reski
Band VII, Spalte 407
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reski adj. ja-St., nur in Gl. 2,190,29/30
(4 Hss., 10. Jh., 1000 und im 11. Jh., 2. Hälfte
des 10. und 3. Viertel des 11. Jh.s, alle bair.).
548,24 (11. Jh., bair.-alem. oder frk.): ‚hitzig,
rasch, heftig; fervens, severus‘ 〈Var.: -sc-〉. –
Mhd. resch, resche adj. ‚schnell, behände, mun-
ter, rührig, lebhaft‘, frühnhd. resch adj. ‚flink‘,
nhd. (veraltet) resch adj. ‚hurtig, schnell, kräf-
tig beweglich, frisch, scharf‘.
Zu reski gehören mit Schatz 1927: § 49 wohl
auch die bei N, Npg belegten Formen mit 〈o〉
in der Stammsilbe (akk.sg.m. sw. rosken und
akk.pl.m. rosche; vgl. Sehrt-Legner 1955: 419).
Diese sind mit weiteren o-Schreibungen für
ahd. -e-, das durch i-Umlaut aus westgerm.
*-a- entstanden ist, bei N zu vergleichen, wie
etwa im Adj. ahd. fremidi ‚fremd, ausländisch‘
(s. d.; vgl. dazu die Angaben bei Sehrt-Legner
1955: 193). Es sind dann gerundete Nebenfor-
men von reski; eine solche Nebenform reprä-
sentieren auch nhd. dial. schweiz. rsch adj.
‚rasch, hurtig, behänd, rüstig, frisch, munter,
lebhaft, resolut, energisch, frisch [von Wasser/
Luft], jäh, steil abhängig, spröde, dürr [so dass
es raucht, knistert], ausgetrocknet, harsch‘
(Schweiz. Id. 6, 1465 ff.).

Üblicherweise werden die beiden Belege bei N und Npg
auf einen a-St. zurückgeführt (vgl. etwa Heidermanns,
Et. Wb. d. germ. Primäradj. 693); sie lassen sich aber
ebenfalls als ja-St. bestimmen.
Die Bed. ‚spröde, etc.‘ stammt von einem ursprünglich
eigenständigen Adj., das etymologisch zum Verb nhd.
rösten gehört.

Weniger wahrscheinlich ist die Rückführung
von rosk bei N, Npg (dann als rôsk) auf urgerm.
*raskia-, da die dann zugrunde liegende
Schallwz. urgerm. *res- ‚sausen, brausen, tö-
nen, lärmen‘ semantisch ferner liegt. In mhd.
rosch, rösch, rösche adj. ‚schnell, behände,
munter, frisch, wacker, tapfer, jäh, abschüssig,
schnell, reißend, hart, spröde, knisternd‘ (Lexer
2, 489 f.), frühnhd. rösch adj. ‚munter, lebhaft,
hitzig, unnachgiebig‘ (Götze [1920] 1971: 179)
sind beide Gruppen lautlich vermutlich noch
nicht zusammengefallen, wie aus den beiden
Lautungen nhd. dial. schweiz. rsch (< -e-
durch Rundung) neben rȫsch (< i-Umlaut
von -ō-) ‚rasch, hurtig, etc.‘ hervorgeht. Die
beiden Formen sind etym. verschieden, haben
aber sekundär die Bed. des jeweiligen anderen
Wortes übernommen. Da eine solche Bed.über-
nahme wegen der alleinigen Bed. ,rasch‘ von
ahd. rosc nicht erweisbar ist, ist das Wort wahr-
scheinlich identisch mit ahd. reski; ein eigen-
ständiger Lemmaeintrag für dieses Wort – wie
in den Wörterbüchern vorgenommen (vgl. u. a.
eKöbler, Ahd. Wb. s. v. rosk; Schützeichel⁷
264) – kann daher wohl entfallen.

Daher ist die Annahme einer zu reski gehörigen „tiefstu-
fige<n> Bildung“ ahd. rosc (so F. Heidermanns, ZVSp 99
[1986], 303 f.) abzulehnen. Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 693 nimmt eine Vorform urgerm. *raska-
(s. u.) an und geht mit Verweis auf Braune-Eggers 1975:
§ 25 Anm. 1a von einer Entwicklung von -a- > -o- vor
Labiovelar aus; davon abgesehen, dass bei Braune-Eggers,
a. a. O. diese Bedingung nicht erwähnt wird, ist auch die
von Heidermanns, a. a. O. angeführte Parallele irlosken
‚auslöschen‘ anders zu beurteilen, da das Verb keinen
Labiovelar enthalten hat (s. u. irleskan).

