quiti¹ m. i-St., nur Gl. 1,294,21 (2 Hss.
vom Ende des 8./Anfang des 9. Jh.s und frühen
9. Jh., beide alem.): ‚weibliche Scham, Gebär-
mutter; vulva‘ 〈Var.: qh-〉. In den Hss. findet
sich q(h)uiti muater, das wohl eine Doppelglos-
sierung zu vulva ist, wie sie sich auch bei Gl.
1,294,30: uadum furt wat findet. Die Annahme
eines Komp. quitimuoter ist unwahrscheinli-
cher. Dagegen spricht, dass im Aisl. ein Komp.
móðurkviðr ‚Mutterleib‘ belegt ist; man würde
somit *muoterquiti erwarten; für ein verdeut-
lichendes Komp. fehlen Parallelen. Nicht aus-
zuschließen ist dagegen eine Fügung q(h)uiti
(nom.sg.) muater (gen.sg.). Wie die anderen
germ. Sprachen zeigen, ist das ahd. Wort aus
den u-St. in die i-St. übergetreten (anders
Kroonen, Et. dict. of Pgm. 319, der davon
ausgeht, dass das ahd. Wort ein ja-St. ist).
Ahd. Wb. 7, 621 (quiti¹); Splett, Ahd. Wb. 1, 720;
eKöbler, Ahd. Wb. s. v. kwiti²; Schützeichel⁷ 190 (unter
einem Lemma quitimuoter); Starck-Wells 469; Schütz-
eichel, Glossenwortschatz 5, 432 (unter einem Lemma
quitimuoter); Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 296. 725;
Seebold, ChWdW9 657; Graff 4, 650; Dt. Wb. 4, 43 (s. v.
Fotze); 11, 1901 (s. v. Kotze). 2741 (s. v. Kunte). 2901
(s. v. Kutteln); Kluge²¹ 415 (s. v. Kutteln); Kluge²⁵ s. v.
Kutteln; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Kuttel. – Braune-
Heidermanns 2018: § 217 Anm. 3.
Während ahd. quiti auf dem u-St. urgerm.
*ku̯iđu- beruht, weisen ae. cwiđ m. a-St., cwiđa
m. n-St. ‚Bauch, Mutterleib‘ und got. qiþus* m.
u-St. ‚Magen, Mutterleib, Gebärmutter‘ (vgl.
auch als KVG qiþu- [in qiþuhafto* f. ‚Schwan-
gere‘]) auf urgerm. *ku̯iþu-.
Der Dental in aisl. kviðr m. u-St. ‚Bauch,
Magen, Leib‘, nisl., fär. kviður ‚Magen‘, adän.
kwid m. ‚Magen‘, nnorw. dial. kvid ‚Bauch‘,
aschwed. qviþer, qvedh m. ‚Magen, Mutter-
leib‘, nschwed. kved ‚dss.‘ ist nicht sicher zu
bestimmen.
Daneben findet sich in der Lit. verbreitet auch
der Ansatz urgerm. *ku̯eþu- (so zuletzt
Kroonen, Et. dict. of Pgm. 319; vgl. in neuerer
Zeit auch etwa Hill 2003: 157). Dieser ist aber
abzulehnen. Denn das -i- im Aisl. kann nach J.
A. Harðarson (in Neri 2003: 322) lautgesetzlich
aus urgerm. *ku̯eþu- nur im Dat.Sg. oder Nom.
Pl. aufgekommen sein. Ein analogischer Aus-
gleich nach diesen Formen ist im Aisl. aber un-
wahrscheinlich.
Zum Nebeneinander der Bed. ‚Gebärmutter‘ und
‚Bauch‘ s. auch ahd. wamba ‚Körper, Bauch,
Mutterleib, Schoß‘.
Im Got. findet sich noch eine dazugehörige
Bildung, nämlich -qiþrs* (in lausqiþrs* adj.
‚leeren Magen habend, nüchtern‘; dazu die
Ableitung lausqiþrei* f. ‚Fasten‘), das ein
sonst unbezeugtes Subst. got. *qiþr n. ‚Magen‘
< urgerm. *ku̯iþra- voraussetzt (vgl. Schubert
1968: 60 f.).
Casaretto 2004: 528 Anm. 1730 führt ahd. quiti¹ dagegen
auf einen kurzsilbigen i-St. zurück. Ein u-St. sei nicht
möglich, da die kurzsilbigen u-St., „bei denen das aus-
lautende -u nicht getilgt wurde, die u-Flexion im Sg.
einigermaßen bewahrt“ hätten. Doch ist das, wie etwa
ahd. lid ‚Glied‘ (s. d.) zeigt – Reste des ehem. u-St. finden
sich bei diesem Wort nur noch in Komp. – keine generel-
le Regel. Die Bewahrung (oder auch sekundäre Einfüh-
rung) von -i hat möglicherweise in gleichlautendem quiti³
‚Ausspruch‘ und quiti² ‚Harz‘ seine Ursache. Eine
Trennung von ahd. quiti¹ und got. qiþus*, aisl. kviðr wäre
überdies nicht ökonomisch.
Fick 3 (Germ.)⁴ 60; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 319;
Holthausen, Ae. et. Wb. 66; Bosworth-Toller, AS Dict.
180; Suppl. 139; Vries, Anord. et. Wb.² 338;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 312; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 2, 374; ONP s. v. kviðr²; Jónsson, Lex. poet.
352; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 168;
Magnússon, Ísl. Orðsb. 527; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 1, 606; Torp, Nynorsk et. ordb. 348; NOBFM s. v.
kvid; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1, 534; Svenska akad.
ordb. s. v. kved subst.¹; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 390;
Lehmann, Gothic Et. Dict. L-27. Q-10. – E. Schwentner,
IF 61 (1954), 234–236; Bammesberger 1990: 159;
Casaretto 2004: 301. 527 f.
