reiz
Band VII, Spalte 362
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reiz m. a-St., seit dem Ende des 8. Jh.s
in Gl. und bei NCat, NMC: ‚Strich, Linie,
Schriftzeichen, Ritz, Schramme, Furche, Ein-
schnitt; catena, linea, nota, sulcus, ulcus‘ 〈Var.:
(in der Flexion) -zz-〉. Zu 〈reis〉, das das Ahd.
Wb. 7, 884 zu diesem Lemma stellt, s. reis. –
Mhd. reiz st.m. ‚Linie, Riss, Bruch, Lücke‘,
nhd. dial. schweiz. reiss m. ‚eingeritzte Linie,
Ring, ring- oder bogenförmige Linie, langer
schmaler Streifen‘.

Ahd. Wb. 7, 884 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 761; eKöbler, Ahd.
Wb. s. v. reiz; Schützeichel⁷ 258; Starck-Wells 480; Schütz-
eichel, Glossenwortschatz 7, 381; Seebold, ChWdW8 242;
Graff 2, 559; Lexer 2, 400; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 376
(linea). 433 (nota). – Schweiz. Id. 6, 1327 f.

Das ahd. Wort hat lediglich in den nordgerm.
Sprachen eine unmittelbare Entsprechung: aisl.
reitr m. ‚Furche, bestelltes Ackerland‘, nisl.
reitur m. ‚abgegrenzter Bereich, Gartenbeet‘,
nnorw. reit ‚kleiner Acker‘, dial. vreit ‚Furche,
Reihe‘, norn red ‚Furche auf dem Strand, für
das ans Land Ziehen der Schiffe‘, aschwed.
vreter m., nschwed. vret ‚kleines eingezäuntes
Land‘: < urgerm. *rata-.
Dazu gehört wohl auch die Form run. akk.sg.
wraita (Runeninschrift von Reistad, 160–
520/30), wobei umstritten ist, ob das Wort hier
‚Schreiben‘ oder ‚Feld, Acker‘ bedeutet (vgl.
u. a. A. Bammesberger, HS 109 [1996], 117–126;
Th. Eythórsson, in Bammesberger 1999: 189–
202). Die alternative Deutung als 1.sg.ind.prät.
des Verbs nordgerm. *rīte/a- (s. rîzan) i. S. v.
‚ich schrieb, ritzte‘ (so Antonsen 1975: 52 f.) ist
demgegenüber wenig wahrscheinlich, da in die-
sem Fall der auslautende Vokal in später Zeit
erhalten sein müsste; dafür gibt es keine weite-
ren Hinweise.

Die Folge run. wraitalaþo auf dem Brakteaten von Troll-
hättan II (ca. 500 n. Chr.) unterteilt K. Düwel, in Grimm-
Pesch 2015: 276 in nom.sg. wraita ‚Schreiben‘ und
nom.sg. laþo ‚Einladung‘ (s. ladôn) und sieht darin einen
weiteren Beleg für dieses Wort. Jedoch bleibt die En-
dung -o von laþo dabei unerklärt (zu erwarten wäre -u).
Dagegen schlägt R. Schuhmann, ABäG 76 (2016), 447–
454 eine Segmentierung in wrait a laþo ‚ich schrieb
laþu (= Einladung, Zitation)“ hinein‘ vor (mit Bespre-
chung weiterer Deutungen).

Üblicherweise wird das Wort wegen der Dekli-
nation im Aisl. (zur Deklination vgl. Noreen
[1923] 1970: § 395) als urgerm. u-St. angesetzt;
jedoch gibt es dafür im Aisl. nur einen Beleg
(akk.pl. 〈reito〉). Da die früheren Runenin-
schriften nur den a-St. kennen, ist die einmalige
Form 〈reito〉 wohl eine sekundäre Bildung (vgl.
die Diskussion bei Eythórsson, a. a. O. 196 f.).
Urgerm. *rata-, dessen älteste Bed. wohl
‚Furche, Einschnitt‘ ist, ist eine Ableitung von
urgerm. *rete/a- ‚reißen‘ (s. rîzan).

Fick 3 (Germ.)⁴ 418; Seebold, Germ. st. Verben 567;
Vries, Anord. et. Wb.² 439; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 155;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 3, 69 f.; ONP s. v.
reitr; Jónsson, Lex. poet. 463; Magnússon, Ísl. Orðsb.
751; Torp, Nynorsk et. ordb. 524; NOB s. v. reit¹;
NOBFM s. vv. reit³, vreit; Jakobsen, Et. dict. of the Norn
lang. 2, 686 f. (red¹); Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2,
1367 f.; Svenska akad. ordb. s. v. vret. – Krause 1966: 1,
170–172; Imer 2015: 211.

S. rîzan.

RS

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