Daneben hat im Ahd. ein Adj. *rasc existiert,
von dem reski mit dem Adj. erweiternden Suff.
urgerm. *-[i]a- abgeleitet ist (zu dieser Funk-
tion vgl. Krahe-Meid 1969: 3, § 74, 4). *rasc ist
in dem spätahd./frühmhd. PN Rascherius (a.
1097; vgl. Förstemann [1900–16] 1966–68: 1,
1249) und indirekt vielleicht durch das seit dem
letzten Viertel des 8. Jh.s belegte Adv. rasco
‚nachdrücklich‘ (s. d.) bezeugt. Das Adv. ist
aber kein sicherer Zeuge, da der Stammvokalis-
mus zu umlautfähigen ja-Adj. im Adv. im Ahd.
ohne Umlaut erscheint (vgl. dazu Braune-
Heidermanns 2018: § 267, 2). Appellativisch
ist das Adj. (trotz gegenteiliger Angabe etwa in
Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 693;
Braune-Heidermanns 2018: § 25 Anm. 1a;
Kluge²¹ 583 [s. v. rasch]; Kluge²⁵ s. v. rasch)
bisher nicht vorhanden. – Mhd. rasch adj.
‚schnell, hurtig, gewandt, kräftig‘, nhd. rasch
adj. ‚schnell‘ als Fortsetzer von *rasc.

Ahd. Wb. 7, 920 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 743; eKöbler, Ahd.
Wb. s. v. reski; Schützeichel⁷ 259; Starck-Wells 481; Schütz-
eichel, Glossenwortschatz 7, 391; Bergmann-Stricker,
Katalog Nr. 402. 637. 665. 949. 950; Graff 2, 548; Lexer
2, 343. 409; 3, Nachtr. 344. 348; Götze [1920] 1971: 176;
Dt. Wb. 14, 125 ff. 818; Kluge²¹ 583 (s. v. rasch); Kluge²⁵
s. v. rasch; ePfeifer, Et. Wb. s. v. rasch.

In den anderen germ. Sprachen finden sich nur
Entsprechungen zu *rasc: mndd. rasch adj. ‚be-
weglich, behände, in schneller Bewegung, in
kurzer Zeit, mit Durchfall behaftet‘; frühmndl.
rasc (neben rasch) adj. ‚schnell, rasch, ge-
schwind, stark, lebendig, flink‘, mndl. rasch
(neben ras, rassche) adj. ‚schnell, lebendig,
aufgeweckt, munter, stark, kräftig‘, nndl. ras
adj. ‚rasch, schnell‘; ae. *ræsc (vgl. die denom.
Ableitung ræscan sw.v. ‚schnell bewegen,
zittern, funkeln‘ und līgræsc m. ‚Blitz, helles
Licht‘), me. rash(e) adj. ‚hemmungslos, rasch,
geschwätzig‘, ne. rash adj. ‚unüberlegt, über-
stürzt, voreilig, hastig, unbedacht, kopflos, toll-
kühn, kühn, unbesonnen, vorschnell, unvor-
sichtig, schnell, abenteuerlich, leichtsinnig‘:
< westgerm. *raska-.
Aus dem Mndd. sind die nordgerm. Formen
aisl. raskr adj. ‚rasch, hurtig‘, fär. raskur adj.
‚tapfer, mutig, geschickt, gesund‘, nnorw. rask
adj. ‚schnell, eilig‘, adän., ndän. rask adj.
‚rasch, schnell, flink, forsch, keck, gesund‘,
aschwed. rasker adj., nschwed. rask adj. ‚rasch,
flink, zügig, frisch, munter, rüstig, wohlauf‘
entlehnt.

Im eOED s. v. rash adj. and adv. wird außerdem das Adj.
afries. rosk ‚schnell, unvermutet‘ hinzugestellt. Das Wort
geht aber auf urgerm. *ruska- ‚schnell, plötzlich‘ zurück
(vgl. dazu Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj.
457; Faltings, Et. Wb. d. fries. Adj. 440 f.).

Ererbt ist im Nordgerm. dagegen ein wa-Adj.:
aisl. rǫskr adj. ‚tüchtig, tapfer, kühn, gut‘, nisl.
röskur adj. ‚flink, zügig‘ (vgl. noch die Sub-
stantivierung norn rusk ‚eine aktive, energische
Person‘) < nordgerm. *raska-.
Die genaue Rekonstruktion der urgerm. Form
des Adj. (*raþska-, *raska-, [unter Aus-
schluss der nordgerm. Formen] *χraþska-)
hängt von der jeweils angenommenen weiteren
etym. Anbindung ab (s. u.).
Nicht nur die Etym., sondern auch das Verhält-
nis zwischen *raska- und *raska- ist unklar.
Die Annahme eines vorausgehenden u-St. für
beide Formen (so etwa Et. wb. Ndl. Ke-R 627)
scheitert daran, dass es kein Suff. urgerm.
(ebenso wenig vorurgerm.) *-sku- gegeben hat.
Möglich wäre eine Ableitungskette *raska-
‚rasch‘ → *rasku- ‚Raschheit‘ → *raska- ‚mit
Raschheit versehen, rasch‘; jedoch ist die da-
zwischenliegende Stufe *rasku- nicht belegt.
Daher scheint (mit S. Neri, mündlich) die An-
nahme einer sekundären Umgestaltung von
*raska- im Nordgerm. nach dem semantisch
nahestehenden Adj. urgerm. *fraa- ‚hurtig‘ (s.
frô²) eine naheliegende Möglichkeit. Anders
etwa F. Heidermanns, ZVSp 99 (1986), 303 f.,
der sämtliche Formen auf urgerm. *raska-
zurückführt.

