quiti² seit dem 12. Jh. in Gl.: ‚Leim,
Harz, Kitt; gluten‘ 〈Var.: cut-, kut-, kütt-〉. Die
St.klasse und das Genus sind nicht sicher be-
stimmbar (vgl. Darms 1978: 50); der Erhalt von -i
scheint einen ja-St. nahezulegen, der aber – wie
die fehlende Gemination (bis auf eine einma-
lige, nicht sicher zu beurteilende Schreibung
mit -tt-) zeigt – offensichtlich sekundär ist. Bei
einem i-St. wäre mit (seltenem) Erhalt von -i
nach kurzer Stammsilbe (vgl. dazu Braune-
Heidermanns 2018: § 217) zu rechnen, wie es
auch bei quiti¹ (s. d.) der Fall ist. Wie quiti¹ muss
auch quiti² von den u-St. in eine andere St.klas-
se gewechselt sein. Während das Mhd. und
Nhd. auf ein Mask. weisen, deutet die ae. Ent-
sprechung (s. u.) auf ein Neutr. – Mhd. küte, küt
st.m. ‚Kitt‘, frühnhd. kit m./n. ‚Bez. für ver-
schiedene Bindemittel‘, nhd. Kitt m. ‚zum Kle-
ben, Dichten o. Ä. verwendete, knetbare oder
zähflüssige Masse, die an der Luft erhärtet‘.
Ahd. Wb. 7, 621 (quiti², kuti); Splett, Ahd. Wb. 1, 1230;
eKöbler, Ahd. Wb. s. v. kwiti³; Schützeichel⁷ 190; Starck-
Wells 469; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 431;
Graff 4, 365; Lexer 1, 1803; Frühnhd. Wb. 8, 980 f.; Dt.
Wb. 11, 860; Kluge²¹ 372; Kluge²⁵ s. v. Kitt; ePfeifer, Et.
Wb. s. v. Kitt.
Ahd. quiti, ein ehemaliger u-St., hat eine Ent-
sprechung in ae. cwidu, cweodu, cwudu, cudu
(gen.sg. cwidues, cwidwes) n. wa-St. ‚Gekautes,
Baumharz‘, me. cud(e) (neben cọ̄de, coude,
cudde, cuid, quede, quide) ‚Harz, Gummi, Mas-
tix, wiedergekäutes Futter, Brocken, Klumpen‘,
ne. cud ‚wiedergekäutes Futter‘, quid ‚ein
Klümpchen (meist Tabak) zum Kauen‘. Die
Formen beider Sprachen gehen auf einen
urspr. u-St. urgerm. *ku̯eđu- zurück.
Das Wort ist auch als KVG verbaut in nnord-
fries. (Amrumer fries.) kwetkaue, twetkaue sw.v.
‚wiederkauen‘, (wang.) kwidikau ‚dss.‘ (vgl. ae.
cwidu ceowan ‚wiederkäuen‘).
Aus dem Dt. stammen nndl. kit ‚Klebe- oder
Füllmittel‘, ne. kit (seit 1815) ‚dss.‘, ndän. kit
(seit 1762) ‚dss.‘, nnorw. kitt ‚dss.‘, nschwed.
kitt (seit 1836) ‚dss.‘.
Daneben steht im Germ. die Vddhibildung
urgerm. *ku̯ēþu̯ōn- ‚Harz‘ (durch Substantivie-
rung eines im Germ. nicht weiter fortgesetzten
ō-St. urgerm. *ku̯ēþu̯ō- ‚aus Harz, harzig‘), der
vorliegt in: aisl. kváða f. ‚Harz‘, nisl. kvoða f.
‚dss.‘, fär. kváð(a) ‚zähe Flüssigkeit aus dem
Euter‘, adän. qwathæ ‚Harz‘, ält. ndän. quad,
qwade ‚dss.‘, ndän. kvade, kodde ‚dss.‘, nnorw.
kvae ‚dss.‘, (dial.) kôde, kôa, kôe, kvoa ‚Harz,
Biestmilch‘, aschwed. qvaþa, kadha, kode
‚Harz‘, nschwed. kåda ‚dss.‘, (dial.) kvada,
kvåda, koa ‚dss.‘ (zum Schwund von *-u̯- und
dem Fehlen des Umlauts im Aisl. vgl. Noreen
[1923] 1970: § 84 Anm.).
