retten
Band VII, Spalte 419
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retten sw.v. I, bei O, in L: ‚(er-)retten,
befreien, hindern an‘. – Mhd. retten (prät. ratte,
part. gerettet, gerat) sw.v. ‚einem Übel entrei-
ßen, retten, befreien‘, nhd. retten sw.v. ‚aus
einer Gefahr, einer bedrohlichen Situation be-
freien und dadurch vor Tod, Untergang, Verlust,
Schaden o. Ä. bewahren, in Sicherheit bringen,
aus einem Gefahrenbereich wegschaffen, (bei
Mannschaftsspielen) ein gegnerisches Tor o. Ä.
im letzten Moment verhindern‘.

Ahd. Wb. 7, 929; Splett, Ahd. Wb. 1, 744; eKöbler, Ahd.
Wb. s. v. retten; Schützeichel⁷ 259; Seebold, ChWdW9
675; Graff 2, 471; Heffner 1961: 122; Lexer 2, 411 f.; Dt.
Wb. 14, 825 ff.; Kluge²¹ 597; Kluge²⁵ s. v. retten; ePfeifer,
Et. Wb. s. v. retten. – Riecke 1996: 649.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. -hreddian (nur in ahreddian* sw.v. ‚erret-
ten‘), mndd. redden, rödden, rēden sw.v. ‚aus
einer Notlage befreien, retten, erretten, in Si-
cherheit bringen, bergen, bewahren, vor Scha-
den schützen‘; mndl. redden sw.v. ‚retten, aus
einer Gefahr befreien, (einen Pfand) auslösen‘,
nndl. redden sw.v. ‚retten, aus einer Gefahr
befreien‘; afries. hredda, redda sw.v. ‚retten,
wegnehmen, an sich reißen‘, nwestfries. rêde
sw.v. ‚retten, versorgen, in Ordnung bringen,
helfen, sorgen für‘, saterfries. rädje sw.v. ‚ret-
ten, helfen, (+ sik) sich behelfen mit, eine Not-
lösung finden‘, nnordfries. reedie sw.v. ‚retten‘;
ae. hreddan sw.v. ‚retten, befreien, fortnehmen‘,
me. redden (neben red[d]e) sw.v. ‚retten, be-
freien‘, ne. redd sw.v. ‚retten, befreien, (Flam-
men) löschen‘ < westgerm. *χradde/a- < ur-
germ. *χrađe/a-.
Aus dem Mndd. gelangte das Wort auch in das
Nordgerm. als nisl. redda ‚aushelfen‘, fär.
redda ‚retten‘, ält. ndän., ndän. redde ‚dss.‘,
nnorw. redde ‚retten, bergen‘, aschwed.,
nschwed. rädda ‚retten‘.

Fick 3 (Germ.)⁴ 102; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 243;
Tiefenbach, As. Handwb. 180; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 2, 1950 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3,
438; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6, 1140; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 538; Suppl. 135; Vries, Ndls. et. wb. 566;
Et. wb. Ndl. Ke-R 637; WNT s. v. redden; Hofmann-
Popkema, Afries. Wb. 233; Richthofen, Afries. Wb. 827.
986; Fryske wb. 17, 312 ff.; Dijkstra, Friesch Wb. 3, 11;
Fort, Saterfries. Wb.² 484; Sjölin, Et. Handwb. d. Festl-
nordfries. XXXIV. 163; Holthausen, Ae. et. Wb. 172;
Bosworth-Toller, AS Dict. 557; eMED s. v. redden v.;
eOED s. v. redd v.¹; Magnússon, Ísl. Orðsb. 746; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2, 885; Nielsen, Dansk et. ordb.
341; Ordb. o. d. danske sprog 17, 518 ff.; NOB s. v.
redde; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 866; Svenska akad.
ordb. s. v. rädda v.². – Bammesberger 1965: 108.

Urgerm. *χrađe/a- stammt vermutlich (mit se-
kundärer Wiedereinführung des Suff. vorur-
germ. *-ee/o- für lautgesetzlich entstandenes
*-ae/o-) aus uridg. *roth₂-ée/o-, das auch in
ved. śratháya- ‚lösen, lockern‘ fortgesetzt ist.
Uridg. *roth₂-ée/o- ist eine Kausativbildung
zur Verbalwz. uridg. *reth₂- ‚sich lockern‘.
Zur Wz. sind im Ai. zwei Bildungen belegt:
ved. (aor.konj.) śiśráthas ‚sollst lockern‘ (< ur-
idg. *i-reth₂/th₂-) und ved. śrathnti ‚lockert,
löst‘ (< uridg. *t-/n-h₂-).
Zur Wz. gehört auch noch das Adj. ved. śithirá-
‚locker‘ < uridg. *th₂--, das nach M. Peeters,
in Isebaert 1993: 95–101 ebenfalls in gr. καθαρός
adj. ‚rein, frei von, unbefleckt, ungemischt,
weiß‘ (← ‚mit Lösung versehen‘) vorliegt.

Daneben findet sich in der Lit. (so zuletzt Kroonen, Et.
dict. of Pgm. 243) die Ansicht, dass urgerm. *χrađe/a-
eine denominale Ableitung von dem Adj. urgerm.
*χraþ/đa- ‚schnell, flink‘ ist (vgl. zum Adj. Heidermanns,
Et. Wb. d. germ. Primäradj. 304 f. und s. rad); dieses Adj.
ist an die Verbalwz. uridg. *kret- ‚schütteln, rütteln‘
(s. redan) anzuschließen (vgl. Schaffner 2001: 301–303).
Die Bed. ‚retten, befreien‘ des sw.v. ist aber aus ‚schnell,
flink‘ kaum erklärbar; jedenfalls ist die semantische Ana-
lyse bei Kroonen, a. a. O., der von einer Ausgangsbed.
‚schnell sein‘ ausgeht, die sich zu ‚schnell kommen, ret-
ten‘ weiterentwickelte, nicht überzeugend.

Walde-Pokorny 1, 484; Pokorny 620; LIV² 338; Mayrhofer,
KEWA 3, 336. 385 f.; ders., EWAia 2, 635 f. 662 f.; Frisk, Gr.
et. Wb. 1, 752 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.² 460 f.; Beekes, Et.
dict. of Gr. 1, 614 f. – F. Kluge, PBB 10 (1885), 443.

RS


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