questa f. ō-/n-St. (s. u.), sicher nur in Gl.
3,249,50 (12./13. Jh., obd.) und Wien, Cod.
2400 (13. Jh., obd.): ‚Schurz (aus Laub-
büscheln); perizoma‘ 〈Var.: -ê-〉. Früher (11.
Jh.) ist das Wort zweimal in Karlsruhe, St. Peter
87 (Gl. 1,318,11; 2,495,36) als (akk.pl. oder
nom.sg.?) questa zur Glossierung von (akk.pl.)
perizomata bezeugt. Es bleibt bei Belegen in
dieser Hs. aber prinzipiell offen, ob sie dem
Ahd. oder dem As. zuzuordnen sind; so rechnet
Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 428 den
Beleg Gl. 2,495,36 dem Ahd., Gl. 1,318,11
dagegen dem As. zu; Tiefenbach, As. Handwb.
227 bestimmt beide Belege als as. Zu dieser
Problematik kommt die unklare St.klassenzu-
ordnung. Die Nom.Sg.-Formen questa in Gl.
3,249,50 und Wien. Cod. 2400 können sowohl
f. ō-St. als auch f. n-St. sein.
Abweichend deutet Ahd. Wb. 7, 608 questa in Gl.
3,249,50 und in Wien, Cod. 2400 als Nom.Pl. und setzt
das Wort dann als „quest st. m.“ an. Das ist jedoch in
Anbetracht vom Sg. perizoma im lat. Text abzulehnen
(dementsprechend ist das Wort bei Hildebrandt 1974–
95: 3, 139 im Lexikon dann auch richtig als questa lem-
matisiert).
Die beiden Belege questa in Gl. 1,318,11 und
2,495,36 sind ebenfalls nicht eindeutig: Falls es
Nom. Sg.-Formen sind, sind sie wie die restli-
chen Formen auch als ō- oder n-St. interpretier-
bar, wenn es aber Akk. Pl.-Formen sind, könnte
ein m. a-St. (so etwa Tiefenbach, As. Handwb.
227, möglicherweise wegen mndd. quest
[s. u.]) oder ein f. ō-St. vorliegen (so etwa
Starck-Wells 469). Dagegen bestimmt Schütz-
eichel, Glossenwortschatz 5, 428 kaum über-
zeugend den Beleg Gl. 2,495,36 als m. a-St.,
den Beleg Gl. 1,318,11 als f. ō-St. Wegen der
Beleglage im Germ. (s. u.) kommt jedenfalls
der Ansatz quest m. a-St. in Frage, sei das
Wort ahd. oder as. – Mhd. queste (quoste,
koste, kost) sw.m./f. ‚Büschel, Wedel von
einem Baum, Laubbüschel, Federbüschel als
Helmschmuck‘, frühnhd. queste f. ‚Quast,
Wedel im Bad, Gürtel‘ (Götze [1920] 1971:
172), nhd. veraltet Queste f. ‚Büschel‘ neben
Quest m. ‚dss.‘. Daneben erscheint seit dem
Mhd. eine ablautende Form mit -a- in mhd.
quast st.m. ‚Büschel‘, nhd. (norddt.) Quast m.
‚breiter, bürstenartiger Pinsel‘ neben Quaste f.
‚größere Anzahl am oberen Ende zusammen-
gefasster, gleich langer Fäden, Schnüre o. Ä.,
die an einer Schnur hängen, an eine Quaste
erinnerndes Büschel (Haare o. Ä.), breiter,
bürstenartiger Pinsel‘.
Ahd. Wb. 7, 608 (quest); Splett, Ahd. Wb. 1, 1230;
eKöbler, Ahd. Wb. s. v. kwesta; Schützeichel⁷ 190;
Starck-Wells 469. 828; Schützeichel, Glossenwortschatz
5, 428; Graff 4, 680; Lexer 2, 324; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 427 (perizoma); Dt. Wb. 11, 1861 f.; 13, 2330 f.
2365; Kluge²¹ 574 (s. v. Quast); Kluge²⁵ s. v. Quaste;
ePfeifer, Et. Wb. s. v. Quaste. – DRW 10, 1490. –
Hildebrandt 1974–95: 2, 397. 566.
Ahd. questa < urgerm. *ku̯estō(n)- hat keine ge-
nauen Entsprechungen in den anderen germ.
Sprachen.
Zur möglich as. Form questa oder quest s. o.
Vom Ablaut her ist nur mndd. quest (pl. queste)
m. ‚Laubbüschel, Laubschürze, Zweigbüschel,
Quast, Rute zum Gebrauch im Schwitzbad,
breiter Maurerpinsel, Laubbesen, Reisigbe-
sen, Strohwisch, ein Fischfanggerät, textiles
Zierelement, herabhängende zusammengedreh-
te Schnüre oder Fransen, Troddel‘ vergleichbar
(zu möglichem as. questa f. oder quest m. s. o.):
< westgerm. *ku̯esta-.