Fick 3 (Germ.)⁴ 60; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 315 f.;
Vries, Ndls. et. wb. 322; Et. wb. Ndl. Ke-R 62; WNT s. v.
kit³; Holthausen, Ae. et. Wb. 65; Bosworth-Toller, AS
Dict. 181; Suppl. 139; eMED s. v. cud(e) n.; Klein,
Compr. et. dict. of the Engl. lang. 1, 381; eOED s. vv.
†code n.², cud n., kit n.⁶, quid n.³; Vries, Anord. et. Wb.²
335; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 410; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 2, 363; ONP s. v. kváða; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 166; Magnússon, Ísl. Orðsb.
530; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 513. 600;
Nielsen, Dansk et. ordb. 221. 244; Ordb. o. d. danske
sprog 10, 985; 11, 856 f.; Bjorvand, Våre arveord²
608 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 353; NOB s. vv. kitt,
kvae; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1, 542; Svenska akad.
ordb. s. vv. kitt, kåda. – Darms 1978: 49–53; Bammes-
berger 1990: 156.
Urgerm. *ku̯eđu- < uridg. *gu̯etú- hat eine un-
mittelbare Entsprechung in ai. jatu- ‚Lack,
Gummi‘ (nur einmal [Uṇādi-Sūtra 1, 18] mit
Akzent: játu-), npers. (dial.) žad ‚Gummi‘,
paštō žāwla ‚Harz‘.
Uridg. *gu̯etú- ist auch die Basis von lat.
bitūmen n. ‚Erdharz, Erdpech, Bergteer‘, eine
Ableitung eines nicht belegten *bitu- (zum
Anlaut b- s. u.; zu diesem Bildetyp vgl. lat.
alūmen n. ‚Alaun‘ zu unbezeugtem *alu-).
Da die Birke nach dem zur Leimherstellung
verwendeten Birkensaft oder nach der dazu be-
nutzten Birkenrinde bezeichnet worden sein
kann (vgl. Kupfer 1825: 117: „In Schweden
bereiten die Frauenzimmer aus der zu einem
gewissen Grade gebrannten Rinde [der Birke]
durchs Kauen einen sehr dienlichen Leim“),
können folgende Wörter aus dem Kelt. als
Weiterbildungen zu uridg. *gu̯etu- hinzugestellt
werden: air. be(i)the m. ‚Birke‘ (< urkelt.
*betu̯[i]i̯ā), dazu die fem. Rückbildung beith
‚dss.‘ (vgl. dazu de Bernardo Stempel 1999:
576) neben gall. (in PN) Betuus, Betua, Betuius,
Betuia, Betulonius – aus dem Gall. stammen
prov., katal. bez, span. biezo ‚Birke‘ –, mkymr.
bedw ‚dss.‘, mbret. bezu ‚dss.‘, nbret. bezw
‚dss.‘, mkorn. bedewen ‚Pappel‘ (glossiert lat.
populus), korn. besow ‚Birke‘ (< urkelt.
*betu̯ā). Das spätlat. Wort beta (in der Glosse
beta. berc. arbor dicitur) ist wohl air. beith ‚Bir-
ke‘ mit lat. Endung (vgl. M. Lapidge, Anglo-
Saxon England 36 [2007], 43; möglich wäre
auch die Ergänzung zu bet<ul>a [vgl. Lindsay
1921: 26]).
Aus dem Dt. stammen mit gleicher Bed. russ.,
bulg., serb., kroat., poln. kit, slowen. kȋt, tschech.
kyt, slowak. git, ung. gitt, kitt, estn. kitt.
Wie der Anlaut lat. b- zeigt, ist das lat. Wort nicht direkt
aus dem Uridg. ererbt, da anlautendes *gu̯- vor Vokal
lautgesetzlich zu lat. v- wird (vgl. etwa lat. veniō ‚kom-
me‘ < uridg. *gu̯-i̯é/ó-; vgl. Meiser [1998] 2010: § 73,
7). Die Basis *bitu- ist daher entweder aus dem Sabell.
oder aus dem Kelt. entlehnt. Für eine kelt. Herkunft könnte
sprechen, dass aus der kelt. Form *betu[i]i̯ā (< urkelt.
