prûsten sw.v. I, Gl. 4,182,43 (in 2 Hss.,
beide 14. Jh.) und Gl. in Rom, Vat. lat. 625 (12./
13. Jh.; vgl. Mayer 1974: 120): ‚heftig niesen,
schnauben; brutire‘ 〈Var.: metathiertes purst-〉.
Das Verb ist onomatopoetisch. – Mhd. prûsten,
brûsten sw.v. ‚prusten, niesen‘. Die unterblie-
bene Diphthongierung des Langvokals in nhd.
prusten sw.v. ‚Atemluft mit dem Geräusch des
Sprudelns, Blasens oder Schnaubens heftig aus-
stoßen, in Lachen ausbrechen‘ zeigt die ndd.
Herkunft des Wortes, das Ende des 16. Jh.s in
die Literatursprache aufgenommen wird.
Splett, Ahd. Wb. 1, 1229; Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 865;
Schützeichel⁷ 252; Starck-Wells 465; Schützeichel, Glos-
senwortschatz 7, 303; Bergmann-Stricker, Katalog Nr.
432. 833. 938; Lexer 2, 303; Dt. Wb. 13, 2197 f.; Kluge²¹
568; Kluge²⁵ s. v. prusten; Pfeifer, Et. Wb.² 1055. – Rie-
cke 1996: 182.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen nur
mndd. prūsten ‚niesen, schnauben, fauchen‘;
mndl. proesten, pruusten ‚dss.‘, nndl. proesten
‚dss.‘ genau.
Als Vorform dieser Wörter ergibt sich west-
germ. *brūstii̯i/a- (< urgerm. *ƀrūstii̯e/a- oder
Umbildung aus *ƀrau̯stii̯e/a-?). Außerhalb des
dt. Sprachraums finden sich nur Wortformen,
die eine bei in etwa gleicher Bed. ähnliche
Lautstruktur aufweisen. Am nächsten steht
nschwed. frusta ‚schnauben, schnaufen, prus-
ten‘. Dieses setzt nordgerm. *frsti/a- (< ur-
germ. *frste/a- bzw. umgebildet aus *frau̯s-
te/a-) voraus. Weitere bed.ähnliche Formen ohne
den mittleren dentalen Verschlusslaut sind im
Nordgerm. verbreitet; vgl. aisl. frusa/frúsa, fry-
sa/frýsa, ‚schnauben [von Pferden]‘, nisl. frýsa,
frussa, fär. froysa ‚niesen, prusten‘, shetl. fross
‚niesen‘, norw. dial. und (nn.) frusa, nschwed.
frusa ‚schnaufen, niesen‘. Diese führen auf ur-
nordgerm. *frs(i̯)i/a- (< urgerm. *frs[i̯]e/a-
bzw. umgebildet aus *frau̯s[i̯]e/a-) zurück.
Ob die t-haltigen Wörter denominale Ableitun-
gen von einem westgerm. *brs-ti/a- bzw. nord-
germ. *frs-ta- bei einer verbalen Basis west-
germ. *brs- bzw. nordgerm. *frs- sind oder
auf einer Interjektion westgerm. *brst bzw.
nordgerm. *frst beruhen, bleibt unklar.
Fick 3 (Germ.)⁴ 221; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 1738; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 383; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 6, 703. 759 f.; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 523; Vries, Ndls. et. wb. 548; Vries, Anord. et. Wb.²
145; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 544; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 1, 496; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 74; Magnússon, Ísl. Orðsb. 212. 213; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 1, 279; Torp, Nynorsk et. ordb. 137;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1, 241; Svenska akad. ordb.
s. vv. frusa, frusta.
Die verschiedenen germ. Verben gehen viel-
mehr auf unterschiedliche Grundformen zurück
und sind deshalb wohl auch keine urgerm. Bil-
dungen, sondern erst mehr oder weniger einzel-
sprachlich entstanden. Sie sind als lautnachah-
mend einzustufen. Ein direkter Zusammenhang
mit der etwa im Balt., Slaw. und Iiran. (und
auch im Germ., falls die Sippe von ahd. friosan
‚frieren‘ [s. d.] anzuschließen ist) gut bezeugten
Wz. uridg. *preu̯s- ‚sprühen spritzen‘, der in al-
ten Etymologika regelmäßig vertreten wird,
dürfte kaum vorliegen. Er ließe sich ohnehin
höchstens für die nordgerm. Formen herstellen,
nicht für die westgerm., wo ahd. †frûsten etc.
zu erwarten wäre. Allenfalls hat eine semanti-
sche Annäherung zwischen Bildungen von die-
ser Wz. und den germ. Onomatopoetika statt-
gefunden, insofern als Vorgänge wie Prusten,
Schnauben, Niesen o. Ä. ja durchaus mit dem
Verspritzen von Körperflüssigkeiten wie Spei-
chel oder Rotz einhergehen. Bestand für nord-
germ. *frs(ti̯)i/a- ein Zusammenhang mit ur-
idg. *preu̯s- ‚sprühen spritzen‘, hätte sich aus
der urspr. Wz. einmal diese Sippe, zum anderen
die um ahd. friosan, nhd. frieren herausge-
bildet.
Walde-Pokorny 2, 27 f.; Pokorny 809 f.; LIV² 493 f.
MK/HB