Entsprechungen zur Ablautstufe von mhd.
quast st.m. begegnen in: mndd. quast (pl.
queste) m. (in der gleichen Bed. wie mndd.
quest s. o.); mndl. quast ‚Laubbüschel, Pinsel‘,
nndl. kwast ‚textiles Zierelement, herabhängen-
de zusammengedrehte Schnüre oder Fransen,
Pinsel‘: < westgerm. *ku̯asta-.
Eine andere Bildung findet sich in nisl. kvöstur
m. ‚Strauß, Besen‘, fär. kvastur, kveistur m.
‚Besen‘, adän., ält. ndän. kost, kwost, kwast
(adän. auch qwast) ‚dss.‘, ndän. kost, kvast
‚dss.‘, nnorw. kvast, kvost, kost ‚dss.‘, aschwed.
qvaster, koster m. ‚dss.‘, nschwed. kvast ‚dss.‘,
dial. auch kvast, kåst, kost ‚dss.‘: < urgerm.
*ku̯astu-. Daneben muss auch im Nordgerm. ein
a-St. bestanden haben, wie die Entlehnungen
finn., ingr., karel. vasta ‚Bund grüner (Birken-)
Zweige für das Saunabad oder als Besen‘, lüd.
vast(ę) ‚dss.‘, weps. vast ‚dss.‘ nahelegen.
Dagegen stammen die Formen nisl. kústur,
kústi, kústur aus dem Dän.
Wie ält. ndän. qvass ‚kleine abgehauene Zwei-
ge, Reiser‘, ndän. kvas ‚dss.‘, nnorw. kvas ‚dss.‘
zeigen, gehört der Dental nicht zur Wz.
Unsicher ist die Anbindung der Wortsippe von aisl. kvistr
m. ‚Zweig‘ an ahd. questa. Ist kvistr zugehörig, lautet die
Vorform urgerm. *ku̯esti- (vgl. zuletzt etwa Et. wb. Ndl.
Ke-R 155 f.). Jedoch flektiert das Wort im Aisl. als u-St.
(vgl. Noreen [1923] 1970: § 395) und weist so auf
urgerm. *ku̯istu-; eine Vorform *ku̯estu- hätte zwar im
Dat.Sg. und Nom.Pl. i-Umlaut ergeben, doch breiten sich
i-Lautungen nicht analogisch auf das gesamte Paradigma
aus (vgl. dazu unter quiti¹). Auch die Annahme, dass die
u-stämmigen Formen einen jüngeren Sprachstand wider-
spiegeln, ist wenig wahrscheinlich. Die von Bjorvand,
Våre arveord² 619 angeführte Parallele: „f.eks. norr. vegr
m. ‚vei‘ med analogisk akk.pl. vegu“, ist kaum überzeu-
gend, da hier u-stämmige Formen selten sind und daneben
Belege des geläufigen a-St. stehen (vgl. Noreen, a. a. O.
§ 358, 4). Dazu kommt, dass es für aisl. kvistr eine
alternative Etym. gibt, und zwar Anbindung an die Wz.
in ahd. zwisala ‚Gabel, gabelförmiger Zweig‘ (s. d.); aisl.
kvistr setzt dann urgerm. *tu̯istu- fort (vgl. Magnússon,
Ísl. Orðsb. 529).
Fick 3 (Germ.)⁴ 62 f.; Tiefenbach, As. Handwb. 227;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 202; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 2, 1788 f.; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 3, 405; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 859 f.; Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 361 f.; Suppl. 94; Vries, Ndls. et. wb.
374; Et. wb. Ndl. Ke-R 155 f.; WNT s. v. kwast¹;
Magnússon, Ísl. Orðsb. 498. 520. 531; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1, 568 f.; 2, 1500; Nielsen, Dansk et. ordb.
235. 245; Ordb. o. d. danske sprog 11, 193 f. 905. 909 f.;
Bjorvand, Våre arveord² 594 f.; Torp, Nynorsk et. ordb.
342; NOB s. vv. kost, kvas, kvast; NOBFM s. v. kvost;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1, 534; Svenska akad. ordb.
s. v. kvast; Kylstra, Lehnwörter 3, 380 f.
Die germ. Wörter stellt man gewöhnlich zu:
alb. gjéthe f. ‚Laub‘, dial. (tosk., geg.) gjeth (pl.
gjeth) m. ‚dss.‘, gjeth f. ‚dss.‘ (als Pluraletan-
tum in der Bed. ‚Blätter, grüne Zweige [als
Viehfutter]‘), wobei der umgelautete Sg. eine
Rückbildung aus dem Pl. zu einer Basis alb.
