renula
Band VII, Spalte 393
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renula f. ō-St., nur Gl. 2,10,20 (10. Jh.,
alem.): ‚Muskel; torus‘.

Das Wort wird regelmäßig (vgl. etwa Splett, Ahd. Wb. 1,
742; Seebold, ChWdW9 674; Riecke 2004: 2, 214) als
Ableitung von ahd. ren ‚Strieme, Wundmal‘ (s. d.) auf-
gefasst. Da dieses jedoch zu ahd. rennen ‚rinnen machen‘
(s. d.) gehört, renula dagegen zu as. wreno (s. u.), ist eine
Zusammenstellung von ren (mit ursprünglichem Anlaut
*r-) und renula (mit ursprünglichem Anlaut *r-) nicht
möglich. Auch die Bed. ‚Strieme‘ und ‚Muskel‘ lassen
sich nur schlecht miteinander vereinen.

Ahd. Wb. 7, 912; Splett, Ahd. Wb. 1, 742; eKöbler, Ahd.
Wb. s. v. renula; Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 75;
Seebold, ChWdW9 674 (dort in das 3. Viertel des 9. Jh.s
datiert).

Ahd. renula steht im Germ. allein.
Eine Bildung ohne Suffix urgerm. *-ulō- findet
sich in as. (?) wreno m. ‚Muskel‘ (nur Gl.
2,583,70 [10. Jh.]: [akk.pl.] uurénon . toros;
Starck-Wells 481; Schützeichel, Glossenwort-
schatz 7, 389; Bergmann-Stricker, Katalog Nr.
105). Da die Hs. jedoch as. und mfrk. Elemente
vereint, könnte der Beleg auch dem Mfrk. zu-
zuordnen sein, da hier anlautendes w- vor r
ebenfalls erhalten geblieben ist (vgl. Braune-
Heidermanns 2018: § 106 Anm. 1). Die Zuord-
nung zum As. rührt in diesem Fall daher, dass
diese Glosse von einer gröberen Hand geschrie-
ben wurde (vgl. zu diesem Kriterium Bergmann-
Stricker, Katalog 1, 324; einschränkend dagegen
Klein 1977: 112: „Anders als die übrigen,
gröber geschriebenen Glossen, die mit wenigen
Ausnahmen altsächsisch sind …“); sprachlich
lässt sich diese Zuordnung nicht sichern.

Unverständlich ist, dass das Wort in Schützeichel⁷ 259
ebenfalls erscheint, obwohl es in Schützeichel, Glossen-
wortschatz 7, 389 eindeutig als as. gekennzeichnet ist.

As. (?) wreno kann lautgesetzlich sowohl auf
urgerm. *renan- oder (mit a-Umlaut) urgerm.
*rinan- zurückgehen. Falls urgerm. *rinan-
vorläge, wäre ahd. renula erst nach dem Eintre-
ten des a-Umlauts gebildet.

Die bei eKöbler, As. Wb. s. v. wreno angenommene Ver-
bindung mit urgerm. *renǥe/a- ‚wringen‘ (Seebold,
Germ. st. Verben 570) ist nicht möglich, da dabei der
Verlust von urgerm. *-ǥ- unerklärt bliebe.
Hucko 1904: 43 stellt wreno semantisch wenig überzeu-
gend zur Gruppe um ahd. reino ‚Zuchthengst‘ (s. d.).

Tiefenbach, As. Handwb. 478; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
249. – Schlüter 1892: 50; Hucko 1904: 31.

Die germ. Wörter, die ohne Parallelen in den
anderen idg. Sprachen sind, haben keine Etym.
Wenn man von urgerm. *renan- ausgeht, er-
scheint eine Anbindung an die Wz. uridg. *er-
‚drehen, biegen‘ und folgende Derivations-
kette möglich: *er- ‚drehen, biegen‘ → r-en
‚beim Biegen‘ → *ren-ó- ‚beim Biegen sei-
end‘, das schließlich substantiviert zu *renon-
‚der beim Biegen Seiende‘ und lexikalisiert zu
‚Muskel‘ wurde.
Semantisch wäre die Bildung dann mit der dt.
Bezeichnung Beugemuskel ‚Muskel, der dazu
dient, ein Glied zu beugen‘ zu vergleichen.

Walde-Pokorny 1, 270; Pokorny 1152.

RS

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