. góbti ‚einhüllen, verhüllen,
packen, ergreifen‘, lett. gãbties ‚für sich neh-
men, greifen, raffen‘; ukrain. hábaty ‚ergrei-
fen‘, wruss. habáć ‚packen, ergreifen‘, tschech.
dial., slowak. habat’ ‚ergreifen‘, poln. gabać
‚berühren, angreifen, anfallen‘, slowen. gábati
‚brauchen, benötigen, hungern, sterben‘. Nomi-
nal tritt die Wz. mit Schwebeablaut *ghh₂ebh-
außerdem in ai. gábhasti- m. ‚Hand, Unterarm‘
und waxi gawust ‚Faust‘ auf. Zu den lautlich
und semantisch nahestehenden Wz. *ghebh- und
*keh₂p- s. geban, habên.
Neben den ererbten Bildungen zeigt sich die
Wz. auch in den Lehnwörtern mir. prepan ‚Un-
terhalt‘ (aus dem Lat.) und kymr. prebend ‚Un-
terhalt, Stipendium‘ (aus dem Engl.).
Walde-Pokorny 1, 344 f.; Pokorny 407 ff.; LIV² 195 f.;
Mayrhofer, KEWA 1, 322; ders., EWAia 1, 463 f.; Unter-
mann, Wb. d. Osk.-Umbr. 311 ff.; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. 1, 357 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 287 f.; de
Vaan, Et. dict. of Lat. 277 f.; Thes. ling. lat. 10, 2, 381 ff.;
Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 1071 ff.; Du Cange² 6,
446 ff.; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 7360; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 6708; Wartburg, Frz. et. Wb. 10,
381 ff.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 74; Berneker, Slav.
et. Wb. 1, 287; Trubačëv, Ėt. slov. slav. jaz. 6, 76 f.;
Derksen, Et. dict. of Slav. 159 f.; Bezlaj, Et. slov. slov.
jez. 1, 134; Derksen, Et. dict. of Balt. 184; Fraenkel, Lit.
et. Wb. 1, 161; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 191 f.;
ALEW 1, 347 f.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1,
580; Karulis, Latv. et. vārd. 1, 275; Fick 2 (Kelt.)⁴ 105;
Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 148 f.; Schumacher,
Kelt. Primärverb. 318 ff.; Delamarre, Dict. gaul.³ 145 f.;
Dict. of Irish G-15 ff.; P-202; Dict. of Welsh 1, 386 f.; 3,
2870; Deshayes, Dict. ét. du bret. 377. – Brückner [1927]
1993: 131; Machek 1997: 153; Bańkowski 2000: 1, 396.
MK/LS