ref¹ n. a-St., in Gl. 3,19,12 (10. Jh.,
alem.). 434,54 (1. Viertel des 12. Jh.s, alem.) und
St. Mihiel, Ms. 25 (11. Jh., alem.), in I, MF, T,
OT, MH, bei O, in WB: ‚(Mutter-)Schoß, Gebär-
mutter, Bauch, Schoß; cadaver, cor, maceria,
uterus, venter, vulva [= berantaz ref]‘, fona refe
irougen ‚gebären‘ 〈Var.: hr-; -u-〉. – Nhd. dial.
ndd. ref n. ‚eine lange, hagere, meist auch be-
jahrte Frau‘ (s. aber u.).
Ahd. Wb. 7, 759 f. ([h]ref¹); Splett, Ahd. Wb. 1, 731;
eKöbler, Ahd. Wb. s. v. ref¹; Schützeichel⁷ 255; Starck-
Wells 476; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 352 (zu-
sammen mit ref² unter einem Lemma <ref>); Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 208. 849; Seebold, ChWdW8 236.
368. 453. 524; ders., ChWdW9 664. 1031; Graff 4,
1153 f.; Heffner 1961: 79; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 691
(uterus). 700 (venter). 719 (volva). – Schambach, Wb. d.
ndd. Mda. 169. – Thoma 1975: 17; Meineke 1983: 181.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. ref, rif (pl. rēve, ref) m. ‚toter Körper,
menschlicher Leichnam, Gerippe, Skelett‘;
andfrk. ref n. ‚Bauch, Magen, (Mutter-)Schoß,
Gebärmutter‘, nndl. rif (n.) ‚Körper, Leiche,
Gerippe, Skelett‘; afries. ref n. ‚Zwerchfell‘; ae.
hrif n. ‚Bauch, Unterleib‘, frühne. riff ‚Zwerch-
fell‘: < urgerm. *χrefiz-/-az- (zum Ansatz als
urspr. s-St. s. u.), woraus wohl mit Paradigmen-
spaltung westgerm. *χrefa(z)- und westgerm.
*χrefi(z)- (> *χrifi[z]-) hervorgegangen sind.
Die Formen frühne. riff, afries. ref sind, wie
schon die abweichende Bed. zeigt, Rückbildun-
gen aus dem ebenfalls nur im Westgerm. be-
zeugten Komp. mndd. middelrif ‚Zwerchfell‘,
mndl. middelrijf ‚Zwerchfell‘, nndl. middelrif
(n.) (daraus entlehnt frühne. middleriff ‚dss.‘),
middenrif (n.) ‚dss.‘, afries. midrif n. ‚Zwerch-
fell‘, ae. middhrif m./n. ‚Zwerchfell‘, me. mid-
rif (middrif, midref[fe], mid[d]refe, middereffe,
midruv, [frühme.] midhrif) ‚dss.‘, ne. midriff
‚dss.‘.
Daneben stehen die Komp. as. inhrif n. ‚Einge-
weide‘ (Gl. 3,722,25: inrif . intestinum), afries.
inrif n. ‚dss.‘ und ae. ingehrif n. ‚Gebärmutter,
(Mutter-)Schoß‘.
Dass bereits afries. ref eine Rückbildung ist, zeigt sich
auch am Verlust des h-, das normalerweise im Anlaut in
der Folge hr- erhalten blieb; h- ist in der Konsonanten-
gruppe -dhr- geschwunden.
Unklar bleibt, ob die teilweise vorhandenen Bed. ‚Ge-
rippe, Skelett‘ eine Weiterentwicklung der Bed. ‚toter
Körper‘ oder vielmehr eine Übertragung der Bed. ‚Korb‘
im Sinne von ‚Geflecht‘ ist und die Wörter dieser Bed.
somit zur Wortgruppe um ref² (s. d.) gehören.
Das u. a. in eOED s. v. midriff n. gelistete Simplex as. ref
ist ein Ghostword.
Die etwa bei Holthausen, Ae. et. Wb. 174, ders. 1985: 47
und J. A. Harðarsson, FS Oettinger 2014: 48 angeführten
afries. Formen mit anlautendem h- sind als solche nicht
belegt, vgl. die Angabe in Holthausen 1985: 161: „Nur
ref, rif (n.?) ‚Zwerchfell‘“.
Fick 3 (Germ.)⁴ 103; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 244;
Tiefenbach, As. Handwb. 198; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 977; 2, 2, 1976; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 3, 89; ONW s. v. ref; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6,
1386 f. (rijf⁴); Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 428. 547 (rif²);
Suppl. 137 (rif²); Vries, Ndls. et. wb. 441. 575 (rif²); WNT
s. vv. middelrif, rif¹; Boutkan, OFris. et. dict. 194. 261
(s. v. midrede). 320; Hofmann-Popkema, Afries. Wb.
247 f. 328. 404; Richthofen, Afries. Wb. 852. 929. 993;
Holthausen, Ae. et. Wb. 174. 221; Bosworth-Toller, AS
Dict. 560. 592. 686; Suppl. 566; Suppl. 2, 42; eMED s. v.
mid-rif n.; Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2,
978; eOED s. vv. †middleriff n., midriff n., †riff n.³.
Urgerm. *χrefiz-/-az- geht auf einen protero-
dynamischen uridg. n. s-St. *k/k̂/ku̯rép-os- :
*k/k̂/ku̯p-és- ‚Körper‘ zurück (zum Anlaut
s. u.), der auch in lat. corpus, -oris n. ‚Körper,
Leib, Substanz, Masse, Fleisch, Rumpf‘ fortge-
setzt ist. Der s-St. ergibt sich aus dem neutr. Ge-
nus und der Vollstufe im Germ.
