rind
Band VII, Spalte 493
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rind n. a-St. (urspr. *-iz-/-az-St.), Gl.
3,6,59 (2. Hälfte des 8. Jh.s, alem.) und weitere
Gl., im T, bei O, N, Npg: ‚Rind; animal, armen-
tum, bos, bubulus, iumentum, iuvenca, pecus
〈Var.: hr-; -y-; -id, -t, -th〉. Der Gen.Sg. rinda-
res und pl. rindir bezeugen noch die s-stäm-
mige Flexion neben a-st. Endungen im Sg. Bei
ahd. rind ist die s-st. Flexion erst im Germ. ent-
standen, im Vorurgerm. existiert noch kein s-St.
(s. u.). – Mhd. rint, gen. rindes st.n., pl. rint und
rinder ‚Rind, Stier‘, frühnhd. rind ‚Rind‘, nhd.
Rind n. ‚als Nutz- und Arbeitstier gehaltener
paarhufiger Wiederkäuer, mit zwei Hörnern am
massigen Schädel bei beiden Geschlechtern,
kräftigem Knochenbau und einem langen
Schwanz mit Quaste‘.

Ahd. Wb. 7, 1020 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 750; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. rind; Schützeichel⁷ 261; Starck-Wells 485;
Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 415; Seebold, ChWdW8
240. 426. 468; ders., ChWdW9 679. 1102; Graff 4, 1171;
Lexer 2, 453; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 35 (animal). 49
(armentum). 79 (bos); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 54 (ar-
mentum). 77 (bos). 360 (iumentum); Dt. Wb. 14, 957 ff.;
Kluge²¹ 601; Kluge²⁵ s. v. Rind; ePfeifer, Et. Wb. s. v.
Rind. – Palander 1899: 138–140; RGA² 24, 638–640;
Braune-Heidermanns 2018: § 197.

In den anderen westgerm. Sprachen entspre-
chen: as. hrīth n. ‚Rind‘, mndd. rint (auch rünt,
rönt), gen. -des, nom.pl. -der n. ‚Rind‘; andfrk.
runth-, rinth- nur als KVG in ON: andfrk.
Runthaslō > nndl. Ronsele (bei Gent), andfrk.
Rinthseli (nicht exakt lokalisiert; bei Gent),
frühmndl. rint n. ‚dss.‘, mndl. rint, rent n.
‚dss.‘, nndl. dial. (westliche Gebiete) rind, rend
‚dss.‘ (pl. ält. rinder, jünger rinders); afries.
hrēther, hrīther, rēder n. ‚Rind‘, nwestfries.
rier n. ‚Färse, junge Kuh von 1, 5 Jahren‘, sa-
terfries. räier n. ‚Rind, Färse, Sterke‘, nnord-
fries. raader n. ‚Rind‘; ae. hrīđer n. ‚Rind‘, me.
rither, rether ‚Kuh, Ochse, Vieh‘: < westgerm.
*χrinþ-a(/iz)- < urgerm. *χrenþ-a-/-a/iz-.
Daneben finden sich mit anderer Ablautstufe
(Schwundstufe) mndd. runt, ront n. ‚Rind‘,
mndl. runt, ront ‚dss.‘, nndl. rund m. ‚dss.‘ (pl.
ält. runder, jünger runders), ae. hrđer n. ‚dss.‘,
spätae. hrūđer n. ‚dss.‘ (mit Rücknahme des
i-Umlauts), me. rother(e), rothor, ruthur(e)
‚Kuh, Ochse, Vieh‘, ne. dial. rother ‚Vieh‘ <
westgerm. *χrunþ-a(/iz)-.
Während sich die s-st. Erweiterung im Dt. nur
im Pl. durchgängig findet, ist sie im Fries. und
Engl. wegen des Bezugs auf das Nomina
agentis bildende Suffix -er auch im Sg. fest
geworden.
Ne. runt ‚kleiner Ochse, kleine Kuh, altes Rind,
schlechtes Pferd, aufgrund von Mangelernäh-
rung kleines Schwein, kleinwüchsige unter-
setzte Person, alte Person, schlecht erzogene
Person‘ ist hinsichtlich der Etym. unklar, es
dürfte zumindest in den erstgenannten Bed.
eine Entlehnung aus dem Mndl. sein.
Das nhd. Wort Rind wurde als VG des Komp.
Rinderpest im 18. Jh. als tiermedizinischer
Fachbegriff ne. rinderpest entlehnt.

Fick 3 (Germ.)⁴ 76; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 247 f.;
Tiefenbach, As. Handwb. 183; Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 195; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 2,
2157; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 486; ONW s. vv.
rinth, runth; VMNW s. v. rint; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 6, 1442 f. 1705; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 564 f.;
Vries, Ndls. et. wb. 597; Et. wb. Ndl. Ke-R 693; WNT s. vv.
rend, rind, rund¹; Boutkan, OFris. et. dict. 167 (s. v. herne);
Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 233 f.; Richthofen,
Afries. Wb. 828 f.; eFryske wb. s. v. rier; Dijkstra,
Friesch Wb. 3, 22; Fort, Saterfries. Wb.² 486; Sjölin, Et.
Handwb. d. Festlnordfries. XXXIV; Holthausen, Ae. et.
Wb. 175. 177; Bosworth-Toller, AS Dict. 562. 563. 564;
Suppl. 567; eMED s. v. rother n.²; Klein, Compr. et. dict.
of the Engl. lang. 2, 1349. 1359. 1365; eOED s. vv. rin-
derpest n., rother n., runt n.

Der s-St. urgerm. *χrenþ-a/iz- ist eine nach an-
deren Tierbez. (wie etwa kalb, pl. kelbir [s. d.])
analogische Umgestaltung einer zugrunde lie-
genden a-st. Bildung: Die Vorform urgerm.
*χrenþ-a- beruht auf vorurgerm. *r-én-to-
‚Horn habend, gehörnt‘. Dieses wiederum ist
eine interne Ableitung mit sekundärer e-Voll-
stufe (bzw. derivationeller Vddhierung des
Suff.) von der mit dem possessivischen Suff.
uridg. *-to- von uridg. *-n-o- (> urgerm.
*χurna- > ahd. horn ‚Horn‘ [s. d.]) abgeleiteten
Form *r--to- (> urgerm. *χrunþa-), das wie-
derum in mndd. runt, ront, mndl. runt, ront,
nndl. rund, ae. hrđer, spätae. hrūđer etc. fort-
gesetzt ist.
Zur selben Wz. sind u. a. ahd. hirni ‚Hirn‘, hiruz
‚Hirsch‘, horn ‚Horn‘ gebildet (s. dd. mit wei-
teren Anschlüssen in anderen idg. Sprachen und
die ält. Lit. zur Wz. uridg. *er-).

Walde-Pokorny 1, 403 ff. bes. 407; Pokorny 574 ff. bes.
576. – Nussbaum 1986: 5–11. 258.

S. hirni, hiruz, horn.

HB

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