quaz
Band VII, Spalte 19
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quaz m. a-St., seit dem letzten Viertel
des 8. Jh.s in Gl.: ‚(kleine) Münze; denarius,
didrachma, minuta, nummus, stater‘, auch in
der Fügung zi quazze ‚für wenig Geld;
dipondio‘ 〈Var.: qhu-, chu-; -zz-〉. – Das Wort
ist später nicht fortgesetzt. Mhd. quetzer st.m.
‚Münzpräger‘ ist entweder eine Ableitung von
ahd. quaz oder – wahrscheinlicher – von mhd.
quetzen, quetschen sw.v. ‚schlagen, prägen,
stoßen, quetschen, zerdrücken, verwunden‘
(i. S. v. ‚Präger [von Münzen]‘).

Ahd. Wb. 7, 354 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 1229; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. kwaz; Schützeichel⁷ 188; Starck-Wells 466.
828. 853. 857; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 410 f.;
Seebold, ChWdW8 231; ders., ChWdW9 649; Graff 4,
682; Lexer 2, 325; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 180
(didrachma). 183 (dipondius). – Zimmer 1876: 52.

In den anderen germ. Sprachen existieren keine
Entsprechungen.
Das Wort hat keine Etym. Es kann sowohl auf
westgerm. *kata- als auch auf westgerm.
*katta- beruhen; die inlautende Schreibung
mit -zz- gibt keinen Aufschluss, da ahd. -zz-
als Wiedergabe von westgerm. *-t- und von
westgerm. *-tt- vorkommt (vgl. Braune-
Heidermanns 2018: § 191 [S. 241]).
Eine Verbindung mit folgenden Wörtern ist
möglich: mhd. quetzen, quetschen sw.v. ‚schla-
gen, prägen, stoßen, quetschen, zerdrücken,
verwunden‘ (Lexer 2, 325), nhd. quetschen
sw.v. ‚unter Anwendung von Kraft oder Gewalt
fest gegen etw. pressen, dort, wo kaum noch
Platz ist, mit Mühe unterbringen, sich unter
Anwendung von Kraft Platz verschaffen, sich
zwängen, (Körperteile) unter etwas Schweres,
eng zwischen etwas geraten lassen und sich
dadurch verletzen‘ (Dt. Wb. 13, 2366 f.; Kluge²¹
574 f.; Kluge²⁵ s. v. quetschen; ePfeifer, Et. Wb.
s. v. quetschen); mndd. quessen, quetsen,
quetten, quassen sw.v. ‚zerstören, zerstoßen,
beschädigen, verletzen, verwunden, schadhaft
werden, entzweigehen, herausdringen‘; andfrk.
quezzōn ‚verwunden, (nieder-)schlagen‘ (nur
2.sg.ind.prät. quezzodos in WPs), frühmndl.
quetsen (queetzen, quetcen) sw.v. ‚verwunden,
beschädigen, zunichtemachen, benachteiligen,
Schaden erleiden, sich weh tun‘, mndl. quetsen
(quetsc[h]en, que[e]tzen) sw.v. ‚dss.‘, nndl.
kwetsen sw.v. ‚verletzen, beleidigen‘; nwest-
fries. kwetse sw.v. ‚dss.‘. Ein Benennungsmotiv
für Münzen kann das Schlagen sein. quaz (<
westgerm. *kat[t]a-) ist kaum die Basis für
diese Verben. Eher ist ahd. quaz daraus rück-
gebildet.

Die von H. O. Schwabe, MPh 14 (1917), 611 ange-
nommene Gleichsetzung des Münzwortes mit mhd. quâz
st.m. ‚Gastmahl, Schlemmerei‘ ist nicht überzeugend;
mhd. quâz ist vielmehr aus dem Slaw. entlehnt (vgl.
Paraškevov 2004: 285 f.). Das dort angeführte Wort
„quāz-phenninc“ ist nicht auffindbar.
Der etym. Vorschlag von E. Schröder, ZVSp 48 (1918),
271 f., dass ahd. quaz und ahd. skaz ‚Schatz‘ (s. d.) mit
unterschiedlicher Vereinfachung des Anlauts auf urgerm.
*skatta- beruhen, ist auch abzulehnen. Einerseits bleibt
die Bedingung für den Verlust bzw. Erhalt des labialen
Elements unklar und andererseits hat ahd. skaz selbst eine
überzeugende Etym. (vgl. S. Neri, Kratylos 54 [2009], 6).

Fick 3 (Germ.)⁴ 60; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2,
2, 1808; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 404; ONW s .v.
kwetsen; VMNW s. v. quetsen; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 6, 894 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 363; Vries,
Ndls. et. wb. 376; Et. wb. Ndl. Ke-R 158 f.; WNT s. v.
kwetsen; eFryske wb. s. v. kwetse.

Lautgesetzlich geht westgerm. *kata- auf vor-
urgerm. *god-o-, westgerm. *katta- dagegen
auf vorurgerm. *godh-- bzw. *got--
zurück.
Die verbale Wortgruppe wurde früher (vgl.
etwa Walde-Pokorny 1, 672 f.) auf eine Wz.
uridg. *gedh- ‚stoßen, verletzen, zerstören‘
zurückgeführt. Die angeführten Entsprechun-
gen ai. gandháyate ‚verletzt‘, gr. δέννος m.
‚Beschimpfung, Lästerung‘ und lit. gèsti ‚zu-
grunde gehen, vergehen, verderben‘ sind aber
entweder nicht zugehörig oder in ihrer Etym.
unklar (vgl. die Angaben in Mayrhofer, KEWA
1, 321; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 366; Beekes, Et.
dict. of Gr. 1, 316; Smoczyński, Słow. et. jęz.
lit.² s. v. gèsti¹; ALEW 1, 317 f.). Da die germ.
Gruppe in der Indogermania somit isoliert ist,
wird auch teils onomatopoetische Herkunft
erwogen, teils aber auch Entlehnung oder
zumindest Beeinflussung durch die Wortgruppe
um das lautlich und semantisch vergleichbare
lat. quatere ‚schütteln, schwingen, erschüttern,
(zer-)schlagen, (zer-)stoßen, jagen, treiben,
zerschmettern‘ (vgl. auch das Intensivum lat.
quassāre ‚heftig schütteln, heftig schlagen, hef-
tig erschüttern, zerschmettern, zerschlagen, zer-
brechen, zerstoßen‘; zur Etym. von lat. quatere
s. skutten).
Aus dem Mhd. ist das Hapaxlegomenon
afrcomt. quat ‚Münze von geringem Wert‘ ent-
lehnt.

Walde-Pokorny 1, 672 f.; Pokorny 466 f.; Wartburg, Frz.
et. Wb. 16, 428.

RS

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