Daneben steht ein Wz.nomen uridg. *k/k̂/ku̯p-s
f. ‚Leib, Gestalt‘, das in ai. kp- f. ‚Aussehen,
Schönheit, Schein‘, aav. akk.sg. kǝhrp-ǝ̄m ‚Ge-
stalt‘, jav. kǝhrp- f. ‚Gestalt, Erscheinung, Leib‘
(zu den belegten Formen im Av. vgl. Kellens
1974: 347–349), mpers. 〈klb〉 /kirb/ ‚Form, Er-
scheinung, Leib‘ und mir. crí f. (indeklinabel)
‚Körper, Form‘ fortgesetzt ist.
Teils wird die mir. Form unzutreffend als Reflex des s-St.
aufgefasst, wie etwa bei Pokorny 620 („*kpes“) und
Kroonen, Et. dict. of Pgm. 244 („*krp-o/es-“) (vgl. de
Bernardo Stempel 1999: 31).
Aus dem Iran. wurde das Wort in arm. kerp
‚Form, Gestalt, Aussehen, Gesicht, Art und
Weise‘ entlehnt.
Die Zugehörigkeit von alb. shkrep, (mit Verlust von r)
shkep ‚gleichen‘ zu dieser Wortgruppe ist unsicher (dafür
etwa Orel, Alb. et. dict. 419, ablehnend dagegen Demiraj,
Alb. Et. 361).
Das früher teilweise zu dieser Gruppe gestellte Wort gr.
πραπίδες f.pl. ‚Zwerchfell‘ ist mit I. Balles, FS Neumann
2002: 11–18 nicht hierher gehörig (so bereits auch E.
Hamp, EC 9 [1960/1961], 139), sondern stellt sich zu ai.
párśu- f. ‚Rippe‘.
Ein zugehöriges Adj. ist mkymr. cryf ‚stark,
mächtig‘, mbret. creff ‚dss.‘, nbret. kreñv ‚dss.‘,
akorn. crif ‚dss.‘ (glossiert lat. fortis), mkorn.
creff, cref ‚dss.‘ (< urkelt. *krif-mo-).
In der Literatur setzte man früher (vgl. etwa Po-
korny 620) sowie in neuerer Zeit (vgl. u. a.
Kroonen, Et. dict. of Pgm. 244) die Wz. mit ei-
nem Velar, teils auch mit einem Palatal (de
Vaan, Et. dict. of Lat. 137), also als *k/k̂rep-
an. Dagegen haben u. a. J. Schindler, BSL 67
[1972], 37; ders., Sprache 25 [1979], 59;
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. C-233 die Wz.
zwischenzeitlich auch mit einem Labiovelar
rekonstruiert und so eine Verbindung mit der
Verbalwz. uridg. *ku̯rep-, erschlossen aus gr.
πρέπω ‚falle in die Augen, steche hervor,
zeichne mich aus‘ (meist unpersönlich πρέπει
‚es ziemt sich, es ist angemessen‘), vorge-
nommen.
Dagegen leiten LIV² 492 und andere heute gr.
πρέπω mit arm. erewim ‚werde sichtbar, er-
scheine‘ aus einer Verbalwz. uridg. *prep- ‚in
die Augen fallen, erscheinen‘ her, wozu auch
air. richt m. ‚(äußere) Form, Erscheinung, Ge-
stalt, Zustand, Verfassung‘ (< *pp-tu-) und
vielleicht ahd. furben ‚reinigen, säubern, put-
zen, glätten, polieren‘ (s. d.) gehören würden.
Von diesen Formen sind aber nur air. richt und
das fragliche ahd. furben für den Ansatz mit
*p- aussagekräftig, da arm. erewim auch auf
eine Wz. *ku̯rep- zurückgehen kann (vgl.
Clackson 1994: 165 f.). Da jedoch air. richt si-
cher Anschluss an diese Wortgruppe findet,
bleiben die zu ref gehörigen Wörter fern.
Somit ist die genaue Form des Anlauts nicht
eindeutig, es sei denn, es ergibt sich eine neue
überzeugende Anbindung.
Ohne weitere Stütze ist die Herleitung von der Wort-
gruppe *ku̯rep- aus metathetiertem uridg. *perku̯- ‚Leben,
Eiche‘ (s. ferah ‚Leben, Seele‘) (so J. Vendryes, RC 44
[1927], 313–319).
Casaretto 2004: 165 Fn. 501 bezeichnet (jedoch ohne über-
zeugende Argumente) den Ansatz der germ. Formen als
s-St. und dessen Verbindung mit lat. corpus als unsicher.
Walde-Pokorny 1, 486 f.; Pokorny 620; Mayrhofer,
KEWA 1, 260; ders., EWAia 1, 393; Bartholomae, Airan.
Wb.² 467 ff.; Horn, Grdr. d. npers. Et. 282 f.; Frisk, Gr. et.
Wb. 2, 591 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.² 902. 1347; Beekes,
Et. dict. of Gr. 2, 1230 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb.
1, 277 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 144; de Vaan, Et.
dict. of Lat. 137 f.; Hübschmann, Arm. Gr. 168. 444; Fick
2 (Kelt.)⁴ 96. 97; Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 224;
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. C-233; R-29; eDIL s. vv.
crí, richt; Dict. of Welsh 1, 621; Deshayes, Dict. ét. du
bret. 431. – Mallory 1997: 76; de Bernardo Stempel
1999: 31. 33; Irslinger 2002: 123; J. A. Harðarson, FS
Oettinger 2014: 48.
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