rappo¹ m. an-St., Gl. 3,400,39 (in 2
Hss., zwischen 1180 und 1190, Anfang des 13.
Jh.s, beide [rhein-]frk.) und Gl. in Trier, StadtB
1124/2058; vgl. St. Stricker, in Schützeichel
1991: 316): ‚Traubenkamm; curschul [lingua
ignota, Hildeg.], racemus‘ 〈Var.: -e〉. Das
Wort ist aus dem Mfrz. entlehnt (s. u.). – Mhd.
rappe sw.m. ‚Traubenkamm‘, nhd. (dial.) rapp,
rappe m. ‚Kamm, Traubenkamm, Stiel der
Weintraube‘.
Daneben sind im Dt. (wie auch im Engl. s. u.) ggf. wei-
tere Wörter aus letztlich derselben Quelle entlehnt, so
etwa Rappe ‚Reibeisen‘. Auch Wörter mit noch erhalte-
nem -s- in der Sippe von nhd. Raspe, Raspel gibt es, die
aufgrund ihrer späten Bezeugung erst ab dem 16. Jh.
durchaus ebenso Lehnwörter sein können wie zufällig
erst spät bezeugte Rückbildungen zu den Fortsetzern von
ahd. raspôn ‚raffen‘ (s. d.) etc. oder dem zugehörigen In-
tensiv-Iterativum raspeln.
Ahd. Wb. 7, 669; Splett, Ahd. Wb. 1, 1230; eKöbler, Ahd.
Wb. s. v. rappo¹; Schützeichel⁷ 253; Schützeichel, Glos-
senwortschatz 7, 321; Bergmann-Stricker, Katalog Nr.
51. 882. 958; Lexer 2, 343; Dt. Wb. 14, 114 f. 141;
Kluge²¹ 581 (Rapp[e]¹). 582 (Rappe⁴). 583; Kluge²⁵ s. vv.
Rappe², Rappe⁴, Raspel.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen Ent-
lehnungen auf letztlich derselben Grundlage:
mndd. raspe f. ‚Reibeisen‘; nndl. (ab dem 16.
Jh.) rasp ‚Raspel, Feile‘ (ab dem 14. Jh. ist be-
reits zugehöriges mndl. raspen sw.v. ‚raspeln‘
bezeugt). Aus dem Ndl. bzw. Dt. entlehnt sind
die fries. Formen nwestfries. rasp ‚Raspel‘,
rasp(j)e ‚raspeln‘, saterfries. rasp m. ‚Raspel‘,
raspje ‚raspeln‘ sowie die nordgerm. Formen
ndän. rasp ‚Raspel‘, raspe ‚raspeln‘, nnorw.
rasp ‚grobe Feile‘, raspe ‚raspeln‘, schwed.
rasp(e) ‚Raspel‘.
Die rom. bzw. frz. Wortformen sind mehrfach
aus dem Mfrz. ins Engl. übernommen worden,
dort begegnen me. rapẹ̄, rapi, rapei(e) ‚Soße
aus getrockneten Früchten, mit Wein gekocht‘,
me., ne. rape ‚Feile, Raspel‘, ne. veraltet rape
auch für die Verbindung rape wine ‚Wein aus
Trester‘, ne. rape ‚Trester‘, daneben noch eine
frühere Übernahme mit erhaltenem -s- me. ras-
pen ‚raspeln, feilen‘, ne. rasp ‚dss.‘ neben rasp
‚Feile, Raspel‘.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 2, 1866; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 3, 423; Verwijs-Verdam, Mndl. wb.
6, 1051; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 536; Suppl. 135;
Vries, Ndls. et. wb. 563; Et. wb. Ndl. Ke-R 627; WNT s. v.
rasp; Fryske wb. 17, 284 f.; Dijkstra, Friesch Wb. 3, 6;
Fort, Saterfries. Wb.² 488; eMED s. vv. rape n.⁴, rape n.⁵;
Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1301 (rape⁵).
1303 (rasp n./v.); eOED s. vv. †rapé n.⁴, rape n.⁶, rape
n.⁷, rape n.⁸, rasp n.¹, rasp v.¹; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 2, 880; Nielsen, Dansk et. ordb. 340; Ordb. o. d.
danske sprog 17, 461 (rasp²). 462 f. (raspe³); Torp, Ny-
norsk et. ordb. 515; NOB s. vv. rasp, (bm.) raspe¹, (nn.)
raspe²; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 819; Svenska akad.
ordb. s. v. rasp².
Ahd. rappo ist aus mfrz. rape > frz. râpe ‚Trau-
benkamm, Raspel‘ entlehnt, das letztendlich
auf rom., mlat. raspa f. ‚Weintraube‘ beruht.
Die Entlehnung hat erst stattgefunden, nach-
dem im Frz. das mittlere -s- geschwunden war.
Unklar bleibt dabei die Herkunft der Geminate.
Rom. *raspa f. ‚Traubenkamm‘ (neben der da-
raus entwickelten Bed. ‚Trester‘ [wohl nach
den im Trester befindlichen Ästchen der Wein-
trauben]) ist eine Rückbildung aus dem in der
Romania weit verbreiteten Verb *raspāre >
mlat. raspare ‚zerreiben‘, aprov., prov., katal.,
span., port. raspar ‚(aus-)kratzen, zerreiben‘,
afrz. rasper ‚dss.‘, nfrz. râper ‚dss.‘ etc.; vgl.
auch engad., italien., katal., span., port. raspa f.
‚Raspel‘. Bei dem rom. Verb handelt es sich
aufgrund der fast allgemeinen Verbreitung in
der Romania um eine sehr frühe Übernahme
des Verbs urgerm. *rasp-ōi̯e/a-, das etwa in
ahd. raspôn sw.v. II ‚raffen‘ (s. d.; im Ablaut
dazu respan ‚rupfen‘ [s. d.]) fortgesetzt wird.
Im Rom. hat ausgehend von der urspr. Bed. des
germ. Verbs ‚raffen, rupfen‘ einerseits eine
Bed.entwicklung hin zu ‚abrupfen‘ > ‚was ab-
gerupft wird/ist‘ > ‚Traubenkamm, Trester‘, an-
dererseits zu ‚abschaben‘ > ‚womit abgeschabt
wird, Raspel‘ stattgefunden.
Niermeyer, Med. Lat. lex.² 2, 1150; Du Cange² 7, 20
(raspa¹, raspa², raspare); Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³
Nr. 7077; Wartburg, Frz. et. Wb. 16, 669 ff.
HB