ringan st.v. III (prät.sg. rang, prät.pl.
rungun, part.prät. –), im Abr (1,76,3 [Pa, Kb,
Ra]) und anderen Gl., bei O und N: ‚ringen,
kämpfen, hadern, streiten, sich abmühen, sich
stemmen gegen; adversari, colluctari, confli-
gere, congredi, contrarius (ringanti), debellare,
discors (ringanti), dissilire, elaborare, irasci,
laborare, luctamen esse, luctari, obniti, obnixus
(ringanti), pugnare, quatere, repugnare, rixari,
studiis petere‘ 〈Var.: hr-; -í-; -k-; -en〉. Die
Formen mit anlautendem hr- sind etym. nicht
aussagekräftige, analogische bzw. hyperkor-
rekte Formen nach anderen Fällen, in denen ält.
Formen noch hr- gegenüber jüngeren Form auf-
weisen, wie etwa im Falle von ahd. ring ‚Ring‘
(s. d.). – Mhd. ringen st.v. ‚sich hin und her
bewegen, kämpfen, ringen, sich abmühen‘,
frühnhd. ringen ‚kämpfen, sich etw. zuzie-
hen wollen‘, nhd. ringen st.v. (prät. rang,
part.prät. gerungen) ‚(unter der Leitung eines
Kampfleiters) einen Zweikampf ohne Waffen
austragen, bei dem versucht wird, den Gegner
mit bestimmten Griffen zu Boden und auf
beide Schultern zu zwingen oder nach Punk-
ten zu schlagen, handgreiflich mit einem Geg-
ner kämpfen, mit aller Kraft, mit Zähigkeit
versuchen, einer Sache Herr zu werden, etw.
zu bewältigen, in der Verzweiflung die zu-
sammengepressten Hände drehend bewegen‘.
Danebenstehendes nhd. wringen st.v. (prät.
wrang, part.prät. gewrungen) ‚auswinden‘ ist
Lehnwort aus dem Ndd. (vgl. unten mndd.
wringen).
Ahd. Wb. 7, 1035 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 751 f.; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. ringan; Schützeichel⁷ 261; Starck-Wells
486. 853; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 421;
Seebold, ChWdW8 240. 429. 506; ders., ChWdW9 679.
1102; Graff 2, 528 f.; Lexer 2, 448; Götze [1920]
1971: 178; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 133 (colluctari).
338 (luctari); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 18 (adversari).
148 (contrarius). 171 (debellare). 202 (discors). 205
(dissilire). 220 (elaborare). 355 (irasci). 364 (la-
borare). 382 (luctari). 489 (petere). 539 (pugnare). 546
(quatere). 569 (repugnare). 578 (rixari); Dt. Wb. 14,
1001 ff. (bes. Bed. IV. 1002 ff.); 30, 1685 f.; Kluge²¹
601. 868; Kluge²⁵ s. vv. ringen, wringen; ePfeifer, Et.
Wb. s. vv. ringen, wringen. – Splett 1976: 137; Schmidt
1961: 3–32. 69–76.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. -wringan st.v. (nur im part.prät. ūtgi-
wrungana) ‚auspressen‘, mndd. wringen st.v.
(prät.sg. wrang[h], prät.pl. wrongen, part.prät.
ghewrungen) ‚zusammendrehen, pressen‘;
frühmndl. wringhen st.v. ‚auswringen, ringen,
pressen, quetschen, umrühren, flechten, strei-
ten, sich abmühen‘, mndl. wring(h)en st.v.
‚dss.‘, nndl. wringen ‚dss.‘; nwestfries.
wring(j)e st.v. (prät. wrong, part.prät. wrongen)
‚(aus-)wringen, (fest) drücken, flechten, zusam-
mendrehen, sich abmühen, streiten‘, saterfries.
wringe st.v. (prät. wroang, part.prät. wroangen)
‚wringen, sich winden, krümmen, ringen‘; ae.
wringan st.v. (prät.sg. wrang, prät.pl. wrungon,
part.prät. wrungen) ‚ringen, pressen, quet-
schen‘, me. wringen st.v. (prät.sg. wrong/
wrang, prät.pl. wrongen/wrungen, part.prät.
wrongen/wrungen) ‚auswringen, pressen,
quetschen, (sich) krümmen, (ver-)biegen‘, ne.
wring st.v. (prät. wrung [dial. ne. auch wrang],
part.prät. wrung) ‚dss.‘, sekundär seit dem 17.
Jh. auch sw.v. prät. und part.prät. wringed;
got. *wriggan st.v. ergibt sich aufgrund von
subst. wruggo* f. (nur dat.sg. wruggon) ‚Fes-
sel; παγίς‘ (< urgerm. *u̯runǥ-ōn-): < urgerm.
*u̯renǥ-e/a-.
