pfuluwi n. ja-St., pfuluwîn n. a-St.,
Gl. 1,653,39 (Ende des 8./Anfang des 9. Jh.s)
und weitere Gl.: ‚Kissen, Kopfkissen, kleines
Polster; aulaea, capitale, cervical, plumacium,
pulvillus, pulvinar‘ 〈Var.: ph-, p-, f-; -liuu-,
-lauu-〉. Das Wort ist früh aus lat. pulvīnus
m. ‚Polster, Kissen, Sitzkissen, Kopfkissen,
polsterartige Erhebung‘ entlehnt (s. u.). – Mhd.
pfulwe, pfülwe sw.m./n., pfülw st.m., md. mit
Schwund des -w(-) pfule st.m. ‚Federkissen‘,
frühnhd. pfulbe, pfül m./n. ‚mit Federn gefülltes
Ruhekissen, Bett, Lager‘, nhd. veraltet Pfühl
m./n. ‚Kissen‘, nhd. mdartl. haben sich Formen
mit w- erhalten oder -w- ist nach -l- zu -b- ge-
worden: schweiz. pfulw(en), pfulbe, pfulme (mit
regelmäßigem Wandel von -lw- zu -lb-, -lm-)
m./f. ‚die ganze Breite des Bettes einnehmen-
des (Feder-)Kissen am Kopfende des Bettes,
auf dem noch das kleinere Kopfkissen liegt‘,
übertr. auf Teile an Geräten, die als Unterlage
dienen: z. B. ‚senkrecht verschiebbares Quer-
holz am Vorderpflug, auf dem der Grendel
liegt‘‚ els. pfulwen, pfulmen m./n.? ‚Strohkis-
sen am Kopfende des Bettes unter der Matrat-
ze, Unterkissen‘, bad. pfulbe, pfulme ‚Unter-
lage des Grendels am Pflug‘, übertr. ‚linki-
scher, ungeschliffener Mensch‘, schwäb. pfulbe
m. ‚Kissen‘, übertr. ‚Unterlage des Grendels
am Pflug, dicker Mensch, dicke schläfrige
Frau‘, vorarlb. pfulbe m. ‚großes, mit Flaum-
federn gefülltes Kopfkissen‘, übertr. ‚Quer-
holz am Vorderwagen, Querstange am Schlit-
ten‘, bair. pfulgen f., pfülben m. ‚Kissen, Kopf-
kissen‘, bair.-öster. pfulwen m. ‚Flaum, Flo-
cke, Wollbinse, Wollgras‘, rhein. pülv(en) m./
n./f. ‚Kopfkissen, Deckbett aus Federn‘, über-
tr. ‚senkrecht verschiebbares Querholz am Vor-
derpflug, auf dem der Grendel liegt, dicke
Frau‘‚ pfälz. pfülwen, pfülben m./n. ‚Kopf-
kissen im Bett, Federdecke, Überzug von
Kopfkissen und Federdecke‘, übertr. ‚Unter-
lage für Kopflasten, Schlagteil des Dreschfle-
gels‘, südhess. pülven m. ‚breites, rechteckiges
Kopfkissen, mit Federn gefüllte Bettdecke‘,
übertr. ‚senkrecht verschiebbares Querholz am
Vorderpflug, auf dem der Grendel liegt, di-
cker, schwerfälliger, ungehobelter Mann‘, ohess.
pfülf m. ‚Pfühl‘.
Ahd. Wb. 7, 294 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 708; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 862; Schützeichel⁷ 251; Starck-Wells 463.
828; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 292; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 296 (II); Seebold, ChWdW8 230.
427. 504; ders., ChWdW9 648. 1099; Graff 3, 336; Lexer
2, 266 f.; Frühnhd. Wb. 4, 278 ff.; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 115 (ceruical). 442 (plumacium). 472 (puluillus).
472 f. (puluinar); Dt. Wb. 13, 1805 ff.; Kluge²¹ 547 f.;
Kluge²⁵ s. v. Pfühl. – Schweiz. Id. 5, 1099 ff.; Stalder, Ver-
such eines schweiz. Id. 1, 166; Martin-Lienhart, Wb. d.
els. Mdaa. 2, 135; Ochs, Bad. Wb. 1, 217 (s. v. Pfühl);
Fischer, Schwäb. Wb. 1, 1083 f.; 6, 2 Nachtr. 1648; Jutz,
Vorarlberg. Wb. 345; Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 425;
BWB 2, 700 f.; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Ös-
terr. 3, 121; Müller, Rhein. Wb. 6, 1185 ff.; Christmann,
Pfälz. Wb. 1, 878 f.; Maurer-Mulch, Südhess. Wb. 1,
1216; Crecelius, Oberhess. Wb. 660.