Wie urgerm. *-i- der Wurzel nahe legt, ist die
in den etym. Wörterbüchern häufig anzutref-
fende Anbindung an die Wz. *gu̯et-, die u. a. in
nhd. Kuttel f. ‚essbare Eingeweide‘ und lat.
botulus m. ‚Darm, (pl.) Eingeweide, Wurst‘
(ein Lehnwort aus dem Sabell.) fortgesetzt ist,
abzulehnen. Auch die Zusammenstellung mit
lat. vitulus m. ‚Kalb, junges Rind‘ (Grienberger
1900: 173) trifft nicht zu, da das v- wie umbr.
akk.sg.m. vitlu, akk.pl.m. vitluf, uitlu, akk.pl.f.
vitlaf, uitla ‚männliches oder weibliches Kalb‘
zeigen, alt ist.
Urgerm. *ku̯iþu- ist daher mit Pedersen [1909–
13] 1976: 1, 41 (aufgenommen von W. Meid,
FS Knobloch 1985: 253 f.; Schaffner 2001:
502 f.; Neri 2003: 323–325; Casaretto 2004: 527;
Neri 2011: 253 f.) an die Wz. uridg. *gu̯i̯eh₃-
‚leben‘ (s. quec zu weiteren etym. Anschlüssen)
anzuschließen.
Gegen diese Etym. argumentiert Kroonen, Et. dict. of
Pgm. 319, dass die dabei anzunehmende semantische
Entwicklung schwierig sei. Dieses Argument hat aber
bereits Schaffner 2001: 502 mit Hinweis auf gemeinslaw.
*živótъ m. ‚Leben, Bauch, Leib‘ [< *gu̯ih₃u̯ó-to-] ent-
kräftet; zur semantischen Entwicklung vgl. ausführlich
W. Meid, FS Knobloch 1985: 253 f.
Unmittelbar vergleichbar sind gall. (in PN)
Bitu-, -bitus, air. bith m. u-St. ‚Welt, Leben,
Zeitalter‘, mkymr. byt ‚Welt‘, kymr. byd ‚dss.‘,
abret. bit ‚dss.‘, mbret. beth, bet ‚dss.‘, nbret.
bed ‚dss.‘, akorn. bit (glossiert mundus,
cosmus) ‚dss.‘, mkorn. bys, beys ‚dss.‘ < urkelt.
*bitu-. Die Wörter setzen einen uridg. tu-St.
*gu̯ih₃-tu- fort.
In den germ. und kelt. Formen ist aber der
Kurzvokal auffällig; Casaretto 2004: 527 steht
dieser Verbindung deswegen ablehnend ge-
genüber.
Zur Erklärung des Kurzvokals wurden mehrere
Vorschläge gemacht: So geht etwa Schaffner
2001: 502 f. von Neoablaut aus (uridg. *gu̯ei̯h₃- :
*gu̯ih₃- > *gu̯ei̯- : *gu̯ī- → *gu̯ei̯- : *gu̯i-), Neri
2003: 323 erwägt analogischen Einfluss von
urgerm. *gu̯ih₃-u̯ó- > urgerm. *ku̯iu̯a- mit laut-
gesetzlichem Schwund des Laryngals (Lex
Dybo) oder nach uridg. *gu̯ih₃-tró- (s. u.) >
*gu̯i-tró- (mit Laryngalschwund nach der
Wetter-Regel; Neri, a. a. O. 324 Anm. 1150; zur
Akzentstelle vgl. Neri 2011: 254). Wahrschein-
licher ist aber die von Neri 2003: 323 Anm.
1148 bereits vorgeschlagene, von Neri 2011:
254 dann als alleinige Deutung angeführte Er-
klärung des Kurzvokals: Der Kurzvokal sei das
Resultat der Wetter-Regel aus der Form des
Instr.Sg. *gu̯ih₃-tu̯-éh₁ oder des Lok.Sg. *gu̯ih₃-
tu̯-én/r, Formen, in denen der Laryngal laut-
gesetzlich schwand. Das Allomorph uridg.
*gu̯i- sei dann im gesamten Paradigma durchge-
führt worden.
Got. *qiþrs setzt das substantivierte Adj. uridg. *gu̯ih₃-
tró- ‚lebendig‘ fort. Zum Nebeneinander von u- neben
ro-Bildungen vgl. ai. ketú- ‚Wahrzeichen, Glanz‘ : citrá-
‚glänzend‘; die Annahme Seebolds (IF 76 [1971/1972],
327), dass die beiden Bildungen „in dem von Caland er-
kannten Wechsel zwischen Simplex- und Kompositions-
form“ stünden, ist daher nicht zutreffend. Noch anders,
nämlich als erst innergerm. ra-Bildung, Hill 2003: 156 f.
Walde-Pokorny 1, 671; Pokorny 481; NIL 185 ff.;
Untermann, Wb. d. Osk.-Umbr. 859 f.; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. 2, 807; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 742; de
Vaan, Et. dict. of Lat. 685; Fick 2 (Kelt.)⁴ 165; Matasović,
Et. dict. of Proto-Celt. 67; Delamarre, Dict. gaul.³ 76 f.;
Hessens Ir. Lex. 1, 93; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. B-
53 f.; Kavanagh-Wodtko, Lex. OIr. Gl. 150 f.; eDIL s. v.
bith¹; Dict. of Welsh 1, 360 f.; Deshayes, Dict. ét. du bret.
98. – Falileyev 2000: 15; Schaffner 2001: 501–503; Neri
2003: 321–325; Neri 2011: 253 f.; Zair 2012: 122.
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