U. a. bei Klein, Compr. et. dict. of the Engl.
lang. 2, 1754 angeführtes afries. wringa ist
nicht verifizierbar und wohl ein Ghostword
(richtig dagegen OED² s. v. wring v.: „OFris.
*wringa“).
Das Nordgerm. zeigt ausschließlich nominale
Ableitungen von der o-stufigen Wz. urgerm.
*u̯ranǥ-; vgl. aisl. rangr adj. ‚verkehrt, schief,
unrichtig‘, nisl., fär. rangur adj. ‚dss.‘, aschwed.
vranger adj. ‚dss.‘, nschwed. vrång adj. ‚dss.‘
etc. und ihre Sippe.
Aus dem Mndd. entlehnt ist nschwed. ringa
‚streben nach, sich eifrig bemühen‘.
Fick 3 (Germ.)⁴ 416 f.; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 596;
Seebold, Germ. st. Verben 570; Tiefenbach, As. Handwb.
478; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 236. 249; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 5, 781 f.; VMNW s. v. wringhen;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 9, 2871 ff.; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 807; Suppl. 199; Vries, Ndls. et. wb. 851; Et.
wb. Ndl. S-Z 642 f.; WNT s. v. wringen¹; eFryske wb. s. v.
wringe¹; Dijkstra, Friesch Wb. 3, 479 (wringe³); Fort,
Saterfries. Wb.² 760 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 408;
Bosworth-Toller, AS Dict. 1275; Suppl. 750; eMED s. v.
wringen v.; Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2,
1754; eOED s. v. wring v.; Vries, Anord. et. Wb.² 433;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 143; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 3, 33 f.; ONP s. v. rangr adj.; Jónsson, Lex.
poet. 455; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 347;
Magnússon, Ísl. Orðsb. 742; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 2, 1395 f. 1579; Nielsen, Dansk et. ordb. 501 (vrang²);
Ordb. o. d. danske sprog 27, 516 ff.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 513; NOB s. v. vrang; Hellquist, Svensk et. ordb.³
2, 1370; Svenska akad. ordb. s. v. ringa v.⁴; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 575; Lehmann, Gothic Et. Dict. W-97. –
Törnqvist 1977: 168; Lühr 1988: 177–179.
Urgerm. *u̯renǥ-e/a- ist eine themat. Präs.bil-
dung zur Wz. uridg. *u̯rengh- ‚winden, zusam-
mendrehen‘. Mit dem Ansatz dieser Wz. wird
fraglich, ob diese noch, wie in ält. Literatur üb-
lich, als Nasalierung der etwa in ahd. wurgen
‚würgen‘ (s. d.) fortgesetzten Wz. uridg. *u̯erĝh-
gelten kann, umso mehr, als diese aufgrund lit.
Anschlüsse einen palatalen Auslaut haben
muss, der für uridg. *u̯rengh- gerade nicht be-
wiesen werden kann.
In Verben wird die Wz. nur im Balt. fortgesetzt;
vgl. lit. reñgti, rengiù ‚bereiten‘, refl. reñgties,
rengiúosi ‚sich vorbereiten, sich kümmern, sich
aufputzen, sich schwerfällig bücken, sich krüm-
men‘. Das Reflexivum hatte wohl eine urspr.
Bed. ‚sich schwerfällig bücken, sich krümmen‘,
von der aus sich über ‚sich bücken, um Klei-
dung/Ausrüstung anzulegen‘ und ‚sich aufput-
zen‘ > ‚sich vorbereiten‘ die Gesamtheit der im
Lit. bezeugten Bed. erklären lässt.
Ausgehend von einer Wz. der Gestalt uridg.
*u̯rengh- muss in ält. Etymologika bisweilen
dazugestelltes gr. ῥίμφα adv. ‚rasch, behände‘
(s. dazu auch ringi) fernbleiben: Der Vokalis-
mus erfordert ohnehin die Annahme eines sel-
tenen Wandels vorurgr. *-e- > gr. /i/, und der gr.
wz.auslautende Labial kann daraus nicht erklärt
werden.
Früher manchmal hierzu gestellte verbale Bil-
dungen des Lat. und des Germ. (s. birenken)
sowie nominale Formen des Ai. (so etwa abhi-
vlaṅgá- ‚Schlinge‘, abhi-vlágya- adj. ‚einfan-
gend‘ [Mayrhofer, KEWA 1, 42; ders., EWAia
1, 92]) gehören zu einer anderen Wz., wohl
zu uridg. *u̯reng- ‚verdrehen, (ver-)biegen‘
(LIV² 700).
Walde-Pokorny 1, 273; Pokorny 1154 f.; LIV² 700 f.;
Frisk, Gr. et. Wb. 2, 656 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.² 940;
Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1286; Fraenkel, Lit. et. Wb. 2,
719; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit.² 1137.
HB