Fick 3 (Germ.)⁴ 341; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 595;
Seebold, Germ. st. Verben 571; Heidermanns, Et. Wb.
d. germ. Primäradj. 693 f.; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 2, 1863; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3,
422; VMNW s. v. rasc¹; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6,
1044 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 535 f.; Suppl. 135;
Vries, Ndls. et. wb. 563; Et. wb. Ndl. Ke-R 627; WNT s. v.
rasch; Holthausen, Ae. et. Wb. 254; Bosworth-Toller, AS
Dict. 640. 785; eMED s. v. rash(e) adj.; Klein, Compr. et.
dict. of the Engl. lang. 2, 1302 f.; eOED s. v. rash adj. and
adv.; Vries, Anord. et. Wb.² 458; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
156; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 3, 39. 152 f.;
ONP s. vv. roskinn, rǫskligr, rǫskr; Jónsson, Lex. poet.
470. 476; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 235;
Magnússon, Ísl. Orðsb. 789; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 2, 881 f. 1531; Nielsen, Dansk et. ordb. 340; Ordb.
o. d. danske sprog 17, 450 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb.
515; NOB s. v. rask; Jakobsen, Et. dict. of the Norn lang.
2, 728 f.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 819; Svenska
akad. ordb. s. v. rask adj.

Die weitere Etym. des Adj. ist umstritten. Es
stehen sich mehrere Vorschläge gegenüber:
1. Am wahrscheinlichsten (wie zuletzt auch
S. Neri, in Neri-Ziegler 2012: 40) ist die Ver-
bindung von westgerm. *raska-, nordgerm.
*raska- mit der Verbalwz. uridg. *ret- ‚lau-
fen‘ (zur Verbalwz. vgl. LIV² 507 und s. rad¹
‚Rad‘); für das Urgerm. ergäbe sich in diesem
Fall eine Form *raþska- (< vorurgerm. *rot-
sko-) mit Vereinfachung zu *raska-. Vorurgerm.
*rot-sko- wäre dabei mit dem intensivierenden/
iterativen Adj.suff. uridg. *-sko- gebildet (vgl.
dazu ahd. frosc m. ‚Frosch‘ [s. d.] < urgerm.
*fru[ǥ]ska- < vorurgerm. *pru[-gh]-sko- zur
Verbalwz. uridg. *pre[-gh]- ‚springen‘; zum
Suff. vgl. Krahe-Meid 1969: 3, § 147 mit wei-
teren Beispielen).
2. Weit verbreitet (zuletzt wieder Kroonen, Et.
dict. of Pgm. 595) ist die Anbindung des Adj.
an das Verb urgerm. *reske/a- ‚wachsen‘, das
verbal lediglich in aisl. roskinn part.perf.pass.
‚gewachsen‘ und in got. gawrisqand part.präs.
‚Frucht bringend‘ belegt ist (vgl. die Angaben
in Seebold, Germ. st. Verben 571). Diese Etym.
scheitert aber an der mndd. Form rasch, in der
das anlautende urgerm. * vor r hätte erhalten
bleiben müssen (vgl. dazu Lübben 1882: 54).
Es sei denn, man nimmt für das mndd. Wort
eine Entlehnung aus dem Dt. an (was aber bis-
her nicht vorgeschlagen wurde). Auch werden
beide Wortgruppen in den Einzelsprachen se-
mantisch auseinandergehalten, außer in solchen
Fällen, in denen zwei Formen aus der jeweili-
gen Gruppe lautlich zusammenfielen wie in
aisl. rǫskligr adj. ‚kräftig gebaut‘ und ‚sich tap-
fer zeigend‘.
3. Lässt man die nordgerm. Formen beiseite, da
in dem Falle aisl. **hrǫskr zu erwarten wäre,
ist eine Herleitung aus urgerm. *χraþska- (eine
Ableitung vom Adj. urgerm. *χraþa- ‚schnell,
flink‘) möglich (s. rad²; vgl. Heidermanns, Et.
Wb. d. germ. Primäradj. 304 f.); dagegen spricht
aber die Bed. der Adj.

Walde-Pokorny 1, 150 Anm. 3. 289 f.; Pokorny 1167.

RS

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