rîban st.v. I (prät. reib, –, part.prät. gi-
riban), ab dem späten 8. Jh. in Gl.: ‚(ein-)rei-
ben, zerreiben, auslöschen, zerstören; ad frigus
redire, atterere, confricare, conterere, delēre,
fricare, iterare, niti ?, oblivisci, pinsare ?, pin-
sere ?, refricare, terere‘ 〈Var.: -i-, -í-; -p-, -ph-,
-u-; -en, -æn〉. Wegen rîba ‚Hure‘ (s. d.) ist für
rîban daneben eine Bed. ‚brünstig sein, sich be-
gatten‘ anzunehmen. – Mhd. rîben st.v. ‚reiben,
sich drehen, wenden, brünstig sein, sich begat-
ten‘, nhd. reiben st.v. ‚einen Gegenstand an ei-
nem anderen hin und her bewegen, mit den
Händen unter leichtem Druck über einen Kör-
perteil streichen, (Lebensmittel) klein raspeln‘.
Ahd. Wb. 7, 934 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 745; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. rīban; Schützeichel⁷ 259; Starck-Wells
482. 828; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 394 f.;
ChWdW8 239. 429. 505; ders., ChWdW9 675. 1101;
Graff 2, 355; Lexer 2, 414; 3, Nachtr. 348; Diefenbach,
Gl. lat.-germ. 142 (confricare). 146 (conterere). 247
(fricare). 489 (refricare). 579 (terere); Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 132 (confricare). 278 (fricare). 561 (refricare);
Dt. Wb. 14, 563; Kluge²¹ 591; Kluge²⁵ s. v. reiben; ePfeifer,
Et. Wb. s. v. reiben.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
wrīwan st.v. I (prät. –, –, part.prät. –) ‚reiben‘,
mndd. (w)rīven st.v. ‚reiben, einreiben, zerrei-
ben‘, (früh-)mndl. wrīven st.v. ‚reiben, einrei-
ben, wringen‘, nndl. wrijven ‚reiben, einreiben‘;
nwestfries. wriuwe st.v. (wreau, wreauwen,
wreaun) ‚reiben‘, saterfries. wrieuwe st.v.
‚reiben, raspeln‘, nnordfries. rüuwe st.v. ‚rei-
ben‘: < ur(west)germ. *u̯rīƀe/a- (< frühurgerm.
*u̯rei̯ƀe/a-?; s. u.).
Fick 3 (Germ.)⁴ 344; Seebold, Germ. st. Verben 565;
Tiefenbach, As. Handwb. 479; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 2, 2171 f. (rîven¹); Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 3, 492; VMNW s. v. wrīven²; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 9, 2875 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 806 f.; Vries,
Ndls. et. wb. 851; Et. wb. Ndl. S-Z 642; WNT s. v. wrijven;
eFryske wb. s. v. wriuwe; Dijkstra, Friesch Wb. 3, 479;
Fort, Saterfries. Wb.² 760; Sjölin, Et. Handwb. d. Festl-
nordfries. XXXIV. 171 (rüuwe²).
Urgerm. *u̯rīƀe/a- kann auf frühurgerm.
*u̯rei̯ƀe/a- zurückgehen und dann auf eine Wz.
vorurgerm./uridg. *u̯rei̯(H)bh-, da vollstufig-
thematische Verben die Wz. betonten. Anderer-
seits wird in Et. wb. Ndl. S-Z 642 ein schwund-
stufig-thematisches Präs. angesetzt (tudáti-
Typ) und folglich eine Vorform vorurgerm.
*u̯riHp-é/ó- zu einer Wz. uridg./vorurgerm.
*u̯rei̯Hp-. Nur der letztgenannte Ansatz erlaubt
eine Verbindung mit außergerm. Sprachmate-
rial und ist deshalb zunächst vorzuziehen. An-
geschlossen werden kann die Sippe von gr. ῥίψ
(-ῑ-), ῥῑπός f./(m.), ion. ῥῖπος f. ‚Weidenzweig,
Flechtwerk, Matte‘, gr. ῥίπτω (-ῑ-, jünger
auch -ι-) ‚drehe, werfe‘ < urgr. *u̯rīp-i̯é/ó-.
Allerdings hält Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1288
die o.a. Wz.struktur uridg. *u̯r-ih-p- für „highly
improbable“, weshalb er einen vorgr.-nichtidg.
Ursprung des Worts erwägt und es auch auf-
grund des semantischen Unterschieds von ahd.
rîban etc. trennt.
Bezeichnete das Verb eine drehende oder krei-
sende Bewegung, kommt aber auch seman-
tisch die Herleitung der bezeugten Bed. kaum
in Frage. Und auch die Wz.struktur von uridg.
*u̯rei̯Hp- mag ungewöhnlich sein, widerspricht
aber nicht den Strukturregeln für uridg. Wz.
(vgl. weitere Wz. der Struktur *[s]KVRHK-
wie etwa uridg. *spherh₂g- ‚zischen, prasseln‘
oder *srei̯H(ĝ)- ‚frieren, schaudern‘ [LIV² 586.
587 f.]).
Walde-Pokorny 1, 280; Pokorny 1159; Frisk, Gr. et. Wb.
2, 658 f. 659 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.² 941. 1350;
Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1287 f. 1289.
HB