Das Lehnwort erscheint auch in den anderen
westgerm. Sprachen: as. pulwi n. ja-St., pulwio
m. jan-St. ‚Federkissen‘, mndd. pȫl m., pȫle f.
‚dickes, gefüttertes Kissen, Polster, Kopfunter-
lage, Kopfkissen‘; mndl. poluwe m./f. ‚Feder-
kissen, Unterkissen, Stoff, der auf eine Wunde
gelegt wird‘, nndl. peuluw f. ‚Federkissen, Un-
terkissen, auf das das kleinere Kopfkissen ge-
legt wird, Ruhebett, Krankenbett‘; afries. pel(e)
n. ‚Pfühl, Kissen‘, nwestfries. pel m./f./n. ‚läng-
liches Unterkissen, Kopfkissen‘, saterfries. peel
n. ‚großes Kopfkissen‘; ae. pyl(w)e m. (?) i-St.
‚Kissen‘, me. pilwe ‚Kissen, Unterkissen‘, ne.
pillow ‚Kissen, Federkissen, Metallblock zur Un-
terstützung, Sattelkissen‘. Abgesehen von ahd.
pfuluwîn zeigen alle westgerm. Subst. Kür-
zung des lat. pulvinus zu *pulvi und anschlie-
ßende einzelsprachliche nominale Weiterbildun-
gen. Zu dieser für lat. Lehnwörter charakteris-
tischen Kürzung vgl. Masser 1966: 91 Fn. 19.
Im Ae. erfährt das w Schwund in der Position vor i (vgl.
Brunner 1965: § 173 Anm. 1; Ringe-Taylor 2014: 260),
sodass im Nom. und Akk. das w zwar schwand, in den
obliquen Kasus aber erhalten blieb. Auf der Grundla-
ge innerparadigmatischer Analogie wurde entweder pyl-
oder pylw- im gesamten Paradigma verallgemeinert. Im
Me. setzt sich schließlich pylw- durch.
Aus dem Mndd. sind ndän. pølle f. ‚Kopf-
kissen‘ und nschwed. pöl m. ‚längliches Kis-
sen‘ entlehnt (vgl. Törnqvist 1977: 80).
Tiefenbach, As. Handwb. 307; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 1616; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 359;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 547; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 496; Vries, Ndls. et. wb. 514; Et. wb. Ndl. Ke-
R 522; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 381; Fryske wb.
16, 245 f.; Dijkstra, Friesch Wb. 2, 347; Fort, Saterfries.
Wb. 142; Kramer, Seelter Wb. 168; Holthausen, Ae. et.
Wb. 251; Bosworth-Toller, AS Dict. 779; Suppl. 682;
Suppl. 2, 51; eMED s. v. pilwe n.; Klein, Compr. et. dict.
of the Engl. lang. 2, 1186; eOED s. v. pillow n.; Nielsen,
Dansk et. ordb. 335; Ordb. o. d. danske sprog 17, 224 f.;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 806; Svenska akad. ordb.
s. v. pöl. – Müller-Frings 1966–68: 2, 427 f.
Lat. pulvīnus m. findet mit seinen denomina-
len Ableitungen pulvillus m. ‚kleines Kissen‘
und pulvīnāris ‚zum Polster gehörig‘ wahr-
scheinlich nur in lett. spava ‚Feder, Gefie-
der, Haar‘, spiva ‚Hülse, Samenwolle, Woll-
gras‘ und dem davon abgeleiteten Substantiv
spìlvęns ‚Bettkissen‘ einen Anschluss. Die lett.
Nomina weisen auf eine s-mobile Wz. uridg.
*(s)pelu̯-, deren o-Stufe in lat. pulvīnus vor-
liegt.
Eine weitere Verbindung mit der Wz. uridg. *spelH-
‚abspalten, trennen‘ ist aufgrund der nicht nachweisbaren
Bedeutungsentwicklung von ‚Abgespaltenes‘ > ‚Gefie-
der, Haar‘ unwahrscheinlich (s. spaltan). Auch das laut-
lich nahestehende Subst. lat. pulvis, -eris m./f. (selten)
‚Staub, Erde, Ton‘ (so Kluge²¹ 547 f.) bleibt fern, da die
Kissen in der Antike natürlich nicht mit Staub oder Er-
de gefüllt wurden, sondern mit Wolle oder Stoffresten
(vgl. LAW 2, 1529).
In der Romania wird das Wort nur von kalabr.
purvinu ‚Beet‘ fortgeführt. Außerdem wird es
ins Mfrz. als pulvine m. ‚Kissen‘ aus dem Lat.
entlehnt.
Walde-Pokorny 2, 60; Pokorny 802; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. 2, 388; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 545;
Wartburg, Frz. et. Wb. 9, 561; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. 3, 996 f.; Karulis, Latv. et. vārd. 2, 265. –
Paraškevov 2004: 264.
MK/LS