rebahuon
Band VII, Spalte 232
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rebahuon n. a-St., seit dem Anfang des
9. Jh.s in Gl.: ‚Rebhuhn, Wachtel; coturnix,
ortygometra, perdix‘ (Perdix perdix, Coturnix
coturnix) 〈Var.: -be-, -bu-, -pa-; -bh-, -ph-,
-pph-; -huan, -hu(u)n, -hon, -hün, (mit etym. un-
berechtigtem -t; s. huon) -hount, -hunt〉. – Mhd.
rëphuon st.n. ‚Rebhuhn‘, nhd. Rebhuhn n.
‚Feldhuhn mit erdbrauner Oberseite, rotbrau-
nem Schwanz und großem braunem Fleck auf
der grauen Brust‘.

Ahd. Wb. 7, 720 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 729; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. rebahuon; Schützeichel⁷ 254; Starck-Wells
474 f. 828; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 341 ff.;
Seebold, ChWdW9 388. 662. 1101; Graff 4, 959; Lexer
2, 407; 3, Nachtr. 347; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 154
(coturnix). 425 (perdix); Dt. Wb. 14, 334 f.; Kluge²¹ 588;
Kluge²⁵ s. v. Rebhuhn; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Rebhuhn. –
DRW 11, 214 f.; Suolahti [1909] 2000: 255 ff.; Neuß
1973: 136 f.

Nur im Mndd. findet sich eine, teilweise jedoch
lautlich abweichende, Entsprechung zum ahd.
Wort: mndd. raphôn, rafhôn, rephûn n. ‚Reb-
huhn, Wachtel‘.
Aus dem Mndd. gelangte das Wort in andere
germ. Sprachen: mndl. raphoen (n.) ‚Rebhuhn‘
(?; s. u.), nndl. raphoen (n.) ‚dss.‘; adän. raphane
‚dss.‘, ält. ndän. raphøns, raphøne ‚dss.‘, nnorw.
rapphøne ‚dss.‘, aschwed. rapphöns, nschwed.
rapphöns, rapphöna ‚dss.‘ (nicht in Törnqvist
1977 verzeichnet).

Im ält. Nndl. ist das Wort nur in Wörterbüchern belegt.
Das Vorhandensein im Mndl. ist fraglich (Verwijs-Ver-
dam, Mndl. wb. listet keine Belegstellen). Aus diesen
Gründen ist es wahrscheinlicher, dass das Wort im Ndl.
ein Lehnwort aus dem Mndd. ist als eine eigenständige,
zum Mndd. zufällig parallele Umbildung (dazu s. u.; an-
ders L. Sturm, in Neri-Sturm-Ziegler 2016: 56).

Der Vokalismus -e- vs. -a- und die vielen Lau-
tungen im Ahd. legen sekundäre Umbildungen
nahe. Während die mndd. Form rap- wohl nach
dem Adj. mndd. rap ‚schnell, geschwind, hef-
tig, ungestüm‘ umgestaltet ist, kann ahd.
reba- kaum urspr. mit reba ‚Rebe‘ (s. d.) zu-
sammenhängen (so als Möglichkeit L. Sturm,
a. a. O. mit Verweis auf die Einordnung von
rebahuon unter reba bei Splett, Ahd. Wb. 1,
729), da einerseits Rebberge nicht der bevor-
zugte Lebensraum bzw. Trauben keine Nah-
rungsquelle von Rebhühnern sind, andererseits
Weinberge sicherlich erst nach der Benennung
der Rebhühner im germ. Raum aufgekommen
sind. Man muss daher in beiden Sprachen mit
sekundären Umgestaltungen rechnen.

Tiefenbach, As. Handwb. 312 (Ansatz rephōn, aber nur
mit ahd. Belegen); Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2,
2, 1860. 1861; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 421;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 1040; WNT s. v. raphoen;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2, 880; NOB s. v.
rapphøne; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 817 f.; Svenska
akad. ordb. s. vv. rapphöna, rapphöns. – Kalkar
[1881 ff.] 1976: 5, 555.

