reisan n. a-St., in Gl. 2,248,58 (2.
Viertel des 9. Jh.s, alem./obd.). 746,23 (9. Jh.,
alem.[-frk.]) und im MH: ‚Knoten, Schlinge,
Fessel; nodus‘. – Semantisch denkbar ist ein
Anschluss von nhd. dial. schweiz. reisen pl.f.
‚die beiden (ledernen oder aus Weiden gefloch-
tenen) Trageriemen an einem auf dem Rücken
getragenen Gefäß‘, els. reis(e) f. ‚Tragriemen‘
an ahd. reisan, für die jedoch im Schweiz. Id. 6,
1328 Anschluss an schweiz. reis ‚(in der Webe-
rei) Strecke des Gewebes vom Geschirr bis zum
hinteren Baum‘ angenommen wird.
Ahd. Wb. 7, 872; Splett, Ahd. Wb. 1, 1230; eKöbler, Ahd.
Wb. s. v. reisan; Schützeichel⁷ 258; Starck-Wells 479;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 376; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 44. 725; Seebold, ChWdW9 673; Graff
2, 543; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 431 (nodus). – Schweiz.
Id. 6, 1328; Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. 2, 286.
In den anderen germ. Sprachen entspricht:
ae. wrāsen f. ‚Band, Kette‘: < westgerm.
*u̯rai̯sna-/-ō-.
Das bei Holthausen, Ae. et. Wb. 407 genannte Wort
„schwed. vresa ‚Knorren‘“ findet sich nicht im Svenska
akad. ordb.
Holthausen, Ae. et. Wb. 407; Bosworth-Toller, AS
Dict. 1271. – Noreen 1894: 175; Bowen 1895: 6; West
1936: 114.
Westgerm. *u̯rai̯sna-/-ō- geht mit Verlust eines
Dentals am Anfang einer Gruppe aus drei Kon-
sonanten auf vorurgerm. *u̯rói̯t-s-no-/-ah₂- zu-
rück, eine Ableitung von der Verbalwz. uridg.
*u̯rei̯t- ‚drehen, winden‘ (s. zur weiteren Etym.
rîdan ‚gewunden, gedreht, halsstarrig‘). Zum
Verlust eines Dentals vgl. die Ableitung vor-
urgerm. *bhudhsni- > urgerm. *ƀsni- in got.
anabusns f. ‚Gebot‘ (vgl. Casaretto 2004: 338).
Vorurgerm. *u̯rói̯t-s-no-/-ah₂- selbst ist eine
Substantivierung aus *u̯rei̯/it-s-nó- (zur Einfüh-
rung der o-Stufe bei Substantivierungen vgl. S.
Neri, FS Nussbaum 2013: 197 f.).
Dagegen wurde teilweise (vgl. etwa Pokorny
1158) auch eine Anbindung an die Verbalwz.
uridg. *u̯rei̯k̂- ‚drehen, einhüllen‘ vorgeschla-
gen. Eine solche kann aus lautlicher Sicht nicht
ausgeschlossen werden (auch ein uridg. Velar
schwindet am Anfang einer Gruppe aus drei
Konsonanten [s. dazu mist ‚Mist‘]).
Da sich neben ae. wrāsen auch ae. wrǣd, wrǣđ
f. ‚Band, Binde, Bündel‘ findet (< westgerm.
*u̯rai̯d/þi-; vgl. Holthausen, Ae. et. Wb. 406), ist
für westgerm. *u̯rai̯sna-/-ō- der Anschluss an
uridg. u̯rei̯t- aber insgesamt wahrscheinlicher.
Walde-Pokorny 1, 278; Pokorny 1158. – K. F. Johansson,
IF 19 (1906), 117.
S. rîdan.
RS