*gu̯etu̯[i]i̯ā [s. o.]) auch lat. betulla f. ‚Birke‘ übernom-
men wurde.
Auf nfrz. béton ‚Beton‘, eine Entlehnung aus lat. bitū-
men, beruht nhd. Beton m. ‚als Baustoff verwendete Mi-
schung aus Zement, Wasser und Sand, Kies o. Ä., die im
trockenen Zustand sehr hart und fest ist‘. Unmittelbar auf
lat. bitūmen geht nhd. Bitumen n. ‚natürlich vorkommende
oder aus Erdöl gewonnene teerartige Masse, die u. a.
als Abdichtungs- und Isoliermaterial verwendet wird‘
zurück.
Mit der dehnstufigen Form urgerm. *ku̯ēđōn-
vergleicht Olsen (1999: 774; übernommen in
Kroonen, Et. dict. of Pgm. 315 f.) arm. kitˁ
‚Milchprodukt‘. Als Vorformen ergäben sich so
uridg. *gu̯eh₁to- bzw. uridg. *gu̯eh₁teh₂-. Falls
das germ. Wort tatsächlich zu den oben an-
geführten Formen gehört, wäre die Bed. ‚Biest-
milch‘ im Germ. eine erst späte, sekundäre
Entwicklung; die Übertragung ginge dann von
der Konsistenz der Biestmilch aus, da diese
aufgrund des hohen Proteingehaltes etwas
schleimig und dickflüssig ist. Doch wäre kein
Rekonstrukt mit *-h₁- möglich, da die einzel-
sprachlichen Formen, die auf urgerm. *-e-
weisen, nicht mit einer solchen Vorform verein-
bar sind. Das -tˁ der arm. Form kann nicht laut-
gesetzlich sein (uridg. *gu̯ēto- hätte lautgesetz-
lich arm. *ki ergeben; zur Entwicklung vgl.
Olsen 1999: 785). Man muss daher annehmen,
dass -tˁ aus dem zugehörigen arm. Wort katˁn
‚Milch‘ (< uridg. *gu̯etsneh₂) eingeführt ist. Auf
eine vergleichbare Vorform führt auch air.
bannae, bainne ‚Tropfen, Milch‘ (< uridg.
*gu̯etsn[i]i̯eh₂). Arm. kitˁ ‚Milchprodukt‘ wäre
in dem Fall ebenso wie urgerm. *ku̯ēđōn- eine
Vddhibildung.
Falls die arm. und air. Formen nicht zugehörig sind,
könnten sie auch auf *gu̯h₁tsn([i]i̯)eh₂ und *gu̯ēh₁to- zu
einer sonst nicht weiter bezeugten Wz. uridg. *gu̯eh₁t-
zurückgeführt werden.
Olsen (1999: 774; ebenso KS Rasmussen 1999: 498)
erklärt das -tˁ der arm. Form kitˁ und die kurzvokalischen
Formen als das Resultat eines Laryngalschwunds mit
gleichzeitiger Aspirierung des nachfolgenden Okklusivs.
Dieses Lautgesetz ist aber abzulehnen (vgl. dazu ausführ-
lich Neri 2011: 207–230).
Walde-Pokorny 1, 672; Pokorny 480; Mayrhofer, KEWA
1, 415; ders., EWAia 1, 565; Morgenstierne, Et. voc.
Pashto 105; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 103. 107;
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 70. 71; de Vaan, Et. dict. of Lat.
72 f.; Thes. ling. lat. 2, 2021 f.; Martirosyan, Et. dict. of Arm.
345 f.; Snoj, Slov. et. slov.³ 300 (kȋt²); Fick 2 (Kelt.)⁴ 166;
Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 64 f.; Delamarre, Dict.
gaul.³ 74; Hessens Ir. Lex. 1, 85; Vendryes, Lex. ét. de
l’irl. anc. B-28; eDIL s. vv. bainne, bannae, beith, beithe;
Dict. of Welsh 1, 266; Deshayes, Dict. ét. du bret. 108. –
Brückner [1927] 1993: 231; de Bernardo Stempel 1999:
217; Neri 2011: 228 f.; Newerkla 2011: 450.
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