Wie die Umgestaltung nach dem Adj. mndd.
rap zeigt, kann das Benennungsmotiv des Vo-
gels die Heftigkeit der Auseinandersetzungen
zwischen einzelnen Rebhühnern und beim Auf-
einandertreffen unterschiedlicher Ketten von
Rebhühnern sein. Aus diesem Grund kann man,
wenn man von urgerm. *reƀa/ō- ausgeht, das
KVG an die Verbalwz. uridg. *rebh- ‚sich (heftig)
bewegen‘ (s. dazu birebezzôn) anknüpfen.
In der Literatur ist dagegen die Anbindung an
die Gruppe um ahd. erpf adj. ‚dunkelbraun‘
(s. d.), die auf die Farbwz. uridg. *h₁er- ‚braun‘
zurückgeht, weit verbreitet. Von dieser Wz.
sind nämlich Wörter zur Bez. unterschiedlicher
Vögel, wie nhd. Erpel m. ‚männliche Ente, En-
terich‘ und russ.-ksl. jarębь m. ‚Rebhuhn‘, ab-
geleitet. Da von der Wz. also Wörter zur Bez.
des Rebhuhns gebildet werden konnten, ist
auch der Anschluss der Gruppe um ahd. reba-
huon möglich.

Die Bildung und die Beziehung der einzelnen Wortformen
in dieser Gruppe ist in der Literatur umstritten, vor allem
das Verhältnis zwischen nasallosen und nasalhaltigen
Formen (für eine ältere Besprechung s. erpf). Eine über-
zeugende Lösung hierfür bietet S. Neri in L. Sturm,
a. a. O.: Er geht von dem in Tiernamen häufiger vorhan-
denen Nebeneinander der Suff. *-bho- und *-nbho-, also
hier von *h₁er-bho- neben *h₁er-bho-, aus. Aus *h₁er-
bho- entstand durch Reanalyse eine Neowz. *h₁erbh-; von
diesem *h₁erbh- wurde *h₁erbh-- > ahd. erpf gebildet.

Bei der Anknüpfung an die Wz. uridg. *h₁er-
‚braun‘ ist der Unterschied zwischen Vollstufe
I und II erklärungsbedürftig, die eine (schein-
bare) Parallele in den slaw. Wörtern wie nruss.
(dial.) rjab’ m. ‚Haselhuhn‘, slowen. rẹ̑b m.
‚Rebhuhn‘ hat. Das von G. Kroonen, in Pronk-
Derksen 2011: 257 f. angesetzte Rekonstrukt
uridg. *h₁rébh-ēn : *h₁bh-nós ist bei einer Wz.
*h₁er- + Suff. -()bh- kaum zu erwarten. Einfa-
cher ist die Annahme, dass die slaw. Wörter auf
eine Vorform *h₁rbh- (Hinweis von S. Neri)
oder vielleicht auf einer dazu vddhierten Form
*h₁renbh- beruhen. Die germ. Formen sind in
dem Fall aber von den slaw. Wörtern zu tren-
nen. Für die germ. Wörter gibt es auch sonst
keinen überzeugenden morphologischen Me-
chanismus, der die Vollstufe II erklären kann.
Falls auch sie zur Wz. *h₁er- + -bh- gehören,
kann nur eine sekundäre Umgestaltung, viel-
leicht nach der Wz. *rebh-, vorgenommen wor-
den sein; es läge dann eine ältere, semantisch
ähnlich motivierte Umbildung wie bei mndd.
raphon vor.

Die Annahme, dass die gesamte Wortgruppe auf Entleh-
nung aus einer unbekannten Substratsprache beruht (R.
Derksen, ABäG 54 [2000], 75–87), ist unnötig.

Walde-Pokorny 1, 146; Pokorny 334; Trautmann, Balt.-
Slav. Wb. 104 f.; Derksen, Et. dict. of Slav. 435 f.; Vasmer,
Russ. et. Wb. 2, 561; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 3, 535.

S. erpf, huon.

RS

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