*gath- ist; *gath- ist lautgesetzlich (mit
Schwund von *u̯ zwischen Guttural und hinte-
rem Vokal und Entwicklung von *zd > *dz >
[nach stimmhaftem Kons.] *ts > th [vgl. dazu
Orel 2000: 97]) aus *gu̯ozd- entstanden; apoln.
gwozd ‚Bergwald‘, ält. serb., kroat. gvȍzd
‚Wald‘, atschech. hvozd ‚Waldgebirge‘, slowen.
gȍzd m. ‚Wald, Forst‘, osorb. (alt) Zagozd als
Bez. eines altsorb. Gaus, ndsorb. (ält.) gozd,
gozda ‚trockener Wald, Bergwald, Harz‘ <
gemeinslaw. *gvozdъ m.
Falls diese Verbindung zutrifft, ergibt sich eine
Wz. (spät-)uridg. *gu̯es-, etwa ‚Busch, Laub‘,
die mit *-d- erweitert wurde.
Weitere Anknüpfungen bleiben dagegen offen: Bereits
unsicher ist, ob innerhalb des Slaw. die Wortgruppe
gemeinslaw. *gvozdь m., *gvozdъ m. ‚Nagel‘, die u. a. in
aksl. gvozdь m., aruss. gvozdь, gvozdъ, nruss. gvozd’
(vgl. die Auflistung der Belege unter gart¹ ‚Stachel,
Spitze‘ [s. d.]) fortgesetzt ist, zu den Wörtern mit der
Bed. ‚Wald‘ gehört. Die semantische Kluft zwischen
‚Wald‘ und ‚Nagel‘ ist jedenfalls schwer zu überwinden.
An die germ. Wörter werden auch Wörter aus dem Kelt.,
nämlich mir. bot m. ‚Penis, Schwanz‘, mkymr. both f.
‚Schildbuckel, Radnabe‘ < urkelt. *buzdo-/-ā-, ange-
schlossen (Fick 2 [Kelt.]⁴ 180; Matasović, Et. dict. of
Proto-Celt. 85 f.; Hessens Ir. Lex. 1, 102; Vendryes, Lex.
ét. de l’irl. anc. B-73; eDIL s. v. bot¹; Dict. of Welsh 1,
303; vielleicht ist auch gall. buđđutton ‚Quirl ?‘ oder
‚Spindel, Spinnwirtel ?‘ zugehörig; vgl. Delamarre, Dict.
gaul.³ 92 f.). Diese Wörter führt de Bernardo Stempel
1999: 518 auf die Verbalwz. uridg. *gu̯et- ‚schwellen‘ mit
expressiver Geminierung zurück.
Denkbar wäre eine etym. Verbindung der slaw. Wörter
mit der Bed. ‚Nagel‘ und der kelt. Formen. In diesem Fall
sind aber die oben genannten germ., alb. und slaw.
Wörter mit der Bed. ‚Busch, Laub‘ (anders noch unter
gart¹) davon zu trennen. Dann läge eine homonyme Wz.
vor. Zur semantischen Beziehung zwischen ‚Nagel‘ und
‚Penis‘ vgl. nhd. Nagel und das Verb nageln, das neben
‚mit einem Nagel, mit Nägeln an, auf etw. befestigen‘
auch die Bed. ‚koitieren‘ hat (vgl. auch die sexuelle Bed.
von Nagel im FamN Wackernagel).
Semantisch näher stehen zwar ai. guṣpita- n. ‚wirre
Masse, Gewirr, Anhäufung, angehäuft‘, gr. βόστρυχος m.
‚Haarlocke‘ und lat. pl. vespicēs ‚dichtes Gesträuch‘ (nur
bei Paulus ex Festo), jedoch bergen all diese Formen
eigene Schwierigkeiten (vgl. Mayrhofer, KEWA 1, 341 f.;
ders., EWAia 1, 492; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 254;
Chantraine, Dict. ét. gr.² 178; Beekes, Et. dict. of Gr. 1,
228; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 771 f.; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 729), so dass sie besser nicht heran-
gezogen werden sollten.
Walde-Pokorny 1, 644 f.; Pokorny 480; Demiraj, Alb. Et.
187 f.; Orel, Alb. et. dict. 133 f.; Berneker, Slav. et. Wb.
1, 365 f.; Trubačëv, Ėt. slov. slav. jaz. 7, 185 f.; Derksen,
Et. dict. of Slav. 196; Et. slov. jaz. staroslov. 4, 212 f.;
Bezlaj, Et. slov. slov. jez. 1, 166; Snoj, Slov. et. slov.³ 213;
Matasović, Et. rječ. hrv. jez. 1, 313; Vasmer, Russ. et.
Wb. 1, 263; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 1, 399; Schuster-
Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 337. – N. Jokl, IF 30 (1912),
203–206; Huld 1983: 69; Mallory 1997: 80; Rasmussen
1989: 91; Mallory-Adams 2006: 161; K. T. Witczak,
ZBalk 47 (2011), 243.
RS